Das Haus in den Dünen
»Er war alleine eingeteilt. Ich hab heute die Tour nach Holland.«
»Die meisten Tankstellen haben nachts doch geschlossen«, wandte Tina ein.
Arndt lächelte geistesabwesend. »Die bestellen und wir liefern, die Maschinen müssen laufen. Wir haben für jeden unserer Kunden einen Schlüssel zum Tanklager und für den Füllstutzen. Da muss niemand dabei sein.«
»Kannten Sie Willo Brunken näher?«, fragte Trevisan.
Arndt fuhr sich über die breite Stirn. »Wir sind Kollegen. Er gehört einer anderen Generation an. Aber er ist ein feiner Kerl. Ich kann nur Gutes über ihn sagen. Er hat auch ausgeholfen, wenn man seine Schicht tauschen musste.«
Trevisan ging zum Fenster und warf einen Blick hinaus. Arndts LKW stand direkt gegenüber.
»Ihr Lastwagen hat eine Schlafkabine, Willos Wagen hatte keine, wie kommt das?«
»Mit diesem hier holen wir Sprit in Rotterdam, direkt bei der Raffinerie. Da ist man schon mal länger unterwegs. Die Auslieferungswagen fahren nur hier in der Gegend.«
»Ist Willo Brunken auch nach Holland gefahren?«
Arndt schüttelte den Kopf. »Der macht nur Auslieferung.«
»Ich dachte, wir hätten hier einen Ölhafen«, bemerkte Tina. »Warum dann nach Holland fahren?«
Er zuckte die Schultern. »Wir sind eine freie Handelsgesellschaft und kaufen, wo es am günstigsten ist.«
»Und das lohnt sich? Trotz der weiten Fahrt?«
»In Holland treffe ich viele Kollegen aus Deutschland. Also muss es sich wohl rentieren. Der Firma geht’s jedenfalls gut. Erst letzte Woche haben wir wieder einen neuen Fahrer eingestellt, weil unser Kundenstamm stetig anwächst.«
Trevisan nickte. »Hat sich Willo Brunken in letzter Zeit komisch benommen oder hat er etwas gesagt, vielleicht, dass er bedroht wird oder Probleme hat?«
,Wissen Sie, Herr Kommissar », antwortete Arndt,« wir sehen uns zwischen Tür und Angel. Ich weiß nur, dass seine Frau schwanger ist. Er ist stolz und freut sich darauf, Vater zu werden.«
Trevisan warf Tina einen Blick zu. »Gut, das wäre alles. Wie kann ich den Geschäftsführer oder den Disponenten erreichen?«
Arndt kramte eine Visitenkarte aus seiner Jackentasche. »Ich schreibe Ihnen die Nummer hier auf.«
Als Trevisan kurze Zeit später im Wagen vom Betriebsgelände fuhr, warf Tina noch einmal einen Blick auf Arndts Lastwagen. »Das mit der Schlafkabine«, sagte sie. »Hast du gedacht, dass Brunken Flüchtlinge aus Holland einschleust?«
»Wäre doch immerhin möglich gewesen«, erwiderte Trevisan. »Aber wenn er nicht ins Ausland gefahren ist, dann können wir diese Theorie vergessen.«
»Und wer sagt es jetzt seiner Frau?«
Trevisan schaute auf die Uhr im Armaturenbrett. Es war kurz nach vier. »Wir wollen ihr noch ein paar Stunden Schlaf gönnen. Ob sie es jetzt oder in fünf Stunden erfährt, das macht ihn auch nicht mehr lebendig.«
*
Monika hatte gehört, dass es mitten in der Nacht am Seedeich einen Mord gegeben hatte, dennoch war sie mit Till am frühen Morgen zur Diskothek Nachtschicht losgefahren. Der Termin war wichtig, der Inhaber erwartete sie. Trevisan war noch nicht wieder im Büro und wenn alles glatt lief, waren sie in zwei Stunden wieder zurück. Vielleicht gelang es endlich, den Kreis um den Feuerteufel vom Wangerland enger zu ziehen.
Sie bogen von der B 210 in Richtung Wittmund ab. Kaum zehn Minuten später stoppten sie vor dem langgestreckten Gebäude. Der Parkplatz war bis auf einen Kleintransporter leer, aber die Tür zur Disco stand offen.
Sie stiegen aus und betraten den dunklen Vorraum.
»Hallo, ist da jemand?«, rief Monika.
Der Vorhang, der den Eingangsbereich vom Inneren abtrennte, wurde zur Seite geschoben. Ein junger Mann um die dreißig erschien. Er trug eine blaue Latzhose und hatte einen Schraubenschlüssel in der Hand. Mit wachem Blick musterte er die beiden Kriminalbeamten. Schließlich lächelte er. »Haben Sie mich gestern angerufen?«
»Monika Sander, Kripo Wilhelmshaven.« Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Das ist mein Kollege Till Schreier.«
»Angenehm. Thilo Rohlfs. Kommen Sie herein.« Er führte die beiden an die Bar. »Wollen Sie etwas trinken, Orangensaft oder Cola?«
Dankend lehnte Monika ab. »Als wir gestern miteinander sprachen, erwähnten Sie einen Vorfall mit einem Mann, auf den unsere Beschreibung passen könnte.«
»Ja, das war samstags, so vor sechs bis acht Wochen«, antwortete Rohlfs. »Wir hatten unsere Entweder-Oder-Party. Wir machen ab und zu so’n Event, weil wir unseren Gästen etwas bieten
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