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Das Haus in den Dünen

Das Haus in den Dünen

Titel: Das Haus in den Dünen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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unverzeihliche Fehler begangen. Er hatte offenbar nicht Veronikas Erzählungen aufgenommen, sondern selbst Fragen ausformuliert, die dann die erwarteten Antworten weitestgehend schon enthielten. Als man Veronika fand, lag eine Packung Zigaretten in ihrer Nähe. Dieser Umstand brachte die Theorie ins Spiel, dass das heimliche Rauchen Ursache dieser Katastrophe gewesen war. Doch niemand hatte die Zigaretten untersucht, niemand hatte überhaupt Spuren gesichert. Nachdem die Brandursache vermeintlich feststand, war das Verfahren recht zügig und ohne tiefergehende Untersuchungen abgeschlossen worden.
    Tatsächlich fest stand, dass sich das Feuer schnell im Haus ausgebreitet und die beiden Mädchen im Inneren eingeschlossen hatte. Veronika hatte sich ein paar oberflächliche Brandverletzungen an den Händen zugezogen. Ansonsten war im Bericht nichts über ihre Kleidung und ihren Zustand erwähnt. Lediglich aus einem Satz eines Arztes war herauszulesen, dass sie eine Hemdbluse getragen hatte.
    War das die Verbindung zu den Hemdenknöpfen?
    Für Trevisan stand fest, dass hier etwas nicht stimmte. Er musste unbedingt mit Holger Bergen über den Brand auf Langeoog reden. Und er würde ihn zu Antworten zwingen.

 
     
46
    Die Nacht über war es ruhig geblieben. Niemand hatte sich bislang Bergens Zimmer genähert, der nicht berechtigt war oder nicht zum Klinikpersonal gehörte. Mittlerweile wussten alle Kollegen, dass es sich beim Täter um eine Frau handeln konnte. Trevisan hatte alle notwendigen Vorkehrungen getroffen. Die beiden Kollegen, die das Zimmer beobachteten, hatten Bilder der Krankenschwestern und der beiden Ärzte erhalten, die auf der Station arbeiteten. Sie waren angewiesen, jeden zu überprüfen, der sich Bergens Zimmer näherte, wenn sie nicht den Personen auf den Fotos entsprachen. Selbst Klinikpersonal sollte nicht ausgespart werden. Schließlich arbeiteten hier weit über zweihundert Angestellte und nicht von jedem konnten auf die Schnelle Bilder besorgt werden. Das wäre auch schlichtweg unsinnig gewesen, denn wer sollte bei einer so hohen Zahl noch den Überblick behalten.
    Bevor Trevisan zusammen mit Till Schreier nach Aurich in die Klinik fuhr, erkundigte er sich bei der Einsatzzentrale, ob sich die Kollegen aus Würzburg schon gemeldet hatten. Doch leider war noch keine Nachricht aus dem Süden eingetroffen.
    Kurz nach acht trafen sie vor der Klinik ein. Die Fenster spiegelten die Sonnenstrahlen wider und Trevisan schloss für einen Moment geblendet die Augen. Sie gingen durch die Glastür, und er blickte sich aufmerksam um. In der Nähe des Kiosks stand ein junger Mann im Morgenmantel an einem Stehtisch und las Zeitung. Ein Kollege von der Fahndungsabteilung. »Wir müssen aufpassen, dass wir nicht auffallen«, hatte Trevisan den Kollegen gesagt. »Mischt euch einfach unter die Patienten, lasst eurer Phantasie freien Lauf.«
    Trevisan und Till fuhren mit dem Fahrstuhl in den dritten Stock. Dort war die Abteilung IV untergebracht, die Unfallchirurgie. Holger Bergen lag im Zimmer 343. Unterwegs begegneten ihnen drei getarnte Mitarbeiter. Verkleidet als Reinemachefrau, Krankenschwester und als Arzt hielten sie sich in der Nähe des Zimmers am Ende des Flures auf. Im Zimmer selbst lagen zwei weitere »Patienten«, auch sie waren Kollegen. Noch nicht einmal Bergen selbst wusste, dass seine Bettnachbarn Kriminalbeamte waren.
    Holger Bergen lag im mittleren Bett. Seine Gesichtsfarbe ähnelte einer gekalkten Wand. Offenbar ging es ihm nicht besonders gut, denn hin und wieder seufzte er gequält. Vor allem, als er seinen Kopf leicht in Trevisans Richtung drehte.
    »Guten Morgen, Herr Bergen.« Trevisan zog sich einen Stuhl ans Bett. »Mein Name ist Martin Trevisan, meinen Kollegen Till Schreier kennen Sie ja bereits.«
    Bergen seufzte erneut. »Ich habe bereits alles erzählt, was ich weiß. Ich möchte bloß wissen, was der Kerl wollte. Selbst wenn wir einen guten Tag haben, liegen meist nicht mehr als dreihundert Mark in der Turmkasse. Das lohnt sich doch gar nicht.«
    »Wieso sind Sie so sicher, dass der Täter Geld wollte?«
    Bergen zog die Stirn kraus. »Was denn sonst?«
    »Sie!«, antwortete Trevisan kalt.
    Bergen versuchte ein Lächeln, doch es misslang, weil er vor lauter Ungläubigkeit seinen gesunden Arm in einer wegwerfenden Geste gehoben hatte. Er stöhnte vor Schmerz auf. »So … so ein Blödsinn! So einen Blödsinn kann sich nur die Polizei ausdenken.«
    »Denken Sie nach«, sagte Trevisan.

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