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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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könnte. Aber man kann es nicht.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch und sprang auf. »Man kann es nicht!« Seine Stimme überschlug sich. Mit der dicken Faust hämmerte er unentwegt auf den Tisch. »Niemand kann das! Ich glaube es nicht! Da hört die Medizin auf!«
    »Im Gegenteil. Die neue Medizin fängt damit erst an.« Dr. Soriano lehnte sich in seinem geschnitzten Sessel zurück. »Bertoldo, an was ist deine Mutter gestorben?«
    Don Bertoldo aus Siracusa wischte sich über das breitflächige Gesicht. »An einer Blinddarmentzündung.«
    »Du hast erzählt, daß der Arzt damals von Schicksal sprach. Heute ist eine Blinddarmoperation eine Lappalie, und für die Nachbehandlung gibt es die Antibiotika. Die Revolutionen in der Medizin sind nachhaltiger als die politischen Revolutionen!«
    »Aber beim Herzen hört's auf!« sagte der dicke Don Franco. »Außerdem ist das kein Geschäft.«
    Der kritische Punkt war erreicht. In dieser ehrenwerten Runde galt nur der Umsatz. Mit was er erreicht wurde, war zweitrangig. Stieg man in ein Unternehmen ein, so nur dann, wenn man von Anbeginn wußte, daß Risiko und Verdienst sich zumindest die Waage hielten. Geschäftliche Saltos, wie sie manchmal die amerikanischen Freunde drehten, waren auf Sizilien nicht beliebt. Sicherheit war das wichtigste, vor allem aber, daß die gesellschaftliche Achtung, die Unbeflecktheit des guten Namens erhalten blieben. Man mußte, ohne sich zu schämen, sonntags zur Kommunion gehen können.
    Dr. Soriano sah Dr. Nardo an. Ein Wink mit den Augen. Der Arzt trat vor.
    »Die Zahl der Menschen, die an inoperablen Herzfehlern gestorben sind, kann nur geschätzt werden«, sagte er. »Wieviel Menschen mit einem geschädigten Herzen herumlaufen, Opfer der sogenannten ›stillen‹ Herzinfarkte, weiß niemand. Ich kann Ihnen die ganze Liste der lebensbedrohenden Herzerkrankungen nicht vorlesen oder gar erklären, das wäre ein medizinisches Kolleg. Es ist aber sicher, daß sich in den Kreisen, die wir ansprechen wollen, einige hundert Kranke befinden, die man – wenn die Operationsmethode reif ist – retten könnte. Setzen wir voraus, daß solch ein neues Leben mit 500.000 bis 1 Million Dollar bewertet wird, je nach Finanzlage des Patienten, dann wären das bei 100 Fällen schon 100 Millionen Dollar!«
    »Idiotisch!« sagte Don Bertoldo laut. »So rechnen Analphabeten. Wie kann man einer Utopie Rentabilität zugrunde legen?! Eugenio, was ist mit dir los?! Seit wann fängst du an, die Sterne zu verkaufen?«
    »Fragen wir Dr. Volkmar!« Dr. Soriano drückte auf einen Knopf an seinem Tisch. Ein Minisender schickte daraufhin einen Impuls hinaus: In Worthlows Uniformtasche piepste es leise. Der Butler stand mit Volkmar im Eßsaal und öffnete einen Flügel der breiten Tür.
    »Viel Glück«, sagte er leise, »und denken Sie daran, Sir: Machen Sie aus Ihrem Herzen einen Tresor.«
    Der Große Rat erhob sich von den Stühlen, als habe jemand »Aufstehen!« kommandiert. Achtundzwanzig Augen richteten sich auf Dr. Volkmar, die Stille, die ihn empfing, war wie eine Wand, gegen die er anlief. Dr. Soriano kam um seinen Tisch herum und begrüßte ihn, als habe man sich lange nicht gesehen.
    »Prächtig schauen Sie aus!« sagte er leise. »Es ist nicht übertrieben: Nur italienische Schneider machen aus einem männlichen Individuum einen Mann!« Und dann, lauter: »Darf ich Ihnen meine Freunde – sicherlich bald auch Ihre Freunde – vorstellen? Und das ist Dr. Nardo, ein Kollege von Ihnen.«
    Dr. Volkmar gab Dr. Nardo die Hand. Der typische Süditaliener, dachte er. Schlank, fast grazil, schwarze, wie gelackte Haare, beweglich, schwarzbraune Augen. Ein Mann, wie ihn nordeuropäische Frauen suchen, wenn sie in den Süden reisen.
    »Ich freue mich«, sagte Dr. Nardo etwas reserviert. »Auf eine gute Zusammenarbeit, Herr Kollege.«
    Volkmar verzichtete auf den Hinweis, daß es zur Zusammenarbeit wohl gar nicht erst kommen dürfte. Er wandte sich zu dem Hufeisentisch um und betrachtete die berühmten Herren Siziliens mit ehrlichem Interesse. Er dachte an Worthlows Worte. Wenn dieser Große Rat zusammentrat, war mehr Macht auf einem Raum versammelt als bei mancher internationalen Gipfelkonferenz. Der Einfluß dieser Männer machte auf Ministerebene nicht halt.
    Die Herren setzten sich wieder, als sei eine stille Gedenkminute vorbei. Don Franco räusperte sich, Don Bertoldo wischte sich wieder über das breite Gesicht. Don Giacomo, in seiner Ungeduld, fragte, noch bevor

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