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Das Haus des Daedalus

Titel: Das Haus des Daedalus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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nennen?«
    »Ich möchte, daß Sie für uns tätig werden. Sie sind ein fähiger Mann. Sie könnten im Auftrag der Kirche arbeiten, Kunstschätze auf der ganzen Welt aufspüren. Keine kleinen, unbedeutenden Objekte mehr, nicht dieser Firlefanz, mit dem sich die meisten Privatsammler abgeben. Die Kirche besitzt einige der wertvollsten Objekte, die Sie sich vorstellen können … und sie ist auf der Suche nach einer ganzen Reihe weiterer, die im Laufe der Jahrhunderte verlorengegangen sind. Das könnte Ihre Aufgabe sein, Jupiter. Ein aufregenderes und lukrativeres Angebot wird Ihnen kaum jemand machen können.« Er lächelte wieder. »Sie müssen mir nur vertrauen.«
    Jupiter beobachtete ihn genau, während er sprach, die hellblauen kleinen Augen, seine schmalen Finger mit den manikürten Nägeln.
    »Die Shuvani hat Ihnen vertraut.«
    Zu Jupiters Überraschung schienen die Worte Trojan zu treffen. Bei der Erwähnung der alten Frau zuckte er unmerklich zusammen.
    »Das ist sehr lange her«, entgegnete er leise.
    »Sie hat Ihnen vertraut«, sagte Jupiter noch einmal. Er konnte gar nicht genug kriegen von den Schuldgefühlen, die sich auf den Zügen des Professors abzeichneten. »Was haben Sie mit ihr gemacht? Sie umgebracht? Sie hätte Ihnen die Scherbe niemals freiwillig gegeben.«
    »Nein, wohl kaum.« Trojans betrübter Blick huschte über den Tisch, so als suche er etwas.
    Jupiter bohrte weiter in der offenen Wunde. »Wollen Sie Landini auch dafür die Schuld geben?«
    Trojan zögerte mit einer Antwort, bis er sich wieder in der Gewalt hatte. »Lenken Sie nicht ab, Jupiter. Ich weiß, was in Ihnen vorgeht. Mein Angebot reizt Sie, nicht wahr? Das ist nicht verwerflich. Ich meine, wen würde es nicht reizen? Sie könnten Ihre frühere Arbeit fortsetzen, unter neuen, verbesserten Bedingungen. Sie hätten eine Macht im Rücken, der sich keiner widersetzen kann. Sie hätten das Geld, die Verbindungen …«
    »Sie wollen mich kaufen.«
    »Nein«, widersprach Trojan energisch. »Ich biete Ihnen keine Summe … nur eine Perspektive. Eine Zukunft! Überlegen Sie doch. Was wollen Sie tun, wenn Sie heil aus der ganzen Sache herauskommen? Ihre Reputation ist ein Trümmerhaufen, genau wie Ihre Auftragslage. Niemand arbeitet mehr mit Ihnen. Diese kleine Geschichte in Barcelona …«
    Sogar davon wußte er!
    »- hat Ihre Karriere beendet, meinen Sie nicht auch? Und dann der Zwist mit dieser Japanerin. Man vertraut Ihnen nicht mehr. Alles ist zerstört, was Sie sich in zehn Jahren aufgebaut haben. Alles … verspielt.«
    Jupiter spürte Zorn in sich aufkochen, Zorn auf sich selbst und auf Trojan, weil er ihm all diese Dinge vorhielt. Dinge, die er längst wußte, und die doch laut ausgesprochen um ein Vielfaches schmerzhafter waren. Er wollte es nicht hören, wollte sich nicht damit auseinandersetzen. Trojan kannte die wunden Punkte Jupiters.
    »Und Sie bieten mir an, all das zurechtzubiegen?«
    »Wenn Sie es so nennen wollen.« Trojan deutete auf das Gebäck.
    »Nun nehmen Sie schon!«
    Jupiter streckte die Hand aus und nahm einen der glasierten Fettkringel. Zögernd biß er hinein, kaute und legte den Rest wieder weg.
    »Nicht mein Geschmack«, sagte er. »Tut mir leid.«
    Das Lächeln des Professors wurde eine Spur kühler. »Heißt das, Sie lehnen ab?«
    »Das heißt, daß ich erst wissen will, worauf ich mich einlasse. Ich will Antworten. Dann, vielleicht, überlege ich mir, ob ich Ihnen helfe.«
    »Sind Sie denn sicher, daß ich Ihre Hilfe brauche?«
    »Sie wollen die Platte. Und die Namen von Janus’ Verbündeten. Landini hat versucht, diese Information durch Folter aus mir herauszubekommen, und es hat nicht funktioniert.« Er verschwieg, daß Landini ihm überhaupt keine Frage gestellt hatte. »Ich kann nicht behaupten, daß mich Ihr Angebot nicht reizt. Aber erst will ich wissen, worauf Sie wirklich aus sind.«
    Trojan hob eine Augenbraue, sagte aber nichts.
    »Was hat es mit dem Haus des Daedalus auf sich?« fragte Jupiter. »Und, bitte … die Wahrheit.«
    »Die Wahrheit?« Der Professor betätigte einen Knopf in der Konsole seines Rollstuhls, fuhr ein Stück zurück und kam dann langsam um den Tisch herum auf Jupiter zu. »Wenn man den Gerüchten Glauben schenkt, gibt es weit mehr als eine Wahrheit. Wissen Sie beispielsweise, was man sich über den Schlüssel erzählt, den der gute Piranesi in seiner Kupferplatte verewigt hat? Es heißt, dies sei der Schlüssel, den einst Luzifer vom Tor der Hölle zog und über seine

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