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Das Haus des Daedalus

Titel: Das Haus des Daedalus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Nase. Dabei legte er den Kopf in den Nacken. Jupiter wußte mit einemmal nicht mehr genau, wer von ihnen eigentlich der Angeschlagenere war.
    »Nur eine Minute«, murmelte Trojan mit nasaler Stimme.
    Tatsächlich saßen sie nun eine ganze Weile da, schweigend, der Professor mit zurückgelegtem Kopf, Jupiter in die Polster des Sessels gesunken, unfähig, irgend etwas aus eigenem Antrieb zu tun. Sein Verstand funktionierte einigermaßen reibungslos, und die Absurdität des Ganzen war ihm durchaus bewußt, aber ihm fehlte die Kraft, sich dagegen aufzulehnen, die eigenwillige Stimmung zu durchbrechen, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen oder den alten Mann einfach anzubrüllen, ihn durchzuschütteln und ihm alles heimzuzahlen, was man ihm angetan hatte.
    Und der Shuvani. Und Janus.
    Und Coralina.
    Aber er konnte nur dasitzen, den blutenden Trojan anstarren, fassungslos, verwirrt, und dabei immer wieder denken: Ich will weg von hier weg von hier weg von hier Schließlich lehnte sich Trojan nach vorne, tupfte noch einmal über Nase und Mundpartie und steckte das Taschentuch wieder ein. Unter seinem Nasenloch leuchtete noch immer in zartem Rosa die angetrocknete Spur des Blutrinnsals, und Jupiter hatte Mühe, seinen Blick zu heben und dem Professor in die Augen zu schauen. Das dünne Metallgestell seiner Brille glitzerte.
    »Was wollen Sie?« fragte Jupiter.
    »Möchten Sie Tee?« Trojan drehte die zweite Tasse um und schenkte ein, ohne auf Jupiters Antwort zu warten. Er schob sie ihm über den Tisch, zusammen mit dem Gebäck. »Sie sollten frühstücken.«
    »Haben Sie mich deshalb herbringen lassen? Um mit mir zu frühstücken? Ihre Leute haben erst heute morgen versucht, mich umzubringen.«
    Trojan nickte und wirkte betroffen. »Die Geschichte mit dem Wein … Glauben Sie mir, das war nicht mein Einfall. Landini und von Thaden müssen das ausgeheckt haben.«
    »Natürlich«, erwiderte Jupiter abfällig.
    »Essen Sie«, sagte Trojan erneut. »Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß die Sachen in Ordnung sind.«
    Jupiter rührte weder die Tasse noch den Teller an. »Aber mein Magen nicht.«
    Der Professor schenkte ihm einen irritierten Blick, dann zuckte er mit den Achseln. »Wie Sie meinen.«
    »Kommen Sie zur Sache.« Der Raum schwankte um ihn herum, und die Bauzeichnungen an den Wänden waren viel zu verschwommen, als daß er Einzelheiten hätte erkennen können. Aber aus irgendeinem Grund war es dennoch die Umgebung, die ihn schrittweise zu seiner alten Sicherheit zurückfinden ließ. Früher hatte er oft mit Männern wie Trojan verhandelt, und meist hatte er bekommen, was er wollte.
    Aber diese Leute haben nichts von der Allergie gewußt. Sie haben dich nicht foltern lassen.
    »Ich habe mir sagen lassen, Sie waren einmal sehr erfolgreich auf Ihrem Gebiet«, sagte der Professor.
    Komplimente. Das war immer der erste Schritt.
    »Sie waren nicht nur ein Spürhund, Sie waren auch Geschäftsmann. Deshalb möchte ich Ihnen ein Angebot machen.«
    »Ich habe die Kupferplatte nicht mehr … wie Sie vielleicht bemerkt haben.«
    »Aber Sie wissen, wo sie sich befindet.«
    »Es ist Stunden her, seit ich sie zuletzt gesehen habe. Das war, als Estacado uns hierhergebracht hat.«
    Trojans Miene verdüsterte sich. »Estacado …«
    »Ihr Schützling hat einen Fehler gemacht, als er uns die Platte nicht gleich abgenommen hat.« Jupiter versuchte listig zu lächeln, aber er spürte selbst, daß es kläglich mißlang. »Das dürfte neben seiner eigenen auch Ihre Position innerhalb der Adepten schwächen, nicht wahr?«
    Der Professor stieß ein Seufzen aus. »Ich will Ihnen nichts vormachen. Sie haben recht. Viele sind der Ansicht, Estacado habe versagt. Aber, glauben Sie mir, genau wie er bin ich gegen jede Form von Gewaltanwendung. Landini mag so etwas Spaß machen, aber ich halte dergleichen für unangebracht und unappetitlich.«
    Der Tonfall, mit dem er Jupiters Tortur abtat, verriet, daß es ihm nicht um moralische Bedenken ging. Mord und Folter widerstrebten ihm auf eine Art und Weise, mit der er vielleicht das Tragen einer zitronengelben Krawatte oder einer Federboa abgelehnt hätte. Er hielt Gewalt nicht für verwerflich, nur für geschmacklos.
    »Janus hat Verbündete im Vatikan«, sagte Trojan nach einer kurzen Pause und stützte sich mit den Ellbogen auf die Tischkante. »Wir sind nicht sicher, wer diese Leute sind. Aber Sie wissen es, Jupiter. Und ich möchte, daß Sie mit uns zusammenarbeiten.«
    »Ich soll Ihnen Namen

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