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Das Haus des Daedalus

Titel: Das Haus des Daedalus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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aber war es der perfekte Köder. Ich habe mir all die Jahre gewünscht, dorthin zurückzukehren. Estacados Angebot war sehr verlockend. Gegen den Willen von Thadens erzählte er mir alles, von der Gründung der Adepten, ihrer Geschichte, und er zeigte mir ihr größtes Mysterium.«
    »Ein großer Fehler, so wie’s aussieht«, sagte Coralina.
    »Nein«, entgegnete Janus hastig. Für einen Moment legte sich ein verklärter Schleier über seine Augen. »Ich war überwältigt von dieser unglaublichen Vision, von den Dingen, die Estacado mir eröffnete. Für kurze Zeit war ich so etwas wie sein Schüler, verstehen Sie?«
    Jupiter hob eine Augenbraue, und Coralina knuffte ihn sanft in die Seite. Janus bemerkte es nicht. Er fuhr fort: »Ein, zwei Monate lang war ich wie geblendet. Ich bat Estacado, mich nicht fortzuschicken, ja, ich verlangte sogar, Mitglied der Adepten zu werden.«
    »Was Estacado überhaupt nicht gefiel«, ergänzte Jupiter.
    »Oh doch. Wäre es nach ihm gegangen, wäre ich in den Kreis der Adepten aufgenommen worden. Das Problem waren die anderen. Sie hatten nicht verhindern können, daß Estacado mich unter seine Fittiche nahm … aber sie konnten sehr wohl meine Aufnahme in den Bund vereiteln. Dazu ist die Zustimmung aller nötig, und das Ergebnis der Abstimmung war niederschmetternd. Estacado blieb nichts übrig, als sich zu fügen. Er wollte mich nach Asien schicken, wie er es versprochen hatte, doch von Thaden und Landini waren der Ansicht, daß ich durch mein Wissen ein zu großes Risiko geworden war … Ich will den Rest kurz machen. Estacado willigte ein, mich verschwinden zu lassen … auf Landinis Art und Weise. Ich konnte mich in Sicherheit bringen, doch ich beschloß, es nicht mit einer Flucht bewenden zu lassen. Es gibt einen kleinen Kreis von Personen im Vatikan, denen ich vertraue, und sie waren es, die ich einweihte. Gemeinsam beschlossen wir, den Einfluß der Adepten zu brechen.«
    Jupiter summte die Titelmelodie der Star-Wars-Filme und erntete einen verdutzten Blick von Janus. »Verzeihen Sie«, sagte Jupiter, »aber das klingt nach einer ziemlichen Räuberpistole.«
    Coralina war weniger diplomatisch. »Also ist Ihr einziges Motiv Ihre Enttäuschung. Ihre gekränkte Eitelkeit. Der Zauberlehrling, der von seinem Meister verstoßen wurde und nun die Besen tanzen läßt, um das Haus des Meisters zu zerstören.«
    Janus starrte sie finster an. »Ich habe nie behauptet, daß meine Motive edel und selbstlos sind.« Er massierte sich die Halsmuskeln und strich dabei fast zärtlich über die lange Narbe. »Aber wenn es nur Rache an Landini und den anderen wäre, die mich antreibt, hätte ich das einfacher haben können. Fast jeder hier im Vatikan hatte bereits unter der einen oder anderen Entscheidung zu leiden, die aufgrund der Einflüsterungen der Adepten getroffen wurden. Glauben Sie mir, es ist mehr als nur Vergeltung. Halten Sie mich denn tatsächlich für so einfältig?« Er gab ihnen keine Gelegenheit zu antworten. Statt dessen schüttelte er den Kopf und fügte rasch hinzu: »Sie kennen mich nicht. Sie sollten sich kein vorschnelles Urteil erlauben. Diesen Fehler haben Sie doch schon bei Estacado gemacht, nicht wahr?«
    Jupiter legte die Stirn in Falten. »Wir könnten alle zusammen in alten Wunden stochern. Na, wie wäre das?« Sein strafender Blick traf nicht nur Janus, sondern auch Coralina. Sie senkte den Blick, aber er sah ihr an, daß es in ihr kochte. Die Angst um die Shuvani, die Bedrohung ihres eigenen Lebens und die verwirrenden Ausführungen des kleinen Mannes waren ein explosives Gemisch. Er hoffte, daß sie nichts Unüberlegtes tun würde.
    Doch als sie nach einem Augenblick wieder sprach, klang sie gefaßt. »Ich möchte jetzt mit meiner Großmutter telefonieren.«
    Janus seufzte. »Wie Sie wollen. Aber Sie werden es kurz machen müssen. Dort oben ist es jetzt sehr gefährlich … für uns alle.«
    »Keine Sorge.« Coralina ging mit großen Schritten den Gang hinunter, ohne auf Janus zu warten.
    Jupiter schloß sich ihr an; zum ersten Mal konnte er die Befriedigung nachvollziehen, die sie empfand, wenn sie andere einfach stehenließ.
    Janus holte sie auf seinen kurzen Beinen ein. »Ich habe Ihr Handy in Ihrem Zimmer gesehen«, sagte er atemlos.
    »Ich hab’s liegenlassen.«
    »Ich kann Sie zu einem Apparat bringen. Um diese Uhrzeit wird dort niemand sein. Aber Sie müssen mir etwas versprechen.«
    »Wir sind in Ihrer Gewalt«, erwiderte Coralina sarkastisch. »Schon

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