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Das Haus des Buecherdiebs

Titel: Das Haus des Buecherdiebs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Pechmann
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Staunen die Widmung in dessen erstem Gedichtband »Prufrock« gelesen hatte. Eliot hatte sein Buch in Dankbarkeit und Zuneigung seinem »nächsten/zweiten Verleger, |144| Leonard Woolf«, gewidmet – eine Prophezeiung, die nun in Erfüllung gehen sollte.
    Sieben Jahre lang blieb die Hogarth Press in Richmond. Die Bücher wurden in der Speisekammer gedruckt und im Esszimmer gebunden, während im Wohnzimmer mit Druckern, Buchbindern und Autoren verhandelt wurde. Aus dem bibliophilen Steckenpferd wurde im Lauf der Zeit ein renommierter Verlag, der neben Virginia Woolfs berühmten Romanen, »Mrs. Dalloway«, »Die Fahrt zum Leuchtturm« und »Orlando«, zahlreiche Meisterwerke der Moderne herausbrachte, darunter die ersten englischen Übersetzungen der Schriften Sigmund Freuds. Auch »Ulysses« von James Joyce sollte bei der Hogarth Press erscheinen, doch Virginia hatte zahlreiche Einwände gegen das Buch, vielleicht weil Joyce literarische Techniken benutzte, die ihren eigenen glichen. Obwohl sie die Schönheiten des Romans bewunderte, verachtete sie das ihrer Meinung nach typisch männlich Ordinäre. »Ihr kam es vor«, berichtet ihr Neffe Quentin Bell, »als hätte ihr jemand die Feder aus der Hand genommen, um damit das Wort
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an eine Abortwand zu schreiben.« Leonard hätte den »Ulysses« allerdings gern veröffentlicht, allein deswegen, weil der Roman zweifellos ein revolutionäres Werk war. Doch die Vorstellung, den tausendseitigen Roman in der Speisekammer mit einer kleinen Handpresse zu drucken, erschien ihm dann doch, bei aller Liebe zur Literatur, ein wenig abenteuerlich.
    1938 verkaufte Virginia Woolf ihren Anteil an der Hogarth Press an ihren Lektor John Lehmann, der den Verlag |145| bis 1946 weiterführte. Danach wurde er zu einem Imprint von Chatto & Windus.
    Wer nun auf den Geschmack gekommen ist und mit dem Gedanken spielt, die frühen Drucke der Hogarth Press zu sammeln, sei gewarnt. Selbst die Nachauflagen sind nur selten antiquarisch zu finden und keineswegs preiswert. Der erste Versuch von Leonard und Virginia Woolf in der schwarzen Kunst, »Two Stories«, 32 Seiten im Format Demy-Oktav mit vier Holzschnitten, wird derzeit für mehr als 20 000 Euro gehandelt. Für einen Bibliomanen wird dies vielleicht eine unbedeutende Summe sein. Der wahre Bibliophile wird sich hingegen für das Geld lieber eine Handpresse kaufen und sofort mit dem Druck beginnen.

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    |146| Blakes Visionen
    Ich besitze auch die Bibel der Hölle, die die Welt bekommen soll, ob sie will oder nicht.

    William Blake
    Bücher zu drucken kann zweifellos eine erfüllende Tätigkeit sein und ein lebendiger Ausdruck der Liebe zum Buch und zur Literatur. Bei William Blake, der fast all seine Bücher eigenhändig fertigstellte, illustrierte und illuminierte – d. h. mit leuchtenden Farben bemalte –, mischte sich diese Arbeit hingegen mit einer besonderen Art von Besessenheit, die allmählich zu seiner Lebensaufgabe wurde: Er widmete sich der gewissenhaften Herstellung einer kleinen Bibliothek wunderbarer, schrecklicher und seltsamer Werke, welche die herkömmlichen Mythologien, Philosophien und Religionen ersetzen sollten. Das eigenhändige Drucken prophetischer Schriften wurde zu einem heiligen Akt, der durch die Anwendung der Ätzstoffe eines Kupferstechers sozusagen die sichtbaren Oberflächen der Realität wegschmelzen und das darunter Verborgene enthüllen sollte: »Wenn die Pforten der Wahrnehmung geläutert würden, würde jedes Ding dem Menschen erscheinen, wie es ist, unendlich.«
    William Blake, 1757 als Sohn eines Strumpfmachers in London geboren, besuchte bereits im Alter von zehn |147| Jahren eine Zeichenschule, um das damals überaus angesehene Handwerk eines Buchillustrators zu erlernen. 1772 begann er eine Lehre bei dem Londoner Kupferstecher Henry Basire. Über seinen weiteren Bildungsweg ist nichts bekannt, doch scheint er ein Autodidakt gewesen zu sein, der sich verschiedene Sprachen beibrachte und die philosophischen und poetischen Werke seiner Zeit aneignete, ohne die damals bei Künstlern und Dichtern durchaus übliche klassische humanistische Bildung vorweisen zu können. Seine Lektüre, die sein Werk später beeinflusste, erstreckte sich auf eine ungeordnete Vielzahl bekannter wie unbekannter Dichter, Philosophen, Okkultisten und Esoteriker, unter denen Namen wie Jacob Böhme und Emanuel Swedenborg herausragen. Sein Geld verdiente Blake mit Illustrationen zu Dantes »Göttlicher Komödie«, Miltons

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