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Das Haus in den Dünen

Das Haus in den Dünen

Titel: Das Haus in den Dünen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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sogar Psychosen … Erst im letzten Monat hatte sich ein Kollege, den Trevisan aus früheren Tagen kannte, in Hannover erschossen, weil er mit dem Leben, aber vor allem mit den Belastungen des Dienstes nicht mehr klargekommen war. So weit durfte man es nicht kommen lassen.
    Trevisan warf einen Blick in den Flur. Till Schreier stand vor seiner Bürotür und kramte in der Hosentasche.
    »Guten Morgen«, sagte Trevisan. »Bist du wieder gesund?«
    Till zog ein Taschentuch hervor und schnauzte seine Nase. »Gesund ist wohl zu viel gesagt, aber für den Schreibtisch wird es wohl reichen.« Seine krächzende Stimme überschlug sich mehrmals.
    »Bist du sicher, dass du schon wieder anfangen willst?«, fragte Trevisan verlegen.
    »Könnt ihr denn auf mich verzichten?«
    Trevisan schüttelte den Kopf.
    »Eben«, sagte Till und verschwand in seinem Büro.
    Trevisan blieb noch eine Weile auf dem Flur stehen. Paula hatte ihn gestern Abend gebeten, ihr einen neuen Taschenrechner aus der Stadt mitzubringen. »Einen modernen Rechner mit Speicherfunktionen«, hatte sie gesagt. Er überlegte, ob er jetzt gleich in die Fußgängerzone gehen sollte.
    Ein lauter, krächzender Fluch riss ihn aus seinen Gedanken. Till Schreier kam mit hochrotem Kopf aus seinem Büro gerannt, einen Briefbogen in seiner Hand.
    »Es ist unglaublich, unglaublich«, schimpfte er. »Diese elenden Formaljuristen und Schwanzklemmer. Da, lies selbst!«
    Trevisan überflog die Zeilen. Ein Schreiben vom Finanzamt.
    »Sie sehen die Herausgabe von Daten als rechtlich bedenklich und verschanzen sich hinter dem Steuergeheimnis«, ereiferte sich Till. »Kein« Wunder, dass es mit diesem Land bergab geht. Wir haben ein Konstrukt von Vorschriften und Gesetzen, das nur noch lähmt. Wir stellen uns täglich selbst ein Bein und wundern uns, dass wir ständig nur herumstolpern.«
    Trevisan gab ihm das Schreiben zurück. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Wir haben beim Finanzamt unseres Bezirkes angefragt, ob sie uns die Daten der steuerbefreiten Fahrzeughalter übersenden. Wegen unseres Brandstifters – schließlich hat er ein Auto und ist gehbehindert.«
    Trevisan verstand. »Du weißt doch, solche Allgemeinanfragen haben die Behörden nicht gern. Sie denken dann gleich an Datenschutz und Rasterfahndung und da sind sie eben unsicher, was erlaubt ist und was nicht. Versuch es noch einmal über die Staatsanwaltschaft. Vielleicht fertigt ein Richter einen Beschluss aus, wenn ihr eure Anfrage etwas präzisieren könnt.«
    Till zog die Stirn kraus. »An die Zeit, die wir mit unnötigem Formalismus vergeuden, daran denkt keiner. Was glauben die eigentlich, machen wir mit den Daten, die wir nicht verwerten – aushängen vielleicht?«
    »Speichern, bis wir vom Geburtstag über das Bankkonto, die Sexualpraktiken und den Gesundheitszustand alles über die Person wissen. Der gläserne Mensch eben. Zumindest behaupten das einige Interessenverbände und jetzt sogar schon einzelne Parteien. Genau deswegen ist unsere Ermittlungsarbeit in den letzten Jahren nicht einfacher geworden.«
    »Also gut, dann telefoniere ich eben mit der Staatsanwaltschaft«, seufzte Till und wandte sich um.
    Trevisan schaute ihm nach, bis er in seinem Büro verschwunden war.
    »Sie haben recht, Herr Trevisan«, traf ihn eine Stimme im Rücken. Die Polizeidirektorin stand hinter ihm. Sie lächelte. »Alles ist schwieriger geworden und unser Formalismus nimmt stetig zu. Und wie steht es in Ihren Fällen? Ich hörte, gestern hat es wieder gebrannt.«
    »Davon habe ich auch gerade erst erfahren«, antwortete er und erklärte: »Wir haben uns aufgeteilt. Monika Sander kümmert sich um die Brandserie und ich bearbeite den Mord an den Lastwagenfahrer draußen im Industriegebiet am Banter See.«
    »Und wie kommen Sie voran?«
    Trevisan atmete tief ein. »Es deutet vieles darauf hin, dass die Exfrau die Tat begangen hat. Sie ist untergetaucht. Wir fahnden nach ihr.«
    »Schön, dann sehen Sie zu, dass Sie das Verfahren so bald wie möglich abschließen. Sie wissen doch, bei Mord lastet das Interesse der gesamten Öffentlichkeit auf uns.«
    »Ich werde sehen, was sich tun lässt«, entgegnete Trevisan lakonisch.
    *
    Es waren ein paar schöne Tage gewesen, die sie mit ihrer neuen Bekanntschaft mit dem Namen Joe zugebracht hatte. Beinahe hatte sie vergessen, warum sie die lange Reise nach Friesland angetreten hatte. Doch so plötzlich, wie er in ihr Leben geplatzt war, so schnell war er auch wieder verschwunden. Zurück blieb

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