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Das Haus des Buecherdiebs

Titel: Das Haus des Buecherdiebs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Pechmann
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einfach und konnte – nach einigen Anlaufschwierigkeiten – rasch erlernt werden. »Das Anordnen der Lettern ist so mühsam, daß wir nicht sofort mit dem Drucken beginnen können«, schrieb Virginia im April 1917 ihrer Schwester Vanessa. »Man hat riesige Blöcke von Typen, die in die einzelnen Buchstaben und Zeichen zerlegt und dann in die richtigen Fächer gelegt werden müssen. Ein Werk für die Ewigkeit, vor allem wenn man, wie ich gestern, die h mit den n verwechselt. Wir sind so versunken, daß wir nicht mehr aufhören können.«
    Nach einem Monat konnten die Woolfs die Lettern im Schließrahmen ausschließen, die Walzen einfärben und mittels eines Hebels, der den Drucktiegel mit dem Papier von unten gegen den Satz im Schließrahmen drückte, eine halbwegs lesbare Seite drucken. Nun waren sie bereit für ihr erstes Buch: »Wir beschlossen«, schrieb Leonard, »eine Broschüre mit Papierumschlag zu drucken, die von uns beiden je eine Geschichte enthielt, um sie per Subskription an eine begrenzte Anzahl von Leuten zu verkaufen, die wir durch ein Rundschreiben ansprechen wollten. Unsere Idee war, falls wir damit Erfolg hatten, weiterzudrucken und auf diese Weise Gedichte oder andere kurze Werke zu veröffentlichen, die die gewerbsmäßigen Verleger keines Blickes würdigen würden.«
    Die erste Publikation der Hogarth Press war ein 32-sei tiges Heft mit dem Titel »Two Stories written and printed by Virginia and L. S. Woolf«. Die zwei enthaltenen |142| Geschichten waren »Der Fleck an der Wand« von Virginia und »Drei Juden« von Leonard Woolf. Hinzu kamen vier Holzdrucke der jungen Malerin Dora Carrington. Es wurden ungefähr 150 Exemplare gedruckt und eigenhändig in Umschläge aus Japanpapier geheftet. Die Woolfs schickten eine Ankündigung ihres gemeinsam fabrizierten Hefts an Freunde, Bekannte und mögliche Interessenten, zusammen mit der Einladung, Subskribent der Hogarth Press zu werden, um künftig alle Drucke oder lediglich Vorabinformationen über Neuerscheinungen zu erhalten.
    Die Idee, eigene Werke und solche, die bei den großen Verlagen durchgefallen waren, eigenhändig zu drucken, zu binden und an Privatpersonen zu verkaufen, wurde ein überraschender Erfolg. Die »Two Stories« waren binnen weniger Wochen so gut wie vergriffen. Zwar hatten die Autoren kein Honorar bekommen, doch übertrafen die Einnahmen die Ausgaben für Papier, Illustrationen, Umschlag und Bindung bei weitem. Zudem begannen sich auch andere Autoren für den Kleinverlag zu interessieren. Katherine Mansfield bot für die »Publication No. 2« der Hogarth Press eine längere Kurzgeschichte an – »Prelude«, skizzenhafte Erinnerungen an Familie und Kindheit in Neuseeland, war mit 68 Seiten schon beinahe ein richtiges Buch, das in einer Auflage von 300 Exemplaren erschien. Virginia Woolf übernahm meist die Setzarbeiten, Leonard bediente die Presse. Für umfangreichere Projekte musste er jedoch von der kleinen Handpresse, die nur eine Seite nach der anderen drucken konnte, in eine richtige Druckerei ausweichen.
    |143| Während der Arbeit an »Two Stories« hatte er sich mit dem Drucker McDermott aus Richmond angefreundet, der den aus seiner Sicht ziemlich exzentrischen Amateuren gern seine Hilfe und die Nutzung seiner großen Tiegeldruckpresse anbot. Nun war McDermott zwar ein erfahrener Setzer, hatte aber vom Druckereigewerbe fast so wenig Ahnung wie die Woolfs. Wenn Leonard ihn besuchte, traf er ihn oft schweißüberströmt und von Druckerschwärze gefärbt an, während er seine Maschine mit haarsträubenden Flüchen verdammte. Der Besucher bot seine Hilfe an, und kurz darauf kämpften beide schwitzend, schimpfend und ölverschmiert mit dem störrischen Apparat. »Montag oder Dienstag«, ein Band mit literarischen Versuchen und Skizzen Virginias und Holzschnitten ihrer Schwester Vanessa, wurde, wie Leonard bemerkte, »zu einem der am schlechtesten gedruckten Bücher, das je erschienen ist«.
    Der wachsende Erfolg der Hogarth Press machte es immer wieder notwendig, Drucke in Auftrag zu geben; in den ersten Jahren, zwischen 1917 und 1920, aber stellten die Woolfs ihre bibliophilen Kostbarkeiten weiterhin in Handarbeit her. Virginia Woolfs »Im botanischen Garten« war so erfolgreich, dass eine zweite Auflage bei einer regulären Druckerei in Auftrag gegeben wurde. Neben ihren eigenen Texten erschienen bald Werke von E. M. Forster, Maxim Gorki und T. S. Eliot. Auf Letzteren war Leonard Woolf aufmerksam geworden, als er mit

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