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Das Haus des Windes

Das Haus des Windes

Titel: Das Haus des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Erdrich
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bleibt das Problem. Der Mann hat dieses Verbrechen begangen, aber auf welchem Land? War es Stammesland? Privatbesitz? Staatliches Land? Wir können niemanden verklagen, solange unklar ist, welche Gesetze gelten sollen.
    Wenn es irgendwo anders passiert wäre …
    Klar, aber es ist hier passiert.
    Das hast du gleich gewusst, als Mom es erzählt hat.
    Du auch, sagte mein Vater.
    * * *
    Seit meine Mutter in meiner Gegenwart ihr Schweigen gebrochen und alles in Gang gesetzt hatte, was dann folgte, hatte ich darauf bestanden, dass mein Vater mich auf dem Laufenden hielt. Und das tat er auch teilweise, aber bei weitem nicht über alles. Die Hunde erwähnte er zum Beispiel mit keinem Wort. An dem Tag nach unserem Gespräch kam ein Suchtrupp in unser Reservat. Aus Montana, hatte Zack gehört.
    Wir fuhren ziellos durch die Gegend, umrundeten den großen Bauplatz hinter dem Krankenhaus, übten Wheelies und sprangen über einzelne Luzerne- und Springkrautbüschel. Es war Samstag, und Zelia war mit den anderen Jugendgruppenleitern bei einem Ausflug in die Peace Gardens. Nach ihrem Gruppenleiterworkshop würden sie alle abreisen. Der Workshop dauerte drei Tage, und Cappy machte den Worf.
    Er schleuderte mir seine klingonische Herausforderung entgegen, Heghlu meh qaq jajvam , probierte eine Volldrehung und packte sich ab.
    Heute ist ein guter Tag zum Sterben!, brüllte er.
    Fuck, yeah!, brüllte ich.
    Angus konnte am besten Data imitieren. Bitte fahren Sie in Ihren kleinlichen Streitereien fort. Sie sind sehr interessant. Er hob den Zeigefinger.
    In dem Moment kam Zack angeradelt und erzählte uns, was unten am See los war, mit Suchtrupps und Polizisten und Transportern mit extra requirierten Fischerbooten im Schlepptau. Als wir am See ankamen, sahen wir sie dann, die Hunde, die mit ihren Herrchen in vier Aluminiumbooten mit Außenbordern saßen, jedes mit höchstens fünfzehn PS. Die Hunde waren verschiedenrassig; ein Golden Retriever war dabei, ein kleiner, gedrungener, der aussah wie eine Mischung aus Pearl und dem räudigen Streuner von Angus, ein schlanker schwarzer Labrador und ein Schäferhund.
    Sie suchen nach einem versunkenen Auto, sagte Zack. So viel weiß ich zumindest.
    Ich wusste, dass es Maylas Auto war. Nach dem, was Mom erzählt hatte, wusste ich, dass ihr Angreifer es im See versenkt hatte. Und ich wusste, dass sie nach Mayla suchten. Ich konnte nicht aufhören, mir auszumalen, wie er versucht haben könnte, ihre Leiche zu beschweren und sie irgendwie in das Auto reinzukriegen. Daran wollte ich gar nicht denken, aber mein Kopf ließ diese schrecklichen Gedanken immer weiterlaufen. Wir sahen den ganzen Tag zu, wie die Hunde die Luft über der Wasseroberfläche prüften und die Herrchen jede ihrer Bewegungen verfolgten. Es war eine zähe Angelegenheit. Ruhig und methodisch bewegten sie sich über das Wasser, legten ein unsichtbares Gitternetz über den Grund des Sees. Sie arbeiteten bis Einbruch der Dunkelheit, dann schlugen sie direkt am Ufer ihre Schlafzelte und ein Küchenzelt auf.
    Am nächsten Tag fuhren wir früh los und kamen näher ran, spektakulär nahe sogar. Das hatten wir gar nicht geplant. Wir stellten unsere Räder ab und schlichen uns unbemerkt an die Zelte ran –dort herrschte eine neue Geschäftigkeit. Irgendein Beschluss war gefasst worden, und wir sahen, wie zwei Taucher in Neoprenanzügen mit einem der Boote rausfuhren und sich an der tiefen Stelle ins Wasser ließen, die wir alle kannten. Es gab eine steile Abbruchkante im Boden des Sees, und wo sie auf das Ufer traf, ging es sofort in eine Tiefe, die wir als Kinder auf mindestens dreißig Meter schätzten, obwohl es eher sieben waren. Oberhalb davon war eine Klippe, auf der wir es uns gemütlich machten und stundenlang zusahen. Wir wollten uns schon davonschleichen, als ein Abschleppwagen den zerfurchten Weg entlanggerumpelt kam. Die Sucher winkten ihn so dicht wie nur möglich rückwärts an das Ufer heran. Wir blieben in unserem Versteck im Gebüsch und waren ganz dicht dran, als das Auto, ein kastanienbrauner Chevy Nova, hochgekurbelt wurde und Wasser und Algen daran herunterströmten. Wir dachten natürlich, wir würden eine Leiche zu sehen bekommen, und Angus flüsterte, wir sollten auf was gefasst sein, wir würden Alpträume kriegen. Er hatte seinen ertrunkenen Onkel gesehen. Aber in dem Auto war keine Leiche. Wir spähten zwar durch ein paar Sträucher, hatten aber von unserem Standort trotzdem den perfekten Blick ins Innere des

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