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Das Haus in den Wolken

Titel: Das Haus in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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hatte sich in der Türnische eines Ladens untergestellt, während die Leute rundherum unter die nächsten Vordächer flüchteten und das Wasser schäumend durch den Rinnstein sprudelte.
    Die Türnische, in der er Schutz gesucht hatte, gehörte zu einem Modistengeschäft. Der Name, Elaine’s , stand in Schwarz und Silber auf der Glastür. Auf der einen Seite von Richard befand sich die massige braune Mauer eines Bürogebäudes; auf der anderen waren Hüte auf verschieden hohen Ständern, die, durch das regennasse Glas des Schaufensters gesehen, zu schweben schienen. Das Gesicht einer Frau wurde hinter den Hüten sichtbar. Mit hellgrauen Augen sah sie Richard einen Moment an, bevor sie sich entfernte. Er schüttelte seinen Schirm aus, öffnete die Tür und trat in den Laden.
    Sie – Elaine, vermutete Richard – machte eine Bemerkung über das hässliche Wetter. Er entschuldigte sich, dass er sich vor ihrem Laden untergestellt hatte, worauf sie ihm lächelnd anbot zu bleiben, bis der Regen nachließ. Sie war Ende zwanzig, vielleicht auch Anfang dreißig, und er war fasziniert von dieser schönen Frau mit dem platinblonden Haar, das glänzend und glatt auf ihre Schultern herabfiel. Sie trug ein schwarzes Kleid mit cremefarbenem Kragen, schlichte Perlenohrringe und ein Ehering waren der einzige Schmuck. Sie hatten ein paar Worte gewechselt, dann war Richard wieder gegangen.
    Aber in den Tagen danach hatte er immer wieder an sie denken müssen. Und nun stand er erneut vor ihrem Hutgeschäft.
    Sie blickte auf, als sie das Läuten der Ladenglocke hörte, und lächelte.
    Â»Wieder vom Regen überrascht?«
    Â»Ich wollte eigentlich meiner Frau einen Hut kaufen.«
    Â»Gern, Sir. Hatten Sie an etwas Bestimmtes gedacht?«
    Â»Nein. Vielleicht können Sie mich beraten.«
    Â»Mit Vergnügen. Ist Ihre Frau dunkel oder blond?«
    Â»Dunkel.«
    Â»Groß oder klein?«
    Â»Groß – etwa Ihre Größe, schätze ich.«
    Â»Dann könnte sie gut einen Florentiner tragen. So etwas vielleicht.« Sie nahm einen breitkrempigen rosafarbenen Hut von einem der Ständer. »Soll ich ihn aufsetzen?«
    Â»Bitte«, murmelte Richard.
    Sie kehrte ihm den Rücken, um in einen Spiegel zu sehen, und rückte den Hut zurecht. Die breite schwingende Krempe beschattete ihre ungewöhnlichen Augen.
    Â»Hübsch, sehr hübsch«, sagte Richard. »Aber ich glaube, meine Frau trägt kein Rosa.«
    Â»Dann vielleicht Dunkelblau. Dunkelblau ist nie verkehrt.«
    Sie probierte einen zweiten Hut auf. Der gleiche Ablauf – die Abkehr von ihm, der Blick in den Spiegel, das Zurechtdrücken und -rücken des Huts, schließlich der Auftritt: das Lächeln und der gesenkte Blick, als sie sich ihm zur Beurteilung präsentierte. Er fragte sich, ob sie mit ihm flirtete.
    Ein halbes Dutzend Hüte wurde probiert; am Ende entschied er sich für den dunkelblauen. Während er das Geld auf den Tisch zählte, wurde sein Kauf verpackt und eine Quittung auf seinen Namen ausgeschrieben.
    Â»Wenn Ihre Frau mit der Farbe oder der Passform nicht zufrieden ist, Mr. Finborough«, sagte sie, als sie ihm die Hutschachtel überreichte, »dann bringen Sie den Hut bitte zurück, und ich tausche ihn um.«
    Draußen glänzte die vom Regen rein gewaschene Straße im Sonnenschein. »Vielen Dank für Ihre Hilfe, Mrs. …?«
    Â»Davenport«, sagte sie. »Mrs. Davenport.«

    Rückblickend glaubte Ruby nicht, dass es einen bestimmten Moment der Offenbarung gab, in dem sie erkannt hatte, dass sie Philip Finborough liebte. Es war mehr ein fortschreitender quälender Prozess der Entdeckung, dass aus ihrer Kleinmädchenschwärmerei Liebe geworden war, mit allem Glück und allem Schmerz. Kein anderer konnte Gefühle bei ihr wecken wie Philip. Jeder Blick, jede Berührung von ihm elektrisierte sie. Es gab nichts an ihm, keine Geste, keine Bemerkung, die sie nicht anziehend oder liebenswert fand. Er verzauberte die Welt und er verzauberte sie. Wenn Philip da war, war sie ein besserer Mensch. Sie wollte ihm gefallen, ihn unterhalten, erheitern. Sie wollte, dass er sie als etwas Besonderes sah.
    Nur war schwer vorstellbar, wie es dazu jemals kommen sollte. Sie wusste zwar längst, dass man nicht schön zu sein brauchte, um anziehend zu wirken, und dass eine hübsche Figur,

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