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Das Haus des Windes

Das Haus des Windes

Titel: Das Haus des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Erdrich
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eher Biertrinker, soweit ich weiß. Schnappt euch Jesus auch die Bierdosen weg und kippt sie aus?
    Das sollen wir uns dann so vorstellen.
    Interessant, sagte meine Mutter. Ihre Stimme klang neutral, formell, weder sarkastisch noch übertrieben enthusiastisch. Ich hatte geglaubt, sie sei noch dieselbe Mutter, nur mit eingefallenem Gesicht, spitzen Ellbogen und dürren Beinen. Aber allmählich fiel mir auf, dass sie jemand anderes war als meine Davor-Mutter. Als die, die ich als meine wahre Mutter ansah. Ich hatte gedacht, irgendwann würde meine wahre Mutter wieder auftauchen. Ich würde meine Davor-Mutter wiederkriegen. Aber jetzt begann ich zu ahnen, dass es vielleicht nie dazu kommen würde. Das verdammte Aas hatte ihr etwas geraubt. Etwas Warmes war weg und würde vielleicht nie wiederkommen. Diese neue, einschüchternde Person würde ich erst einmal kennenlernen müssen, und ich war dreizehn Jahre alt. Ich hatte nicht die Zeit dazu.
    Der zweite Tag in der YEC war noch besser als der erste – wir kriegten morgens unsere T-Shirts, die wir gleich über unsere anderen Klamotten zogen, und klopften uns auf die dornenbekränzten Heiligen Herzen Jesu auf unserer Brust. Wir gingen runter zum See und machten die Lippenbewegungen zu den Liedern, die alle anderen in der Gruppe kannten. Mit Neal waren wir jetzt beste Freunde. Die anderen Reservatskids, die wirklich frommen, deren Eltern Diakone waren oder für die Begräbnisse Kuchen buken, hatten Neal erzählt, wir vier seien die schlimmste Gang der ganzen Schule, was überhaupt nicht stimmte. Sie wollten Neal nur helfen, stolz auf sich zu sein, nachdem er gleich am Anfang sein schwaches Selbstbewusstsein eingestanden hatte. Unsere Aussichten auf dauerhaftes Seelenheil wurden leider dadurch geschmälert, dass Youth Encounter Christ nur auf zwei Wochen angelegt war. Unsere Bekehrung war auf den vorletzten Tag gefallen. Also bestand das Programm aus lauter Zusammenfassungen. Und weil dabei die Erkenntnisse der letzten zwei Wochen zusammengefasst wurden, hatten wir nicht allzu viel beizutragen.
    Ein Mädchen, deren Schwester wir kannten, Ruby Smoke, verkündete, sie sei von einer Schlange entbunden worden. Ich spürte, wie Zack neben mir zu zittern anfing, und rammte ihm den Ellbogen in die Seite. Angus kannte die Abläufe und murmelte eine Lobpreisung, aber Cappy fragte mit todernstem Gesicht: Von was für einer Schlange?, und Father Travis beugte sich vor und starrte ihn von der Seite an.
    Ruby war ein ziemlich dickes Mädchen mit hochtoupiertem, rot gesträhntem kurzem Haar und Kreolen in den Ohren. Viel Make-up. Ihr Freund Toast war auch da – klapperdürr, mit Basketballshorts und einem traurig krummen Rücken. Wie er richtig hieß, weiß ich nicht mehr, das wusste niemand. Ganz ohne Böswillen sah er Cappy an und sagte: Das geht dich gar nichts an. Eine Schlange ist eine Schlange. Cappy hob die Hände. Ich frag ja nur, Mann! Dann sah er zu Boden.
    Aber falls es dich interessiert, sagte Ruby, sie war riesig, und sie war braun mit Zickzackstreifen drauf. Und sie hatte goldene Augen, und der Kopf war keilförmig wie bei einer Klapperschlange.
    Eine Grubenotter, sagte ich. Du wurdest von einer Grubenotter entbunden.
    Father Travis blickte finster, aber Ruby sah ganz zufrieden aus.
    Ist schon okay, Pater, sagte sie. Joes Onkel ist Naturkundelehrer.
    Ich glaube sogar, fuhr ich ermutigt fort, es könnte eine Fer de Lance gewesen sein, das ist ohne Scheiß die tödlichste Schlange der Welt. Wenn die dich in die Hand beißt, hacken sie dir den Arm ab. So behandeln die das. Oder du bist von einem Buschmeister entbunden worden, die können drei Meter lang werden und lauern ihrer Beute stundenlang auf und können sogar eine Kuh erledigen. Wenn eine Fer de Lance zuschlägt, siehst du das nicht mal, so blitzschnell sind die.
    Alle nickten Ruby begeistert zu, und einer sagte: Nicht schlecht, Ruby! Sie sah richtig stolz aus. Dann ergriff Father Travis das Wort: Manchmal passieren Dinge ganz plötzlich, und deshalb bereiten wir euch in dieser Gruppe auch auf diese blitzschnellen Momente vor. Diese Momente sind eigentlich keine Versuchungen. Man reagiert instinktiv darauf. Versuchung ist ein langsamerer Prozess, und ihr erlebt sie morgens gleich nach dem Aufwachen oder abends, wenn ihr nicht wisst, was ihr tun sollt, wenn ihr müde seid, aber noch nicht schlafen könnt. Dann seid ihr in Versuchung. Dafür lernen wir, uns beschäftigt zu halten, zu beten. Aber ein schnell wirkendes

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