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Das Haus der verlorenen Kinder

Titel: Das Haus der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena Mackesy
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an!«
    Sie bückt sich, nimmt den Kopf des Spaniels von König Charles zwischen Daumen und Zeigefinger und hält ihn Mrs Peachment vors Gesicht. »Staffordshire. Über hundert Jahre alt. Nicht etwa, dass man erwarten könnte, vermute ich, dass ein Straßenkind aus den Slums in der Lage wäre, so etwas zu erkennen.«
    »Ach, meine Liebe«, sagt Mrs Peachment. »Und sind Sie sicher, dass es nicht …«
    »Fünfhundert Pfund wert, jede, einige davon«, stellt Felicity fest und lässt den Kopf wieder auf die zerbrochenen Überreste von W.G. Grace fallen, von Gladstone und Wellington, von Königin Victoria als junger Braut und von einem namenlosen Blumenverkäufer mit rosa Wangen und Grübchen und einer Schürze voller Sträußchen. »Aber das ist nicht der Punkt. Das sind Familienerbstücke. Familienerbstücke.«
    »Ich weiß das zu würdigen«, sagt Mrs Peachment. »Mir geht es genauso bei …«
    »Na ja«, fällt ihr die Herrin des großen Anwesens ins Wort, »ich bin mir sicher, Ihre Erbstücke reichen ein paar Generationen zurück.«
    Kleine rosa Flecken erscheinen auf Mrs Peachments Wangen. Mrs Blakemore bemerkt sie nicht. Das stimmt tatsächlich, denkt sie. Einige meiner Sachen stammen noch von meiner Ururgroßmutter, aber das bedeutet jemandem wie Ihnen ja nichts. Das ist das Problem in diesem Land. Alte Familien … Sobald dieser Krieg vorüber ist, wird es besser werden. Dann werden sich die Dinge ändern.
    »Sie haben mein ganzes Mitgefühl«, sagt sie teilnahmsvoll. Sie muss in diesem Moment so viel Mitgefühl ausstrahlen, wie sie nur kann, ohne klein beizugeben, denn wenn dieses Arrangement aufgekündigt wird, wird sie diejenige sein, an der alles hängen bleibt. Zumindest vorübergehend.
    »Man hätte annehmen können«, erklärt Mrs Blakemore, »dass sie dankbar sein würde, aber nein. Ich habe das Gefühl«, fährt sie fort, »als habe sie den ganzen verdammten Krieg mit in mein Haus gebracht.«
    Vor Mrs Peachments innerem Auge tauchen kurz die Ereignisse von vor sechs Monaten auf, als der Kanal vom Blut junger Männer rot gefärbt war und die wackeren kleinen Fischerboote nicht mehr zurückkehrten, und sie hält den Mund.
    »Ich bin mir sicher, dass sie das nicht absichtlich gemacht hat. Sie wissen doch, wie Kinder sind. Unbekümmert …«
    »Ja, aber ich hab es nicht getan, verdammt«, sagt Lily.
    Felicity fährt herum und funkelt sie wütend an. Dieser verkniffene, aufmüpfige Blick, die Haut, die schmutzig aussieht, egal, wie viel Karbolseife man für sie verschwendet. Ich hasse sie, denkt sie plötzlich. Hasse sie wirklich. Ich kann nicht anders. Ein Kuckuck in meinem Nest, der sich breitmacht und mit seinem dreckigen Mund den anderen seine unflätige Sprache beibringt, ohne jede Selbstbeherrschung, ohne jegliche Disziplin. Wäre Patrick nur hier, er wüsste, was zu tun ist. Dieser verdammte Krieg. Diese vermaledeiten Hitler und Chamberlain, die Slumbewohner auf unser Land verteilen und mir meinen Mann wegnehmen.
    »Halt den Mund!«, befiehlt sie. »Du steckst sowieso schon in Schwierigkeiten.«
    »Ja, aber ich war es nicht, verdammt!«
    Felicity Blakemore reißt der Geduldsfaden. Sie geht mit geballter Faust und gebleckten Zähnen auf das Kind zu. »Raus hier! Raus hier. Sonst – sonst …«
    »Felicity!«, schreit Mrs Peachment.
    Sie reißt sich am Riemen. Es gebührt sich nicht, vor dem ganzen Dorf die Fassung zu verlieren.
    »Ja, gut«, sagt sie, nachdem sie stoßweise fünf Atemzüge genommen hat. »Aber Sie können nicht erwarten, dass so etwas keine Strafe nach sich zieht.«
    »Natürlich nicht!«, pflichtet ihr Mrs Peachment bei. »Natürlich nicht!«
    »Sie ist aufsässig, Margaret, und das kann man ihr nicht durchgehen lassen.«
    Lily steigen Tränen in die Augen, aber keiner bemerkt es. Mit Ausnahme von Hugh. Und als er es sieht, grinst er wieder. Reibt sich mit geballten Fäusten die Augen, als würde er heulen. Ich war so glücklich, denkt Lily. Ich war so dumm. Wie blöd von mir zu glauben, dass irgendetwas so Gutes von Dauer sein könnte.
    »Ich war es nicht«, sagt sie noch einmal, ohne Hoffnung.
    »Ich bin im Augenblick zu wütend«, antwortet Felicity Blakemore. »Ich kann mich im Moment nicht weiter damit befassen.«
    »Ja«, pflichtet ihr Mrs Peachment bei. »Lassen Sie sie ein bisschen darüber nachdenken, was sie angestellt hat.«
    »Genau«, stimmt ihr Mrs Blakemore zu. »Wir sperren sie ein und lassen sie darüber nachdenken, was sie angerichtet hat.«
    »Gut«, sagt Mrs

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