Das Haus in den Dünen
sich sicher. Sie würden ihn nie finden, er war zu schlau für sie. Viel zu schlau. Er hinterließ keine Spuren.
Er öffnete das Scheunentor und fuhr seinen Wagen aus dem Verschlag. Dann stieg er aus und räumte die Utensilien in den Kofferraum. Seine Gummistiefel und den gelben Overall, den er vor Tagen in einem Müllcontainer gefunden hatte, durfte er ebenfalls nicht vergessen.
Das Reagenzgläschen mit der trüben Flüssigkeit trug er äußerst vorsichtig zum Wagen. Das Zeug war aggressiv und gefährlich. Er legte es in eine mit Watte ausgekleidete Schachtel.
Er bog auf die Straße in Richtung Wilhelmshaven ab. Zuerst einmal galt es, die Lage zu sondieren. Vor allem würde er auf verdächtige Wagen achten. Den Cops war nicht zu trauen. Die brachten es fertig und standen noch immer nutzlos im Gelände herum.
*
Der Passat hatte sich in Accum hinter den schwarzen Corsa gesetzt und blieb auf Abstand. Zwei weitere Wagen befanden sich zwischen ihm und dem Zielfahrzeug. Bergkamp und Klein im Audi folgten in einiger Entfernung und Huneke im BMW war ebenfalls ein paar Wagenlängen dahinter. Der Corsafahrer hielt sich strikt an die Verkehrsregeln. Bei Langewerth bog er nach links in Richtung Antonslust ab. Er schien ziellos umherzufahren, nach Fedderwarden und anschließend zurück nach Schortens, wo er vor der Pizzeria Il Capriccio anhielt. Beinahe eine Stunde verbrachte er in der Gaststätte. Es war kurz nach zehn, als er wieder in seinen Wagen stieg und in Richtung Sillenstede davonfuhr.
»Achtung, nicht zu nahe ran!«, raunte Helge, als der BMW dem Zielfahrzeug seiner Einschätzung nach zu dicht hinterherfuhr. »110, an der nächsten Einmündung biegt ihr ab, wir bleiben hinter ihm, verstanden?«
»Wilhelm 110, verstanden«, quittierte die Besatzung des BMW.
Von Sillenstede fuhr Grevesand nach Waddewarden und anschließend nach Hooksiel. Dort parkte der Opel Corsa fast eine Stunde lang vor dem Muschelmuseum, ohne dass der Fahrer ausstieg. So sehr sich Helge Bergkamp auch anstrengte, er konnte nicht erkennen, was Grevesand im Wagen machte.
Es war schon kurz vor Mitternacht, als der Corsa erneut losfuhr. Diesmal ging die Fahrt über die Schnellstraße zurück nach Wilhelmshaven.
»An alle Einheiten«, meldete Helge Bergkamp. »Wir bleiben direkt hinter ihm. Dicht aufschließen, ich will nicht, dass wir ihn in der Stadt verlieren.«
»110 verstanden.«
»120 hat klar«, quittierten die Kollegen aus dem Passat.
Bei Altengroden bog Grevesand in Richtung Innenstadt ab. Direkt vor Bergkamp fuhr ein dunkler Van, davor der Corsa.
»Jetzt aufpassen, damit er uns nicht abhängt«, ermahnte Helge seinen Fahrer.
Über die Ostfriesenstraße ging es stadteinwärts.
»Ich hasse es, wenn die Straßenlaternen alles ausleuchten«, bemerkte Klein. »Ich komme mir vor wie auf dem Präsentierteller.«
Sie fuhren auf die Kreuzung mit der Kurt-Schumacher-Straße zu. Die Ampel zeigte Grün. Es herrschte nur noch wenig Verkehr.
Als der Corsa noch knappe fünfzig Meter von der Kreuzung entfernt war, schaltete die Ampel auf Gelb um. Der Corsa verringerte seine Geschwindigkeit.
Dann plötzlich gab Grevesand Gas.
»Du musst ihm folgen, er hängt uns ab!«, schrie Helge.
Klein beschleunigte, doch der Van vor ihm bremste schon ab, um an der roten Ampel anzuhalten.
»Auf die Linksabbiegerspur!«, befahl Helge Bergkamp.
Klein beschleunigte den Audi und zog nach links. Mit beinahe achtzig Stundenkilometern brauste er auf die Kreuzung zu. Plötzlich schoss rechts neben ihm ein Schatten vorbei.
»Was macht der Spinner bloß!«, schrie Klein laut auf und trat auf die Bremse, als ihn der fremde Wagen schnitt. Die Ampel zeigte für seine Richtung längst Rot, und der Querverkehr auf der Kurt-Schumacher-Straße war bereits angefahren.
Bergkamp starrte mit weit aufgerissenen Augen durch die Windschutzscheibe. »Das ist keiner von uns! Gib Gas, fahr weiter!«
Noch bevor Klein das Gaspedal durchtreten konnte, rasten von links zwei Scheinwerfer auf ihn zu. Die Bremsen des Tanklastzugs quietschten laut, doch es war zu spät. Mit voller Wucht knallte der Lastwagen in die linke Seite des zivilen Polizeifahrzeugs. Der Audi wurde durch die Luft geschleudert, fiel auf die Seite und kippte um. Er schlitterte auf dem Dach über die Straße und blieb in Höhe des Mittelstreifens liegen.
Helge Bergkamp lief Blut über die Stirn, der Gurt schnitt in seine Schulter und sein Arm schmerzte entsetzlich. Er wollte den Kopf wenden, um nach seinem Kollegen
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