Das Haus in den Dünen
versuchen wird«, bemerkte Alex.
»Wir müssen zumindest damit rechnen«, antwortete Trevisan. Sein Handy klingelte. Er ging ein Stück zur Seite und sprach kurz mit Till, der sich aus dem Krankenhaus meldete.
»Bergen kann nicht viel sagen«, erklärte er, nachdem er wieder zurückgekehrt war. »Till hat den Eindruck, dass er tatsächlich nicht weiß, wer auf ihn geschossen hat.«
»Oder die Sache, um die es geht, ist so heikel, dass er bewusst nichts darüber herauslässt«, wandte Alex ein. »Vielleicht muss er befürchten, dass nicht nur der Mörder ihn zur Rechenschaft ziehen wird, wenn herauskommt, was hinter dem Anschlag steckt.«
»Ein Verbrechen?«, fragte Tina.
»So etwas in der Art«, bestätigte Alex.
»Wenn wir herausfinden, in welche Geschichte unsere Opfer verwickelt waren, dann haben wir den Täter«, murmelte Trevisan. »Davon bin ich überzeugt.«
»Dann sollten wir vielleicht ein wenig Druck auf Bergen ausüben«, schlug Alex vor.
»So viel Druck wie möglich«, bestätigte Trevisan. »Ich habe die uniformierten Kollegen abgezogen. Till und Anne bleiben vorerst im Krankenhaus. Ihr müsst sie so schnell wie möglich unterstützen.«
*
Sie war überrascht, wie einfach es war, von Langeoog zu verschwinden. Als sie die Fähre betrat, blickte sie sich noch einmal um. Die Polizisten kontrollierten ausschließlich Männer. Männer, die etwa ihrer Statur entsprachen. Sie kannten also nur die halbe Wahrheit. Schwieg Bergen? Oder wusste er gar nicht mehr, um was es ging? Hatte er längst vergessen, was er vor neunzehn Jahren auf Spiekeroog angerichtet hatte? Sicherlich, er war damals nicht die treibende Kraft gewesen, trotzdem hatte er sich hinreißen lassen. Und nun würde er dafür bezahlen.
Sie saß auf der Holzbank im Zwischendeck und lächelte. Das war ihre Chance. Sie suchten nach einem Mann. Und genau dieser Umstand würde ihr eine weitere Chance eröffnen. Und diesmal würde sie ihre Chance nutzen. Wenn doch nur dieser Kerl mit dem Hammer in der Hand nicht aufgetaucht wäre. Dann hätte sie jetzt alles hinter sich lassen und ein neues Leben beginnen können.
Vor Wochen, als sie in den Norden gefahren war, hatte sie sich keine Gedanken darüber gemacht, wie es hinterher weitergehen würde. Einzig und allein ihr Schwur, den sie damals auf dem langen Flur in der Klinik geleistet hatte, war ihr wichtig gewesen. Doch nun, so kurz vor dem Ziel, kamen ihr andere Gedanken in den Sinn. Das Leben war schön – zu schön, um es leichtfertig wegzuwerfen. Sie hatte noch eine Zukunft. Das Geld aus der Erbschaft würde für ein einfaches Leben irgendwo weit im Süden ausreichen. Und für Lucia war gesorgt. Wenn es so weit wäre, dann würde sie ihre Schwester nachholen. Früher hatte sie ihr oft von den Stränden auf der Insel im Mittelmeer erzählt.
Das Signalhorn der Fähre riss sie aus ihren Gedanken. Der Hafen von Bensersiel kam in Sicht. Jetzt musste sie erst einmal herausfinden, wohin Bergen gebracht worden war. Er war nicht allzu schwer verletzt. Bestimmt würde er in ein paar Tagen das Krankenhaus wieder verlassen können. Würde er einfach nach Langeoog zurückkehren und sein Leben weiterführen wie bisher? Arglos?
Nein, bestimmt würde ihn die Polizei ausfragen und eine Verbindung zu den Toten in Wilhelmshaven herstellen. Dann wüsste Bergen bald, wer auf ihn lauerte, und würde untertauchen.
Nein, sie musste es sofort versuchen. Im Krankenhaus.
44
»Wir postieren unsere Leute überall an den Zugängen und überwachen die Flure. Er wird morgen früh auf ein Privatzimmer am Ende des Flurs verlegt. Dahin kommt man nur entweder über das Treppenhaus oder den Fahrstuhl. Am Ende des Flures ist ein Verbindungsgang. Die Stahltür ist verschlossen. Nur wer einen Schlüssel hat, kann da durch.«
»Das Sondereinsatzkommando steht bereit«, warf Monika Sander ein. »Sie halten sich im oberen Stockwerk auf und operieren verdeckt. Sobald sich etwas Verdächtiges ereignet, sind sie in zwei Minuten über den internen Gang am Einsatzort.«
Beck studierte den Grundriss des Krankenhausgebäudes. »Wir müssen auf alle Fälle die Gefährdung unbeteiligter Personen ausschließen können. Mir ist nicht ganz wohl bei der Sache. Warum leitet Trevisan den Einsatz nicht selbst? Wo ist er überhaupt?«
»Er sagte, er habe noch etwas zu erledigen«, antwortete Monika Sander. »Er wird rechtzeitig hier sein.«
»Und wer passt jetzt auf den Mann auf?«
»Alex und Tina sind im Krankenhaus«, erklärte
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