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Das Haus des Daedalus

Titel: Das Haus des Daedalus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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vergessen?«
    »Ich möchte Sie einigen Personen vorstellen.«
    »Ihren Verbündeten?« fragte Jupiter.
    »Freunden, ja. Ich möchte, daß Sie mich zu ihnen begleiten und vorher keine Dummheiten machen.«
    Coralina wechselte einen kurzen Blick mit Jupiter. »Okay«, sagte sie dann.
    Janus nickte zufrieden und übernahm wieder die Führung. Sie folgten ihm durch schmale Korridore, die mehr Ähnlichkeit mit feuchten Minenstollen hatten als mit Kellergängen. Durch einen Schacht, der aussah wie ein im Boden versunkener Turm, kletterten sie hinauf in ein enges Treppenhaus, das unter einer Falltür endete. Als Janus sie mit einer Metallstange öffnete, rieselten Staub und Erdreich herunter.
    »Ein Abstellschuppen der Vatikanischen Gärtnerei«, erklärte er, zog aus dem Schatten eine Leiter heran und lehnte ihr oberes Ende an die offene Falltür. Er kletterte als erster hinauf, gefolgt von Coralina.
    Jupiter lauschte ein letztes Mal hinab in den Irrgarten der Schächte und Stollen. Fast glaubte er, ferne Stimmen zu hören, doch dann wurde ihm bewußt, daß es nur unterirdische Luftzüge waren, die in der Tiefe wisperten. Er wunderte sich, wie unermeßlich groß die Unterwelt des Vatikans sein mußte. Beeindruckt machte er sich auf den Weg nach oben.
    Was Janus so abfällig Schuppen genannt hatte, war tatsächlich ein weitläufiger Raum mit verputzten Wänden und Schmucksäulen. Die weißgekalkten Oberflächen waren grau geworden, niemand säuberte sie mehr. Kleine Traktoren waren hier untergebracht, Gartengeräte aller Art und ein gutes Dutzend Fahrräder. Auf ihnen legten die Gärtner die großen Distanzen in den Parkanlagen zurück, wenn die täglichen Ruhestunden den Einsatz eines motorisierten Gefährts nicht gestatteten.
    Janus legte einen Finger an die Lippen und deutete auf das große Tor der Gerätehalle. Es stand einen Spaltbreit offen, gerade weit genug, daß ein Mensch hindurchschlüpfen konnte. Er schien zu befürchten, daß sie bereits erwartet wurden.
    Gebückt schlichen sie zwischen den Traktoren und Gerätschaften zur nächstgelegenen Wand. Daran entlang huschten sie Richtung Ausgang, bogen jedoch nach einigen Metern durch eine schmale Tür nach rechts. Janus drückte sie lautlos hinter sich zu und drehte den Schlüssel herum.
    Sie befanden sich in einem stickigen Aufenthaltsraum mit einer langgestreckten Holztafel, mehreren Kaffeemaschinen und einer Unmenge vergilbter Zeitungen. An einer Wand, gleich neben dem einzigen Fenster, hing ein Telefon.
    »Das können Sie benutzen«, sagte er zu Coralina. »Aber, bitte, nur eine Minute. Von Thaden ist in der Lage, sämtliche Leitungen in die Stadt hinaus zu kontrollieren.«
    »Glauben Sie, da draußen ist jemand?« Jupiter trat näher an die Tür und horchte.
    Janus antwortete nicht. Er eilte zum Fenster, drückte sich daneben mit dem Rücken gegen die Wand und schaute verstohlen ins Freie.
    »Nun telefonieren Sie schon!« wies er Coralina ungehalten an. »Wir haben nicht viel Zeit!«
    Sie zögerte nicht länger, nahm den Hörer ab, wählte eine Null vor und bekam ein Freizeichen.
    Jupiter gesellte sich zu Janus. Draußen vor dem Fenster sah er nichts als Buschwerk und ein Stück freie Rasenfläche. »Werden sie uns hier finden?«
    Janus nickte. »In ein paar Minuten. Jemand war im Schuppen. Estacado hat schneller reagiert, als ich dachte. Er hat die Ausgänge aus der Unterwelt überwachen lassen, sogar die versteckten.«
    Jupiter fragte sich, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, dem kleinen Mann ihr Leben anzuvertrauen. Gewiß, er schien vieles über Estacado und die Adepten der Schale zu wissen; offenbar aber wußte Estacado ebensoviel über Janus, genug jedenfalls, um seine Schritte vorauszusehen.
    »Ich weiß, was Sie jetzt denken«, sagte Janus, ohne den Blick vom Fenster zu nehmen. »Trotzdem … vertrauen Sie mir. Wenn wir erst mal hier raus sind, wird er unsere Spur verlieren. Das verspreche ich Ihnen.«
    Jupiter schaute sich zu Coralina um. »Wie sieht’s aus?«
    Ihr Gesicht war angespannt, Schweißperlen glänzten auf ihrer Stirn. Sie preßte den Hörer so fest ans Ohr, als könne sie dadurch Einfluß auf den Anschluß am anderen Ende nehmen.
    »Sie geht nicht ran«, flüsterte sie.
    Jupiter huschte am Fenster vorbei und trat neben sie. Allmählich teilte er ihre Sorge um die Shuvani.
    Tränenglanz funkelte in ihren Augen. »Verdammt, warum geht sie nicht ans Telefon?« Eine Spur von Hysterie lag in ihrer Stimme.
    »Na ja, dafür kann es tausend

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