Das Haus im Moor
gekommen«, sagte sie eisig, »wir wußten gar nicht, daß sie hier ist. Wir kommen wegen Ihnen.«
»Wegen mir? Was wollen Sie von mir? Ich …«
»Phil …« Ada stemmte ihre Hand in die Gegend, wo eigentlich ihre Taille sein sollte, und stellte gleichgültig fest: »Das ist meine Tante Connie, erinnerst du dich?«
Phyllis richtete langsam den Blick auf Constance, und ihre Lippen formten ein erstauntes ›O‹. Dann schloß sich der Mund wieder, die Augen wurden aufgerissen, und sie brach in Gelächter aus. Sie lehnte sich gegen die billige Anrichte, auf der eine Reihe Flaschen und Gläser standen. Constance starrte sie an und versuchte wieder einmal zu verstehen, was Jim dazu brachte, solche Typen aufzugabeln. Phyllis lachte immer noch, als sie fragte: »Also, was erwarten Sie von mir? Wenn Sie davon Schweißausbrüche kriegen, sollten Sie sich etwas einfallen lassen, damit er zu Hause bleibt. Zum Beispiel nett sein … und gehorsam.«
Ihre Stimme klang wie die eines Kindes. Auch ihr Körper war eher der eines Kindes.
Constance konnte nichts erwidern, sie stand einfach nur da und starrte das Mädchen an. Millie hingegen machte einen Schritt vorwärts und zischte: »Am liebsten würde ich dir mit der Faust ins Gesicht schlagen. Deine Nase gehört tief in die Gosse gesteckt, du verkommenes, kleines Luder! Dasselbe gilt auch für dich!« Sie wandte schnell den Kopf und sah ihre Tochter an. »Da hast du dir eine schöne Gesellschaft ausgesucht, nicht wahr? Sag mal, Miss« – sie streckte die Hand aus und packte Adas Kleid – »was tust du hier? Du weißt ganz genau, was passiert, wenn dein Dad Wind davon bekommt. Der taucht hier auf und begeht einen Mord. Er wird ihn umbringen … deinen Onkel Jim. Das weißt du, nicht wahr?«
Ada wand sich aus dem Griff ihrer Mutter, stieß sie weg und schrie: »Gut, laß ihn doch einen Mord begehen. Und dann laß ihn doch herausfinden, daß er’s umsonst getan hat. Ihr … ihr beide« – sie blickte von ihrer Mutter zu Constance – »ihr heiliges, mittelaltes Pack! Ich könnte kotzen. Ihr habt nichts, was ihr einem anderen Menschen geben könntet. Ihr seid doch genauso vertrocknet wie Sägemehl! Und dann wundert ihr euch noch, wenn eure Männer abhauen oder sich mit euch zu Tode langweilen! Du!« Sie wandte sich wieder an ihre Mutter. »Dein Körper hat doch noch nie Tageslicht gesehen! Ach, Gott, hinter jedem Fenster ist es wie in einem Kloster.«
Millie hob die Hand, aber Constance hielt sie zurück. »Tu’s nicht! Tu’s nicht, Millie.« Ada brüllte weiter: »Ich kann verstehen, daß er aus der Spur geraten ist. Du bist genauso wie dein Sohn: Ihr habt doch gar kein Geschlecht und noch dazu Angst davor, nicht wahr?«
Millie wollte sich erneut auf ihre Tochter stürzen, aber Constance hielt sie fest und schrie: »Nein! Nicht, Millie!«, und dann fiel Millie in sich zusammen und stand mit hängendem Kopf da.
Constance wandte sich mit bebender Stimme an Ada: »Was meinen Sohn betrifft, sage ich dir, wenn du ihn noch einmal in der Öffentlichkeit ansprichst oder ihn in anderer Weise belästigst, werde ich mich an die Polizei wenden. Und noch etwas: Ich werde keine Rücksicht mehr auf deine Mutter oder deinen Vater nehmen. Wenn du dich Peter noch einmal näherst, kommst du vor Gericht. Und glaub ja nicht, daß die Polizei dich nicht findet!«
Ada hatte dem nichts entgegenzusetzen, aber sie starrte Constance rachsüchtig an. Diese wandte sich jetzt an das andere Mädchen und sagte voller Verachtung: »Und Sie können meinem Mann ausrichten, daß ich hier war.«
»Und wissen Sie auch, was Sie tun können, Madam?« Der helle Kopf beugte sich vor, und das Babygesicht war vor Wut verzerrt. »Fahren Sie doch einfach zur Hölle!«
Constance und Millie starrten Phyllis an. Dann sagte Millie zu ihrer Tochter: »Pack deine Sachen und komm mit.«
Ada warf den Kopf zurück und klatschte in die Hände. »Hast du das gehört? Komm nach Hause, sagt sie! Du hast dich den Teufel um mich geschert, seit du mich rausgeworfen hast. Du warst doch froh, als ich weg war.«
»Du bist nicht rausgeworfen worden. Du bist auf eigene Verantwortung gegangen.«
»Na ja, du hast aber nicht gerade viel unternommen, um mich zu finden, oder?«
»Das hätte ja wohl auch nicht viel Sinn gehabt.«
»Woher weißt du das? Du hast es doch gar nicht erst versucht. Und noch etwas werde ich dir sagen. Und dir auch, liebe … Tante Connie. Wenn dein ach so schlechter Mann nicht gewesen wäre, hätte ich im
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