Das Haus im Moor
»Was auch immer geschehen mag, Connie, ich will dich nicht aus den Augen verlieren.«
»Das wirst du auch nicht, Millie. Du kannst jederzeit zum Haus rauskommen. Von nun an werde ich dort oben leben.«
»Den ganzen Winter über?«
»Ja, den ganzen Winter, Millie.«
»Das wird ganz schön hart werden, Mädchen.«
»Ich werde mich daran gewöhnen. Und die O’Connors sind ganz in der Nähe.«
»Wie kommst du mit ihnen zurecht?«
»Wunderbar, sie sind alle großartig.« Constance schüttelte den Kopf. »Ich … ich glaube, ich könnte es sonst nicht ertragen. Es ist so dunkel im Winter und so einsam.«
Millie nickte zustimmend. »Ja, das kann ich mir vorstellen. Aber es gibt. Schlimmeres als Einsamkeit, Mädchen. Also, sobald das Wetter umschlägt, kommen wir dich besuchen, und vielleicht sind wir dann schon zu dritt.«
»Ich hoffe, daß alles so klappt, wie du es dir wünschst, Millie«, sagte Constance. Aber sie wußte, daß es so kommen würde, weil Millie Himmel und Erde in Bewegung setzen konnte, wenn es notwendig war, um das Kind zu bekommen – nicht so sehr um ihres eigenen Friedens willen, sondern eher für Harrys. Liebe hatte viele merkwürdige Gesichter.
Es war schon dunkel, als Constance zum Bungalow kam. Sie fühlte sich müde und krank und im Herzen eiskalt. Sie hatte mit ihrem Anwalt gesprochen und die Scheidung eingeleitet. Sie war auch bei dem Immobilienmakler gewesen, von dem sie den Bungalow erworben hatte, und hatte ihn gebeten, ihn so schnell wie möglich wieder zu verkaufen.
Wenn Jim auf seiner Geschäftsreise erfolgreich war und die Filmrechte an seinem Buch verkaufte, konnte er selbst eine Wohnung bezahlen. Wenn nicht, dann war das sein Problem und nicht ihres. Er hatte bereits die Hälfte der Tantiemen als Vorschuß erhalten. Den Rest würde er erst bekommen, wenn das Buch erschienen war, vielleicht in einem Jahr. Wenn er mit dem Schreiben seinen Lebensunterhalt nicht verdienen konnte, würde er das tun müssen, was viele bessere Schriftsteller auch taten: Er würde eine weitere Arbeit annehmen müssen, denn sie wollte ihn nicht länger unterstützen.
Nachdem sie sich ausgeruht und etwas gegessen hatte, packte sie das Porzellan zusammen und andere Dinge, die ins Auto paßten und an denen sie hing. Dann ging sie erschöpft zu Bett und fiel schließlich in einen unruhigen Schlaf.
Gegen neun Uhr am nächsten Morgen war das Auto bereits voll bepackt. Die Kofferraumhaube ließ sich nicht mehr schließen. Einen Satz Beistelltische brachte Constance schließlich noch auf dem Beifahrersitz unter. Dann ging sie noch einmal ins Haus und schrieb einen kurzen Brief:
Nachdem ich in der Quilter Street 18 war, habe ich die Scheidung eingereicht. Mit dem Verkauf des Bungalows habe ich den Immobilienmakler beauftragt. Die zurückgebliebenen Möbel werden abgeholt und verkauft. Du hattest drei Wohnmöglichkeiten zur Auswahl, und du hast deine Wahl getroffen. Ich möchte dich nicht mehr wiedersehen.
Constance unterschrieb den Brief nicht, sondern steckte ihn in einen Umschlag und stellte ihn auf den leeren Kaminsims. Dann ging sie zum Auto und fuhr davon.
Es begann, wieder zu schneien. Je näher sie den Hügeln kam, desto dichter wurde der Schnee, und plötzlich wünschte sie sich, daß er unablässig weiter fallen und sie für immer von der Außenwelt und allem, was dazugehörte, abschneiden würde. Jetzt hatte sie endlich das getan, worauf Peter schon seit langer Zeit bestanden hatte.
Erst als sie das Auto an einer geschützten Stelle unterhalb des Hauses abstellte und die Atmosphäre spürte, die von diesem Ort ausging, fragte sich Constance, ob sie wirklich den Mut gehabt hätte, den Bruch zu wagen und das Alleinsein anzugehen, wenn in dieser Wildnis nicht wenigstens einer der O’Connors auf sie warten würde. Aber ihre Antwort war ja. Ja, diesmal hätte sie es in jedem Fall getan, denn sie konnte ihr Leben mit Jim einfach nicht mehr ertragen.
Als sie aus dem Auto stieg, sah sie, daß Peter den schneebedeckten Hügel hinunterrannte. Davie und Michael folgten ihm.
»Oh, ich bin froh, daß du wieder da bist!« rief ihr Sohn. »Es gab eine Schneewarnung. Wir dachten schon, du würdest es nicht mehr schaffen, nach Hause zu kommen.« Er nahm ihre Hand..
Nach Hause, hatte er gesagt. Sie war zu Hause.
8
Es schneite die ganze Nacht. Am Donnerstag gab es eine kurze Unterbrechung, und die Sonne schien. Im Radio jedoch wurde bereits eine neue Schneewarnung durchgegeben.
Vincent hatte
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