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Das Haus des Daedalus

Titel: Das Haus des Daedalus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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hatte Jupiters Blick bemerkt. »Vergessen Sie’s«, sagte er.
    »Nette Idee, aber die hatten schon andere vor Ihnen. Man hat keinen je wiedergefunden. Die wenigsten sind überhaupt auf die andere Seite des Reservoirs gelangt, und nur einer, soweit ich weiß, hat es geschafft, an der Wand hinauf bis zur Mündung zu klettern. Dort hat ihn dann die Strömung erwischt. Und wer hier ins Wasser fällt, den zieht der Sog gnadenlos nach unten und dann hinauf in die Rohre. Wer weiß, wie viele von den armen Teufeln blau und aufgeschwemmt darin feststecken.« Er deutete grinsend auf die Leitungen, die hinter ihnen an der Wand nach oben führten.
    Während sie warteten, entschuldigte sich Coralina flüsternd bei Jupiter für ihr Schlafwandeln. Er winkte ab und sagte, sie könne ja nichts dafür. In einem faden Versuch, einen Scherz zu machen, schlug er vor, sie in der nächsten Nacht ans Bett zu fesseln. Daraufhin sah sie ihn so lange und durchdringend mit ihren Zigeuneraugen an, daß er rot wurde und hastig in eine andere Richtung blickte. Er wurde einfach nicht schlau aus ihr.
    Nach fast einer Stunde erhob sich Janus von der Kante des Steinsimses. Er hatte während der ganzen Zeit kein Wort mehr gesprochen; nachdenklich hatte er in die Tiefe gestarrt und die zahllosen Strudel beobachtet, welche die Wasseroberfläche in ein psychedelisches Muster verwandelten.
    »Kommen Sie, gehen wir weiter«, sagte er.
    Sie verließen das Reservoir durch den einzigen Zugang und gingen eine Weile auf demselben Weg zurück, den sie gekommen waren.
    »Wohin wollen Sie?« fragte Jupiter.
    »Erst mal an die frische Luft. Ich möchte gerne überprüfen, ob meine Vermutung, was Estacados Maßnahmen angeht, stimmt.«
    »Ist er wirklich der Bruder des Kardinalsbibliothekars?«
    »Gewiß. Der Kardinal ist ebenfalls ein Mitglied der Adepten.«
    »Aber warum hat Estacado Einfluß auf die Bewachung der Tore?«
    Janus zog lautstark Schleim durch die Nase. »Erkältet. Das macht die Feuchtigkeit hier unten.« Er wischte sich mit dem Handrücken durchs Gesicht. »Estacado hat Einfluß auf Kardinal von Thaden, und dieser wiederum auf den Oberkommandierenden der Schweizergarde.«
    »Von Thaden und Landini gehören zu den Adepten der Schale«, überlegte Jupiter laut. »Wer noch?«
    »Weniger, als Sie vielleicht annehmen. Aber dennoch eine Handvoll … und unglücklicherweise gehören dazu einige der einflußreichsten Männer an der Seite des Heiligen Stuhls.« Janus stieß ein leises Seufzen aus. »Wissen Sie, der Einfluß der geheimen Logen auf den Papst hat den Beigeschmack des Trivialen bekommen, seit jedermann glaubt, darüber Bescheid zu wissen. Für die Öffentlichkeit hat all das den Anschein einer gewissen Transparenz. Irgendein eifriger Journalist wird immer die nächste Enthüllung veröffentlichen, das nächste Buch über verdeckte Finanzgeschäfte, Verstrickungen mit der Mafia, über angebliche Giftmorde. P2, das Opus Dei, die Ritter vom Heiligen Grabe … all das ist gut dokumentiert. Doch es ist gerade diese angebliche Durchschaubarkeit, die den besten Deckmantel für die Adepten der Schale abgibt. Jeder glaubt, alles zu wissen … und übersieht dabei das Offensichtliche. Die Adepten haben gegenüber anderen Logen den Vorteil, daß sie keine weitverzweigte Organisation sind. Ihre Mitglieder zählen weniger als ein Dutzend. Keine Abspaltungen, kein jugendlicher Nachwuchs, keine Verästelungen in andere Länder. Die Adepten sind eine verschworene Gemeinschaft, und sie sitzen nah am Ohr des Heiligen Vaters, im Kreis seiner engsten Vertrauten.«
    »Aber was wollen sie?« fragte Jupiter. »Ich meine, welche Ziele verfolgen sie?«
    Janus lächelte bitter. »Sehen Sie, genau da beginnt das moralische Dilemma. Wie verwerflich ist es, die Grundfesten der Kirche zu schützen? Ich fürchte, darauf gibt es keine einfache Antwort.«
    »Zu schützen?« Coralina hatte geschwiegen, seit sie das Reservoir verlassen hatten. Jetzt meldete sie sich erstmals wieder zu Wort.
    »Was sollten die Adepten denn beschützen wollen?«
    »Vielleicht etwas Größeres, als Sie beide sich vorstellen können.«
    Jupiter blieb stehen und hielt den kleineren Mann an der Schulter zurück. »Spielen Sie keine Spielchen mit uns, Janus. Ich bin nicht in der Stimmung für noch mehr ominöse Andeutungen. Erzählen Sie uns, was Sie wissen, sonst laufen Sie Gefahr, daß ich die Scherbe Estacado gebe. Für unser Leben scheint mir das ein fairer Tauschhandel zu sein.«
    »Wollen Sie mir

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