Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Haus des Daedalus

Titel: Das Haus des Daedalus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
Passierscheine geklaut?« fragte Jupiter sarkastisch.
    Sie lächelte. »Nein. Übrigens haben wir noch etwas zu erledigen.«
    »So?«
    »Hast du immer noch nicht verstanden, daß wir hier sind, um Geschäfte zu machen?«
    Er begriff nicht, worauf sie hinauswollte. »Erklär’s mir.«
    »Die Kupferplatte«, sagte sie ruhig. »Wir brauchen sie.«
    Er löste sich mit einem Ruck von ihr und taumelte zurück gegen das Fenster, so als hätte sie ihm einen Schlag versetzt. Er wollte etwas sagen, ekelte sich vor sich selbst, verstört über seine eigene Dummheit.
    Aber Miwa fuhr fort: »Keine Sorge, die Platte ist nicht für die Adepten. Die Sache mit der Scherbe war etwas anderes … kein Mensch auf der Welt hätte so viel für ein unvollständiges Stück Ton bezahlt. Aber die Druckplatte eines verschollenen Piranesi-Stichs … liebe Güte, Jupiter, mir fallen auf Anhieb ein halbes Dutzend Sammler ein, die jedes Angebot der Adepten ohne zu zögern verdoppeln würden.«
    Jupiters Hand krallte sich so fest um die Kante der Fensterbank, als wollte er sie abbrechen. »Du hältst mich doch nicht wirklich für dermaßen einfältig …«
    »Bedeutet Geld dir denn gar nichts mehr?« Sie wollte erneut die Arme um ihn legen, doch Jupiter schob sie fort.
    Miwa ließ sich davon nicht beirren. Ihre Erfolge hatten schon immer viel mit ihrer Beharrlichkeit zu tun gehabt.
    »Wir könnten die Platte aus dem Vatikan schmuggeln«, sagte sie.
    »Du mußt mir nur vertrauen. Wenn dir so viel an diesem dummen Schlüsselumriß liegt, mach einfach eine Kopie, bevor wir das Ding verkaufen. Und falls es nur darum geht, daß Trojan die Platte nicht in die Finger bekommt, kein Problem, das kriegen wir hin. Ich habe schon größere Kunstwerke durch besser bewachte Tore geschmuggelt. Wenn wir einmal draußen sind, kriegen sie uns nicht mehr. In einer Stunde sind wir am Flughafen, oder wir fahren gleich nach Mailand weiter. Ich kenne dort genug Leute, die …«
    »Laß es einfach«, unterbrach er sie sanft. »Hör auf damit, Miwa. Ich glaube dir kein Wort.«
    Ihr Gesicht rötete sich vor Zorn. Sie biß sich auf die Unterlippe, so als wollte sie sich selbst davon abhalten, etwas Unüberlegtes zu sagen.
    »Du bist ein Idiot«, brüllte sie ihn an. »So ein gottverdammter Idiot! Wie kannst du dir nur solch eine Chance entgehen lassen?«
    Er lächelte und fragte ruhig: »Wie konntest du dich von ihnen kaufen lassen?«
    »Ich weiß nicht, wovon du …«
    »Hör doch auf mit dem Schmierentheater, Miwa. Es ist zu spät.«
    Unten vor dem Fenster ertönte ein Summen. Als Jupiter über seine Schulter in die Tiefe blickte, hielt am Turm ein kleiner Elektrowagen. Er kannte solche Fahrzeuge von Golfplätzen, auf denen er sich früher mit einigen seiner Kunden getroffen hatte.
    Doch ehe er sah, wer ausstieg, bohrten sich Miwas Fingernägel in seine Schulter und zerrten ihn herum. »Wir könnten reich sein«, sagte sie scharf. »Ist das für dich so unwichtig?«
    »Du könntest reich sein … das ist es doch, nicht wahr?«
    Sie seufzte und verdrehte die Augen. »Jupiter, lieber Gott … Willst du nicht begreifen, was ich dir sage?«
    »Gib mir einfach eine ehrliche Antwort. Hat Trojan dich gekauft?«
    Sie wandte sich ab und ging einige Schritte in den Raum hinein, drehte sich dann abrupt auf dem Absatz herum und lächelte. »Traust du mir das wirklich zu?«
    »Du hast ihm die verdammte Scherbe verkauft«, brüllte Jupiter.
    »Warum nicht auch die Kupferplatte?«
    »Ich hab dir erklärt, daß …«
    »Daß andere dir mehr dafür geben? Du lügst, Miwa. Du hast selbst gesagt, daß Geld für die Adepten keine Rolle spielt.«
    Aus der Tiefe des Turms drang ein Knirschen herauf. Die Scharniere der Eingangstür. Jemand kam.
    »Sind das deine Freunde?« fragte Jupiter kalt, in der Gewißheit, daß er ohnehin nichts mehr daran ändern konnte. Die Spritze hatte die Folgen der Allergie aufgehoben, aber sie brauchten ihm nur eine neue Flasche einzuflößen, um ihn erneut in ein wimmerndes Wrack zu verwandeln. Und er hatte nicht den geringsten Zweifel, daß sie genau das tun würden … falls sie ihn nicht auf der Stelle umbrachten.
    Miwa eilte nervös zur Tür. Sie schob die Hand unter ihre Jacke und zog die kleine silberne Pistole hervor. Erstaunt registrierte Jupiter, wie sicher und vertraut die Waffe in ihrer schmalen Hand lag.
    »Du wirst doch nicht deine eigenen Auftraggeber über den Haufen schießen, oder?«
    Sie wirbelte herum und starrte ihn mit einem Blick an, den er

Weitere Kostenlose Bücher