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Das Haus des roten Schlächters

Das Haus des roten Schlächters

Titel: Das Haus des roten Schlächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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besser beherrschen.
Vielleicht sollte er Athelstan bitten einzugreifen?
»Also«, drängte er. »Wer war
da?«
    »Niemand, Sir
John.«
    »Was soll das
heißen?«
    »Naja, es war
niemand da.« Leif lehnte sich haltsuchend an den
Türrahmen. »Nur das hier.« Er hielt einen
verschlissenen Lederbeutel hoch, der oben zugebunden war und unten
feuchte, dunkle Flecken hatte. »Ich habe die Tür
aufgemacht«, berichtete Leif schwerfällig, »und es
war niemand da, nur dieser
Beutel.«     
    »Dann mach ihn
doch auf, Mann!« befahl Sir John
gereizt.   
    Er wandte sich ab, um
seinen Becher wieder vollzugießen, fuhr aber herum, als Leif
einen Entsetzensschrei ausstieß und die Magd ohnmächtig
zu Boden fiel. Der Bettler stand mit schreckgeweiteten Augen und
offenem Maul da. In der erhobenen Hand hielt er bei den Haaren den
Kopf des Ratsherrn und Kaufmannes Adam Horne.
    Nun hatte Cranston
schon öfter abgeschlagene Köpfe gesehen, etwa den des
ermordeten Wirts, oder wenn irgendein Lord auf dem Tower Hill
hingerichtet wurde. Aber dieser Anblick war wirklich grausig - nicht so sehr
wegen der halb geschlossenen Augen oder des immer noch blutenden
Halsstumpfes, sondern weil jemand den Mund aufgestemmt und die
zerfleischten Überreste von Hornes Genitalien hineingestopft
hatte.
    Cranston riß dem
entsetzten Bettler den Kopf aus der Hand und steckte ihn wieder in
den Beutel. Dann stieg er über die immer noch am Boden
liegende Magd hinweg, brüllte nach Maude und lief den Korridor
hinunter zur Tür. Er riß sie auf und stürmte die
Cheapside hinunter wie ein wütender Bulle; aber die
verschneite Straße lag verlassen da, und von dem
geheimnisvollen, grausigen Besucher war nichts zu sehen oder zu
hören. Cranston blieb stehen, beugte sich vor und erbrach sich
heftig, als das Grauen dessen, was er gesehen hatte, seinen Geist
erreichte und ihm den Magen auswrang wie einen nassen Lappen.
»Dieses Schwein!« flüsterte er. »O Gott,
hilf uns!«
    Er wankte ins Haus
zurück. Maude stand mit bleichem Gesicht am Fuße der
Treppe.
    »Sir John, was
ist?«
    »Geh hinauf in
dein Zimmer, Weib!« schrie Cranston. »Und bleib
dort.«
    Er wandte sich zu der
Dienerschaft, die sich an der Küchentür
zusammendrängte.
    »Du!«
kläffte Cranston einen an. »Du gehst und holst einen
Arzt! Und ihr« - er deutete auf die Köchin und ihre
Gehilfin -, »ihr bringt die Magd auf den
Söller.«
    Das arme, immer noch
halb ohnmächtige Mädchen wurde auf die Füße
gestellt. Cranston ging in die Küche. Leif saß auf einem
Schemel, als hätte ihn der Schlag getroffen. Der Beutel mit
seinem grausigen Inhalt lag da, wo Cranston ihn hatte fallen
lassen.
    Der Coroner lief
geschäftig durchs Haus; er rasierte sich, wechselte das Wams,
legte seinen Schwertgurt um und nahm den schwersten Mantel vom
Haken neben der Speisekammer. In einem Verschlag fand er einen
dicken Mehlsack und steckte vorsichtig den verschlissenen
Lederbeutel hinein.
    »Leif«,
befahl er, »sag Lady Maude, ich gehe zum Rathaus und dann
nach Southwark.«
    Der sonst so
widerspruchsfreudige Bettler war immer noch wie vom Donner
gerührt; er starrte den Coroner an und nickte mit offenem
Mund. Cranston warf sich den Mehlsack über die
Schulter.
    »Ach,
Leif…« Er drehte sich noch einmal um und grinste den
Bettler boshaft an. »Da ist noch mehr von diesem fetten
Eintopf, wenn du willst.«
    Leif fing an zu
würgen. Cranston stapfte zur Tür hinaus und murmelte
Racheschwüre gegen die ganze Welt.
    *
    In der Kirche von St.
Erconwald hatte Athelstan eben die Totenmesse beendet und segnete
gerade den Leichnam eines alten Säufers namens Tosspot, der im
Keller der Schenke Zum Gescheckten Pferd gehaust hatte. Tosspot war
am vergangenen Nachmittag tot aufgefunden worden. Da es keine
Angehörigen gab, hatten Pike und Watkin den Toten in einen
Leinensack genäht und auf einem Holzgestell vor dem Chorgitter
aufgebahrt. Athelstan hatte strikte Anweisung gegeben: Jeder Arme,
der in seiner Gemeinde tot gefunden wurde, bekam ein ehrenvolles
Begräbnis. Das galt auch für Tosspot. Athelstan schlug
das Kreuz über dem Leichnam und besprengte ihn mit Weihwasser.
Die üblichen Messebesucher, darunter auch Benedicta, sahen
fasziniert zu, wie Athelstan die Seele beschwor, zu Christus zu
gehen, und als Priester der Heiligen Kirche die himmlischen
Heerscharen anflehte, der Seele dieses Unglücklichen
entgegenzugehen, sie ins Paradies zu führen und nicht dem
Satan in die Hände fallen zu lassen. Dann schwieg

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