Das Haus in Georgetown
wieder an zu weinen. Faith ergriff Remys Hände und legte sie an ihre Wangen.
„Remy, was ist los? David, geht es ihr gut?“
Es ging ihr nicht gut, und das würde noch lange Zeit so bleiben. Aber zum ersten Mal war David sich absolut sicher, dass sie sich irgendwann besser fühlen würde.
„Sie ist gerade noch so davongekommen“, sagte er. „Sie hat dich belogen und mit ein paar Typen vom College rumgehangen, die ein Stück die Straße hoch wohnen. Und sie hat den Jungs hinsichtlich ihres Alters etwas vorgemacht. Einer hat sie beinahe vergewaltigt.“
Faith stieß einen Schrei aus und drückte Remy an sich. Remy wehrte sich nicht. David warf Pavel einen Blick zu. Wut stand in den Augen dieses Mannes, und David erkannte in ihm einen Verbündeten. In einer anderen Epoche hätte Pavel jetzt sein Revolverhalfter umgeschnallt, um Remy zu rächen.
„Ich habe dafür gesorgt, dass er wegzieht.“
Pavel nickte. „Das will ich ihm auch geraten haben.“
„Wie ist das passiert?“ fragte Faith. Sie wollte die Antwort von Remy hören, aber David legte ihr die Hand auf die Schulter.
„Ich werde dir alles erzählen. Ehrenwort. Sie kann das jetzt nicht noch einmal durchleben.“
„Sie sollte doch zu Megan fahren. Ich dachte, sie wäre da. Dann bin ich nach Hause gekommen, und Alex hat mir gesagt ...“
David unterbrach sie. „Remy und Alex fahren jetzt mit mir in die Hütte.“
Faith schaute ihn an. „Nein, sie ist nicht in der Verfassung, David. Sie kann nicht ...“
Remy löste sich von ihrer Mutter. „Ich gehe mit Daddy.“ Sie schlang die Arme um ihren Körper, als wolle sie sich selbst trösten. „Das ... möchte ich jetzt gern.“
„Okay. Das sehe ich.“ Faith strich Remy das Haar aus der Stirn. „Die Hütte ist jetzt das Beste für dich. Soll ich noch ein paar wärmere Sachen in deinen Rucksack werfen?“
„Danke.“ Remy schniefte.
David legte seiner Tochter die Hand auf die Schulter. „Warum wäschst du dir nicht schnell das Gesicht, während Mom für dich packt?“
„Du wartest so lange?“
„Ich bin ziemlich gut darin, auf dich zu warten“, meinte David. Ihre Blicke trafen sich. Ein Lächeln zitterte auf ihren Lippen und erstarb. Der Anfang war gemacht.
33. KAPITEL
Als David und die Kinder schließlich wegfuhren, kannte Faith die ganze Geschichte. David hatte ihr den Rest erzählt, während sie wärmere Kleidung für Remys Ausflug nach Maryland zusammensuchte. Als sie jetzt am Fenster stand und sein Auto am Haus vorbeifahren sah, merkte sie, wie sie die Schultern hängen ließ und ihre Kehle sich zuschnürte.
„Du musst eine Million Dinge gleichzeitig fühlen.“
Sie hatte Pavel ganz vergessen. Seine Worte irritierten sie, denn er schien direkt in ihr Herz blicken zu können. „Ich mache mir Sorgen um Remy. Sie hat so viel durchgemacht, und jetzt das.“
„Du bist eine fantastische Mutter. Andere wären ihr furchtbar böse.“
„Natürlich bin ich auch wütend. Was haben sich diese Kerle nur gedacht? Wie konnten sie annehmen, Remy sei bald mit der High School fertig? Und der Typ, der sie fast ...“ Die Worte blieben ihr im Hals stecken. Sie brachte sie nicht heraus. „Er soll froh sein, dass er so glimpflich davonkommt.“
„Nicht so glimpflich, wie er vermutet. Ich habe Freunde bei der Polizei. Sie dürften sich sehr für seine Aktivitäten interessieren.“
„Nein, David hat Recht. Das können wir Remy nicht zumuten. Und dass sie sich als älter ausgegeben hat, macht es schwerer, ihn strafrechtlich zu verfolgen.“
„Ich meine seine Dealerei. Er wird nicht mehr lange im Geschäft sein, und wenn er klug ist, bleibt er auch nicht mehr lange in Georgetown.“
Faith verschränkte die Arme. Remy konnte froh sein: Es gab zwei Männer, die sich um sie sorgten und sie beschützen wollten.Sie hatte eine Mutter und einen Bruder, die alles für sie tun würden. Sie hatte sich danebenbenommen und Dummheiten gemacht, aber sie würde darüber hinwegkommen. Sie hatte alle Hilfe, die sie sich wünschen konnte.
Diese Erkenntnis vermochte sie aber nicht ganz zu beruhigen. Faith war noch immer wütend, und nicht nur auf Enzio. „Ich hätte es merken müssen! Ich habe ja registriert, wie feindselig sie war, aber ich dachte, ich müsste nur Geduld aufbringen und ihr ein Türchen offen halten, dann würde sie schon zu mir zurückkommen. Ich kenne sie besser als jeder andere. Aber ich wäre nie darauf gekommen, dass meine eigene Tochter mich so täuschen würde.“
„Sie ist ein
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