Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Haus des Daedalus

Titel: Das Haus des Daedalus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
du und Coralina, ihr habt den Fehler begangen, sie alle über einen Kamm zu scheren. Aber es gibt Unterschiede, das wurde mir sehr schnell klar. Kardinal von Thaden und sein Sekretär, dieser Landini, sind diejenigen, die Babio auf dem Gewissen haben. Aber nicht alle Adepten sind skrupellose Mörder. Die beiden Estacados sind anders … und Trojan.«
    »Oh, natürlich, Trojan … Der saubere Professor hat mit einem Lächeln in Kauf genommen, daß ich in diesem Loch da unten ersticke oder mir eigenhändig das Fleisch von den Knochen kratze.«
    »Ich glaube nicht, daß er dich hätte sterben lassen«, widersprach Miwa. »Er scheint mir ein recht vernünftiger Mann zu sein. Und ein Genie noch dazu.«
    »Du hast seine Entwürfe gesehen?«
    Sie nickte. »Ich bin hergekommen, um ein Geschäft mit ihm zu machen. Wir haben verhandelt. Und bei der Gelegenheit habe ich seine Zeichnungen bewundert. Großartig … vielleicht ein wenig weltfremd.«
    »Dann hast du ihm die Scherbe …«
    »Verkauft. Ja, natürlich. Was dachtest du?«
    Er wich ihrem Blick aus, öffnete das Fenster einen Spaltbreit und atmete tief die kühle Luft ein.
    »Wo ist die Shuvani jetzt?«
    »Als ich sie zuletzt gesehen habe, war sie im Krankenhaus.«
    »Janus hat gesagt, sie sei nicht mehr dort.«
    »Vermutlich hat man sie entlassen. Es ging ihr recht gut, soweit ich es beurteilen konnte. Ein Wunder, wenn man bedenkt, daß sie aus dem Fenster gesprungen ist.«
    »Das hat sie deinen neuen Freunden zu verdanken.«
    Ihr Blick verfinsterte sich. »Das sind nicht meine neuen Freunde. Ich habe ein Geschäft mit ihnen gemacht … na und? Früher hättest du ohne Bedenken das gleiche getan.« Sie trat auf ihn zu und packte ihn an den Oberarmen. »Verdammt noch mal, Jupiter … Nur weil du mir die Schuld an allem geben willst, übersiehst du, daß du selbst ein anderer geworden bist. Glaubst du wirklich, deine Kunden hätten sich nur wegen mir von dir zurückgezogen? Mach dir doch nichts vor! Erst haben sich die Leute nur Sorgen gemacht, sie waren ein wenig beunruhigt, nicht mehr. Aber dann ist diese Sache in Barcelona passiert. Das war nicht ich, die diese Frau verprügelt hat! Das warst du! Und jetzt bist du nicht mal mehr in der Lage, einen ganz gewöhnlichen Handel über die Bühne zu bringen. Selbst ein Blinder kann sehen, was mit dir los ist.«
    Er wollte, daß sie ihn losließ, wollte, daß sie endlich den Mund hielt. Aber er brachte die Kraft nicht auf, es ihr zu sagen. Ihr Hände an seinen Oberarmen schienen sich wie glühende Eisen durch seine Kleidung zu brennen. Und sie hatte mit allem, was sie sagte, recht. Er war ein Versager.
    »Trojan hat mich heute nacht empfangen«, fuhr sie fort. »Er hat mich bezahlt, ich habe ihm die Scherbe gegeben. Bei der Gelegenheit sprach er davon, daß du dich mit Coralina im Vatikan herumgetrieben hast. Ich dachte, daß du vielleicht meine Hilfe brauchen könntest, erzählte ihm eine Geschichte über Probleme mit meinem Hotel, und er, ganz der Gentleman, ließ mich in einem der Gästehäuser einquartieren. Deshalb bin ich noch hier. Und, wie’s scheint, hatte ich den richtigen Riecher.«
    »Freut mich zu hören, wieviel du mir zutraust.«
    »Nein, das hat nichts mit dir zu tun. Ihr habt euch mit den falschen Leuten angelegt, noch dazu vor ihrer eigenen Haustür. Kaum jemand wäre da heil wieder rausgekommen.«
    »Außer dir?«
    Miwa schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht versucht, ihnen etwas wegzunehmen. Ich habe ein Angebot gemacht, sie haben es angenommen. Mehr nicht. Es gab keinen Grund für sie, mich zu beseitigen. Geld spielt für sie keine Rolle. Ihr drei, du, Coralina und die Shuvani, ihr hättet es viel einfacher haben können. Aber ihr mußtet ja die Helden spielen.«
    Ich vergesse Dinge. Da sind Sachen, nach denen ich sie fragen sollte. Aber ich kann mich nicht mehr erinnern!
    Sie näherte ihr Gesicht dem seinen.
    »Miwa, ich …«
    »Sei still«, flüsterte sie. Dann küßte sie ihn.
    Er redete sich ein, daß er zu schwach war, um sich zu wehren. Er hatte über ein Jahr damit verbracht, ihr nachzutrauern. Und nun war sie wieder da, ganz die alte Miwa, ein bißchen kaltschnäuzig, aber zugleich unglaublich lockend. Früher hatte er manchmal gedacht, es habe damit zu tun, daß sie Asiatin war, damit, daß es ihm einfach nicht gelang, sie zu durchschauen.
    Doch das war es nicht.
    In Wahrheit war er ihr mit Haut und Haaren verfallen, gleich bei ihrer ersten Begegnung in Reykjavik. Und jetzt drückte sie einfach

Weitere Kostenlose Bücher