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Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Haus der Gekreuzigten
Brüder begeben. Dort würden seine Befürchtungen
vertrieben werden. Er solle sich nicht fürchten, sondern auf
den Absender des Schreibens vertrauen, der ihm wohlgesonnen sei.
Nun zerschlug diese kurze Notiz grausam alle seine Hoffnungen: Der
geheimnisvolle Schreiber entschuldigte sich, weil er ihn nicht habe
treffen können, und bat ihn, in den alten Ruinen nordwestlich
des Tower zu warten. Horne zerriß den Brief, verließ
das Kloster und wanderte über dunkle, eisbedeckte
Landstraßen, die um Bauernhöfe und Katen
herumführten. Er schaute zum sternenübersäten Himmel
hinauf, und es fröstelte ihn - daran war nicht nur die
beißende Kälte schuld, sondern auch seine düstere
Angst vor dem, was ihn erwarten mochte. Sein gesunder
Menschenverstand drängte ihn wegzulaufen, aber er hatte schon
zu lange gewartet. Seit Jahren hing die Drohung wie ein Schwert
über seinem Kopf, und er wollte ihr ein für allemal
gegenübertreten. Als selbstbewußter Kaufmann glaubte
Horne außerdem, daß diese Begegnung seine Angst zu
einem guten Ende bringen könnte. Danach würde er, befreit
von seinem Teil der Schuld an jenem schrecklichen Verbrechen, das
vor so vielen Jahren begangen worden war, nach Hause gehen. Die
Baumreihe endete, und Horne stand am Rand der Gemeindewiese; in der
Ferne ragte der riesige Tower. Vielleicht sollte er dorthin gehen?
Er seufzte verzweifelt. Wer konnte ihm helfen? Sir Ralph war tot,
und der überlebende Hospitaliter hätte sicher keine Zeit
für ihn. Horne schluckte, als ihm die eigene Schuld zu
Bewußtsein kam. Sollte er weitergehen? Er schaute auf den
eisbedeckten Boden und lauschte mit halbem Ohr auf den kalten Wind,
der leise in den Bäumen stöhnte. Über ihm
krächzte ein Rabe, der zu den Schlickbänken am Fluß
flog, um zu jagen. Ein Fuchs kläffte so schrill, daß ihm
das Nackenhaar zu Berge stand. Er drehte sich um und starrte
beklommen den schlammigen Weg hinunter. War da jemand? Wurde er
verfolgt? Horne verzog das Gesicht zur Grimasse. Heute mochte er
ein fetter, reicher Kaufmann sein, aber vor fünfzehn Jahren
hatte er als Ritter gekämpft, Schulter an Schulter mit
Männern, die nichts auf der Welt fürchteten. Ja, er hatte
Schuld auf sich geladen, ebensoviel wie Whitton. Fitzormonde und
Mowbray waren immer Waschlappen gewesen; sie hatten gewinselt und
geheult, sie träfe keine Schuld. Aber Horne war mit Whittons
Plan einverstanden gewesen und hatte sich aus dem Gewinn ein
blühendes Geschäft aufgebaut.
    Er betastete den
langen Dolch, den er in seinem Beutel verbarg; der drahtumwickelte
Griff gab ihm Zuversicht. Wenn ein Mörder es auf ihn abgesehen
hatte, beruhigte er sich, dann war es besser, ihm
gegenüberzutreten statt sich in dunkler Nacht überraschen
zu lassen. Eine Eule schrie. »Sollen doch alle
Höllenhunde aus des Satans finsteren Abgründen
heraufkommen«, knurrte Horne. »Ich werde keinen Hieb
schuldig bleiben!« Seine leeren Worte trösteten ihn, als
er auf die Ruinen zuging, eine Ansammlung schneebedeckter
Steinblöcke. Die Alten sagten, der große Caesar habe
hier einen Palast gehabt. Zutiefst aufgewühlt von Angst,
Grauen und gezwungener Tollkühnheit, setzte Horne sich
zwischen die Ruinen. Gleich fühlte er sich sicherer; es war
zwar dunkel, aber die verschneite Gemeindewiese und das spröde
Eis würden ihn warnen, wenn ein Mörder sich
näherte.        
    Der Kaufmann schaute
sich in den Ruinen der römischen Villa um. Ein paar Schritte entfernt
stand eine halbhohe Mauer. Horne betrachtete sie verächtlich.
Ein Mörder, der dort lauerte, würde die freie Fläche
überqueren müssen, und Horne hatte etwas Besonderes
mitgebracht. Eine kleine Armbrust baumelte an seinem Gürtel,
und der Bolzen war bereits an seinem Platz. Die Dunkelheit wuchs.
Horne konzentrierte sich auf die Lichter in der Feme. Der Wein, den
er getrunken hatte, die Angst und die Anstrengungen ließen
ihn warm und schläfrig werden. Eine kurze, eiskalte
Windbö ließ ihn sich fester in seinen Mantel wickeln,
und er versuchte, das warme Blut in seinen Adern im Fluß zu
halten. Er starrte in die Finsternis, und sein Mut begann zu
verebben, während er sich fragte, wer sein seltsamer
Wohltäter wohl sein mochte. Er schloß die Augen, schlief
halb, döste. Das hatte Bartholomew Burghgesh ihm immer
geraten.
    »Ruhe dich aus,
wann immer du kannst, mein lieber Adam. Ein echter Soldat
ißt, trinkt, schläft und nimmt sich ein Weib, wann immer
sich Gelegenheit bietet.«
    Horne

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