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Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Das Haus in der Löwengasse (German Edition)

Titel: Das Haus in der Löwengasse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Paulines Augen. Vor dem Hauseingang erkannte sie auf den Stufen zwei graue Steinkübel, die noch auf ihre Bepflanzung warteten. Die Hausfassade war fertig renoviert und weiß gestrichen, die Zufahrt mit frischem Kies versehen worden.
    Als sie in der Nähe Schritte vernahm, erschrak sie.
    «Gefällt es Ihnen?» Annette Reuther kam auf sie zu. Sie war mit Gärtnern beschäftigt gewesen und trug noch Handschuhe und hielt eine kleine Schaufel in der Hand. «Man könnte meinen, es habe auf Sie gewartet.»
    Pauline hatte einen Kloß im Hals. «Was meinen Sie?», krächzte sie.
    Annette legte die Schaufel sorgsam neben einem Busch ab. Als sie sich wieder aufrichtete, antwortete sie: «Das Haus. Es könnte Ihres sein.»
    «Nein.» Pauline wich einen Schritt zurück. «Das ist es nicht. Wird es nie … Warum sagen Sie das?»
    Mit einer ausholenden Geste wies Annette auf Haus und Zufahrt. «Weil es offensichtlich so ist, meine Liebe. Warum sind Sie zurückgekommen?»
    Erschrocken wehrte Pauline ab. «Ich bin nicht zurückgekommen, sondern lediglich …»
    «Ja?»
    «Zufällig …»
    «Aha.»
    «Hier vorbeigekommen.»
    «Dann möchten Sie vermutlich auch nicht sehen, was die Handwerker in den letzten Tagen geschafft haben? Gottlob sind sie endlich fort! Der ständige Lärm war allmählich unerträglich.»
    Erstaunt blickte Pauline die ältere Frau an. «Wie konnte Sie der Lärm denn stören? Haben Sie sich zuletzt länger hier im Haus aufgehalten?»
    Annette lächelte. «Das habe ich. Um genau zu sein, wohne ich jetzt hier.»
    «Wie bitte?» Pauline war sprachlos. «Sie wohnen hier?»
    «Ich habe mein Haus verkauft», sagte Annette ernst. «Dieses hier ist so viel größer, schöner und wichtiger. Ich wollte nicht, dass Julius es verliert. Mit dem Geld, das wir für mein Haus bekommen konnten, haben wir seine größten Außenstände bezahlen und zudem ein wenig in sicheren Wertpapieren anlegen können. Es kommt zwar dennoch eine schwierige Zeit auf uns zu, aber wenn Julius auf Oppenheims Vorschlag eingeht, wird die Firma bald wieder die alte sein. Nein, bestimmt noch besser, da Oppenheim die Vergrößerung und den Ausbau in Nippes befürwortet. Und dann kann ich darüber nachdenken, mir wieder eine eigene kleine Wohnung zu nehmen. Auf Dauer will ich meinem Sohn und seiner zukünftigen Gattin schließlich nicht auf die Nerven gehen.»
    Pauline schluckte erneut bei dieser Nachricht und dachte an Frieda. Hastig wandte sie sich ab. «Ich muss gehen», presste sie erstickt hervor. «Bitte entschuldigen Sie mich …» Sie lief blindlings los, wurde aber unversehens von einer breiten Männerbrust gestoppt.
    Julius umfasste ihre Arme, um zu verhindern, dass sie strauchelte und stürzte. «Hoppla», sagte er in dem Ton, den er damals in Steins Laden angeschlagen hatte. «Nicht so hastig!»
    Mit großen Augen und unfähig, auch nur ein Wort zu sagen, blickte Pauline in seine blauen Augen, die sich mit jeder Sekunde zu verdunkeln schienen. Seine Miene war finster, doch dann erschien ein kleines Lächeln auf seinen Lippen. «Da haben wir ja die Ausreißerin.»
    Annette lachte leise. «Sie behauptete, zufällig hier vorbeigekommen zu sein.»
    «Ah ja?» Prüfend musterte Julius Pauline, die ihn noch immer erschrocken ansah. «Nun, das trifft sich ja sehr gut.» Sein Ton wurde wieder dunkel und eine Spur gereizt. «Die junge Dame führt nämlich – rein zufällig – etwas mit sich, das mir gehört.»
    Paulines Herz trommelte wieder einmal wild in ihrer Brust. In Julius’ Gegenwart fühlte sie sich plötzlich vollkommen hilflos. Gleichwohl regten seine Worte ihren Widerstand. «Ich habe nichts … Wenn du die Kleider meinst, die bezahle ich dir.»
    Julius zog die Augenbrauen zusammen, was seiner Miene erneut etwas Düsteres gab. «Ich spreche nicht von den Kleidern, Pauline.» Kurz wandte er sich Annette zu. «Entschuldige uns bitte, Mutter, ich habe ein ernstes Wörtchen mit Fräulein Schmitz zu reden.»
    «Selbstverständlich, nur zu.» Annette nickte und winkte kurz, dann wandte sie sich wieder ihrer Schaufel und der Gartenarbeit zu.
    Julius legte Pauline eine Hand fest auf den Rücken und dirigierte sie in Richtung Haus. Sie fühlte sich nicht fähig, sich von ihm loszumachen. Hinter sich vermeinte sie aus Annettes Mund leise das Wort «endlich» zu vernehmen, doch sie konnte sich auch getäuscht haben.
    Als sie das Haus betraten, blickte Pauline sich unwillkürlich bewundernd um. Die Handwerker hatten tatsächlich ganze Arbeit

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