Das Haus des Daedalus
Mütze ab und hängte sie an einen der Flaschenhälse.
»Willkommen«, sagte Landini, während der Chauffeur die Tür schloß. »Sie sind schneller auf den Beinen, als wir befürchtet hatten.«
»Ist das Ihre Art, mir nachträglich gute Besserung zu wünschen?«
Jupiter heftete seinen Blick auf den Sekretär des Kardinals. »Sie sind ja immer noch ganz bleich vor Sorge.«
Landinis Lächeln wurde einen Moment lang fast humorvoll.
»Sieht aus, als könnten wir gute Freunde werden.« Er trat von der anderen Seite an den Tisch und füllte die beiden Gläser mit Rotwein.
»Grund genug, finde ich, um mit Ihnen anzustoßen.«
Jupiter schaute gehetzt zur Tür, aber dort stand mit verschränkten Armen der Chauffeur und musterte ihn kalt.
Landini reichte ihm eines der Gläser. »Hier, für Sie.«
»Tut mir leid«, erwiderte Jupiter und konnte seine Nervosität nicht halb so gut überspielen, wie er es sich wünschte, »um diese Tageszeit trinke ich keinen Alkohol.«
»Ich bin sicher, Sie werden für uns eine Ausnahme machen.«
Der Chauffeur kam näher.
Jupiter wich langsam zurück, schob sich sachte an der Kante des Tischs entlang. Wenn er losließ, würden seine Beine nachgeben. Er war noch immer viel zu geschwächt, um sich auf einen Kampf einzulassen. Nicht, daß er auch sonst nur eine Chance gegen den breitschultrigen Fahrer gehabt hätte.
Landinis Lächeln war wieder kühl und schmallippig. »Es gibt sehr viel Rotwein in diesem Keller. Ich wage keine Schätzung, was die Liter angeht, aber schauen Sie sich nur um … es sind wirklich eine Menge Flaschen.«
Weiterhin hielt er Jupiter das Glas entgegen. Es war bis zum Rand gefüllt. Das Licht der Deckenlampe zauberte ein blutiges Funkeln auf die Oberfläche des Weins, ließ ihn flirren wie einen scharf geschliffenen Rubin.
»Nehmen Sie!« verlangte der Albino mit Nachdruck.
Der Chauffeur stand jetzt nur noch einen Schritt von Jupiter entfernt und nickte ihm zu, zackig wie ein militärischer Gruß.
Sehr langsam streckte Jupiter die Hand aus und nahm das Glas.
Landini prostete ihm zu und trank einen Schluck. »Ganz hervorragender Jahrgang, übrigens. Dies ist einer der privaten Weinkeller des Heiligen Vaters. Ich hoffe, Sie wissen das zu schätzen.« Ein wenig schärfer fügte er hinzu: »Trinken Sie das Glas aus!«
Jupiter schüttelte den Kopf. Er konnte seinen Blick nicht mehr von der rotglühenden Oberfläche nehmen. Er wußte nur zu genau, was geschehen würde, falls er auch nur mit ein paar Tropfen davon in Berührung käme. Er kannte die Reaktionen seines Körpers.
Der Chauffeur trat lautlos hinter seinen Rücken. Er sagte kein Wort, aber Jupiter konnte seinen Atem im Nacken spüren.
»Machen Sie schon«, verlangte Landini.
Jupiter wußte, daß er keine Wahl hatte. Er schloß die Augen, führte das Glas an die Lippen … und trank den Wein in einem Zug.
Als er die Augen wieder öffnete, erschien ihm Landinis Gesicht noch weißer, sein sadistisches Grinsen noch breiter. Der Albino packte die angebrochene Weinflasche und streckte sie Jupiter entgegen.
»Sie sehen durstig aus, mein Freund. Hier, nehmen Sie doch gleich die ganze Flasche!«
Jupiter spürte ein Kratzen im Hals. Sein Magen revoltierte. »Was wollen Sie, Landini?«
»Nur, daß Sie trinken. Keine Angst, die Rechnung zahlt der Papst. Wer kann das schon für sich in Anspruch nehmen?«
»Ich weiß nicht, wo Janus die Kupferplatte versteckt hat.«
» Trinken Sie!«
»Ich …« Weiter kam Jupiter nicht, denn im selben Moment schlug ihm der Chauffeur von hinten das leere Glas aus der Hand und umschloß mit beiden Armen seinen Oberkörper. Jupiter spürte die Muskeln des Mannes, als sie sich gegen seinen Brustkorb preßten. Seine eigenen Arme waren in der Umklammerung gefangen, er konnte sich nicht wehren.
Landini trat mit der Weinflasche um den Tisch herum. »Sie werden später noch genug Gelegenheit haben, zu erzählen, was Sie auf dem Herzen haben. Aber bis dahin gebietet es die Höflichkeit, daß Sie unsere Einladung annehmen.«
Und damit führte er die Flasche an Jupiters Mund und preßte sie brutal zwischen seine Lippen, bis das Glas schmerzhaft gegen die Schneidezähne stieß.
Jupiter versuchte vergeblich, sich aus der Umklammerung des Chauffeurs zu winden. Doch sein Strampeln half nichts. Er wollte schreien, aber ein Schwall Rotwein füllte seinen Mund. Ausspucken war unmöglich -Landini preßte den Flaschenhals mit aller Gewalt auf seinen Mund. Er mußte schlucken, wenn er nicht
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