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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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konnte man nicht einem Kellner gegen das Schienbein oder in den Unterleib treten – der Erste Steward, der Anna anhielt und sie fragte, ob man das, was sie in der Bluse habe, nicht näher betrachten könnte, bekam die Antwort:
    »Ich komme aus Sardinien, du Schafsbock! Geh zu deinen schwedischen Touristinnen!«
    »Damit kannst du Geld verdienen!« sagte der Steward unbeirrt. »Wir haben mindestens siebzig alte Knacker an Bord, die dafür hundert Dollar bezahlen und mehr. Wenn wir uns zusammentun, können wir uns nach sechs Rundreisen ein Haus kaufen.«
    »Ich habe anderes vor!« sagte Anna. »Größeres.«
    »Ein Puff in Messina oder Palermo? Anna, du verdienst auf unserem Schiff mehr und leichter. Überleg es dir!«
    Sie überlegte es sich nicht – sie dachte nur an ihre Rache und an Enrico Volkmar. Als das Schiff, unter Sirenengeheul und während die Bordkapelle einen Marsch intonierte, den Hafen von Neapel verließ, stand Anna auf einem abgetrennten Teil des Unterdecks, bei Kabelrollen und festgezurrten Containern, an der Reling und blickte über das Meer. Richtung Sizilien.
    Zwei Tage noch! Zwei kurze Tage und Nächte. Dann würde sie sich in Palermo ein mittellanges, beidseitig geschliffenes Messer kaufen und ein zweites mit einem genau ausgewogenen Griff, das, wenn man es warf, immer mit der Spitze sein Ziel traf. Luigi hatte ihr das beigebracht. Man mußte das Gefühl in der Handfläche haben, man mußte Griff und Messer in der Hand wiegen, und mit der Zeit spürte man mit jedem Nerv, ob es das richtige Messer für einen geraden Wurf war.
    Im großen Tanzsaal des Luxusliners trafen die ersten Gäste ein. In Smoking und langen Abendkleidern. Schmuck glitzerte an Armen, Fingern, Ohren und Hälsen. Die Kapelle spielte einen Blues. Der Kapitänstisch wurde mit großen Blumenarrangements geschmückt. Der Chefsteward, goldbetreßt, lief herum und entschied, daß alles in Ordnung sei.
    Unsichtbar, ein Schatten nur, glitt Anna von der Reling und stieg die schmale Eisentreppe in den stählernen Leib des Schiffes hinab. Die da oben haben Geld, viel Geld. Ich aber habe meine Rache und Enrico Volkmar.
    Das haben die da droben nicht. Ich bin glücklicher als sie.
    Das Abendessen im Palermo Palace war exquisit, wie es Soriano versprochen hatte. Der österreichische Koch kam selbst an den Tisch und erkundigte sich, ob die Leberknödelsuppe und die Schweinshaxe dem Gast gemundet hatten. Aber es war, trotz aller Vollkommenheit, ein sehr stilles Essen. Dr. Soriano stand ab und zu auf, um zu telefonieren – »Wohltätigkeit muß erarbeitet werden!« sagte er –, und Loretta vermied es, über die Operation zu sprechen.
    »Ich werde morgen auf das Festland fliegen«, sagte sie, als Soriano wieder einmal ans Telefon gerufen wurde. »Nach Salerno. Eine Tante ist krank geworden.«
    »Dann zeigen Sie mir also Palermo nicht?«
    »Später, Enrico.«
    »Wenn ich dann noch hier bin …«
    »Bestimmt!« Sie sah ihn mit ihren strahlenden Augen an, die ihn wie willenlos machten. »Wenn ich Sie darum bitte? Müssen Sie so schnell zurück nach Deutschland?«
    Er schwieg. Wie könnte man ihr jetzt sagen: Ich kann überhaupt nicht mehr zurück? Ich bin tot! Mein Leichnam wird morgen oder übermorgen angeschwemmt und anhand des Gebisses identifiziert werden. Ihr Vater, liebste Loretta, arbeitet perfekt! Wenn ich Palermo verlasse, dann wird es eine Flucht sein, ein Rennen um das nackte Leben, denn Dr. Soriano wird mich jagen, wie man noch kein Wild gehetzt hat. Mein Wiederauftauchen würde sein Ende bedeuten, das wissen wir alle. Nur du nicht, engelsgleiche Loretta.
    »Ich kann noch etwas bleiben«, sagte er endlich, als sie ihre Hand über die seine legte und mit einem leichten Druck um Antwort bat. »Wie lange werden Sie in Salerno sein?«
    »Eine Woche vielleicht.«
    Das wird die Woche des Entscheidungskampfes werden, dachte Volkmar. Soriano entfernt seine Tochter, um mit mir ungesehen in den Ring zu steigen. Bisher hat er immer gewonnen: Ich habe operiert, ich habe die Transplantationsexperimente angesehen, ich habe mich wie ein Gigolo einkleiden lassen, man hat mich in seinen Haushalt integriert – und ich habe mich in Loretta verliebt, was von allem das schlimmste, weil ausweglos, ist. Durch Lorettas Liebe werde ich Mittäter.
    »Eine Woche wird möglich sein«, sagte er mit belegter Stimme.
    »Danke, Enrico.« Sie drückte wieder seine Hand. Er wagte nicht, sie anzusehen. »Ich werde die Tage zählen.«
    »Ich auch!«
    Er meinte es

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