Das Haus der verlorenen Herzen
Zimmer. Er lief auf die Terrasse, ließ sich in einen der Polstersessel fallen und bedeckte mit beiden Händen sein Gesicht. Er schrak erst auf, als hinter seinem Rücken etwas klapperte.
»Whisky oder einen scharfen Longdrink, Sir?« fragte Worthlow.
»Zyankali bitte!« Volkmar legte den Kopf zurück auf die Lehne. Worthlow mixte an der Gartenbar einen grünschillernden Drink. »Das ist ungeheuerlich, Worthlow!« sagte er heiser. »Sie wollen mit Herzen Geschäfte machen. Das sind Verrückte! Alles Verrückte! Allein die Beschaffung von Spenderherzen …«
»Das ist das geringste Problem, Sir«, sagte Worthlow und reichte Volkmar das hohe Glas mit dem Drink. »Für Don Eugenio ist alles greifbar, auch ein Herzspender oder mehrere.«
Volkmar umklammerte sein Glas, kroch in sich zusammen und schloß die Augen. Plötzlich fror er in der heißen sizilianischen Sonne.
Loretta sah er an diesem Nachmittag nicht wieder. Worthlow verriet, daß sie nach Palermo gefahren war, um einzukaufen. Aber Dr. Soriano setzte sich wieder zu ihm, und zwar in bester Stimmung. Der Große Rat begab sich nach Hause. Volkmar hörte viele Autos abfahren.
»Sie machen mit«, sagte Soriano und ließ sich von Worthlow ein großes Glas kalte Milch bringen. »Ich habe sie überzeugt. Dr. Nardo hat ihnen noch Fotos gezeigt, die sehr beeindruckend waren. Wir werden in den nächsten Tagen durchrechnen müssen, wie hoch der Kapitalbedarf in der Anlaufzeit sein könnte.«
»Wir werden gar nichts, Don Eugenio!« Dr. Volkmar vermied es, Soriano anzublicken. »Ich weigere mich! Nun bin ich gespannt, was Sie tun werden!«
Was ist das für ein Mensch, dachte er. Der Krokodilteich fiel ihm ein. Es gab zwei Möglichkeiten. Entweder: Da Soriano wußte, daß man die Fütterung ansehen würde, hatte er die Menschenknochen so deutlich erkennbar in den Uferschlamm legen lassen, daß sie nicht unbemerkt bleiben konnten. Dann war er ein Sadist. Oder: Soriano hatte wirklich Menschen an die Krokodile verfüttert und war nun selbst peinlich überrascht von diesen sichtbaren Überresten. Dann war er der Satan in Menschengestalt.
Aber konnte so ein Ungeheuer der Vater Lorettas sein?
»Ich werde für Sie ein Problem, Don Eugenio«, sagte Volkmar mit rostiger Stimme. Er bewunderte sich selbst wegen seiner Ruhe. »Zu den Krokodilen können Sie mich nicht bringen lassen – dann bräche ja Ihr ganzer Plan zusammen. Sie brauchen mich, den Chirurgen! Lebend! Andererseits: Sie können mich zu nichts zwingen, weder durch psychischen Terror noch durch physischen. Immer greifen Sie den Arzt an, dessen Geist und manuelle Geschicklichkeit Sie brauchen. Wie wollen Sie aus diesem Dilemma herauskommen?«
»Indem ich Sie überzeuge.«
»Unmöglich! Ich will nicht! Sie halten mich hier als Ihren Luxusgefangenen, ich soll Ihnen eine Herzklinik aufbauen, Herzen transplantieren, mein ganzes Leben lang in diesem goldenen Käfig leben, ein chirurgischer Roboter, ein Mensch, dessen Persönlichkeit Sie mit den Verlockungen einer glanzvollen Umgebung auslöschen wollen!«
»Und mit den schönsten Frauen Siziliens, wenn Sie wollen! Vergessen Sie das nicht.« Soriano trank genußvoll seine kalte Milch. »Dottore, das ist mein Vorteil Ihnen gegenüber: Ich habe Sie, und Sie haben keine Möglichkeit, jemals wieder von hier wegzukommen. Sie sind nicht nur Arzt, Sie sind Arzt aus Leidenschaft. Ein Besessener Ihres Berufes und Ihrer Forschungen. Sie würden, wenn Sie sich auch weiterhin weigern wollten, vor Langeweile sterben. Sie würden es gar nicht aushalten in dem Bewußtsein, daß sieben Kilometer Luftlinie von hier ein Klinik auf Sie wartet, wo Dr. Nardo mit einem Team von fünf Ärzten bereitsteht. Für Sie!«
»Ein Herztransplantations-Team kann bis zu siebzehn Ärzte und Schwestern umfassen. Fachärzte!«
»Ich stelle Ihnen fünfzig hin, wenn Sie sie verlangen! Bei mir gibt es keine Grenzen …«
»Das weiß ich«, sagte Volkmar trocken. »Und deshalb bleibt mein Nein! – Was nun, Don Eugenio?«
»Ein herrlicher Nachmittag!« Dr. Soriano reckte die Arme und dehnte sich. Worthlow nahm ihm das Milchglas ab. »Was unternehmen wir, Dottore?«
»Vielleicht Löwen füttern?«
»1:0 für Sie.« Soriano lachte herzhaft. »Ich habe im hinteren Teil des Parks eine kleine Eisenbahn. Die Nachbildung einer richtigen Dampflokomotive. Wollen wir ein paar Runden fahren?«
»Nein. Lassen Sie mich zum Flugplatz Palermo bringen und zurück nach Deutschland fliegen.«
»Unmöglich! Sie sind
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