Das Haus in Georgetown
haben wir gehört. Bloß eine Katze!“
Sie vernahm Schritte auf der Treppe und richtete den Lichtstrahl auf die Stufen, damit Alex sie nicht verfehlte. Remy folgte dichtauf.
„Eine Katze?“ Er wirkte begeistert.
„Also, darauf hätte wirklich gleich jemand kommen können.“ Es war klar, wen Remy mit „jemand“ meinte: ihre Mutter.
Faith wartete, bis die Kinder bei ihr waren. „Ich weiß nicht,wie sie hereingekommen ist, aber so alt wie das Haus ist, gibt es wahrscheinlich eine Menge Möglichkeiten.“
„Was will denn eine Katze hier?“ Jetzt war Alex so aufgeregt, dass er von einem Fuß auf den anderen trat.
Faith versuchte sich zu erinnern, ob Katzen Tollwut übertrugen. Aber auch ohne gefährliche Krankheitskeime konnte eine streunende Katze, die sich in die Enge getrieben fühlte, ernsthaften Schaden anrichten. „Ich habe keine Ahnung. Vielleicht gefällt es ihr hier einfach.“
„Da!“ Alex zeigte auf das Tier, das rasch zwischen zwei Kisten hindurchhuschte und wieder verschwand. „Sie ist grau.“
Die Katze hatte nach allem, was Faith bisher erkennen konnte, blassgraues, langhaariges Fell. Bevor sie sich versah, war Alex schon hinter dem Tier her. „Vielleicht kann sie nicht mehr raus. Vielleicht haben die Packer ihr den Weg versperrt.“
Faith hielt ihren Sohn am Arm zurück. „Alex, komm ihr nicht zu nahe. Sie ist bestimmt nicht zahm. Wenn du nicht aufpasst, reißt sie dich in Stücke.“
„Wie bitte?“ Auch Remy trat nun hinter Faith hervor. „So eine kleine Katze?“
„Besonders klein ist sie nicht.“ Faith blockierte ihrer Tochter den Weg. „Ich glaube, wir sollten sie jetzt in Ruhe lassen.“
„Mom, wir müssen uns hier umgucken. Wenn der Weg nach draußen versperrt ist, wird sie die ganze Nacht weiter miauen.“
Diese Aussicht gefiel Faith auch nicht. Sie dachte nach. Am Morgen konnten sie die Lage besser überblicken und notfalls das Tierheim anrufen. Aber der Morgen war noch Stunden entfernt.
„Bleibt hinter mir“, ordnete sie an. Sie beleuchtete die Balken, die im Boden verschwanden, und die dazwischen angebrachten Bretter. Sie schlossen zumeist lückenlos aneinander an, aber an einerStelle fehlte offenbar ein Brett. Zumindest ließ eine kleine sichtbare Lücke darauf schließen; vor dem Rest türmten sich Kisten auf.
Sie ging auf die Bretter zu, die Kinder folgten ihr. „Okay, schauen wir uns das mal näher an.“ Sie richtete den Lichtstrahl auf das Loch und erkannte, dass sie mit ihrer Vermutung richtig gelegen hatte.
„Hierher, Miez Miez“, flüsterte Remy. „Liebe Miezekatze.“
Faith war sich da nicht so sicher. „Offensichtlich haben ihr die Packer tatsächlich den Weg versperrt. Aus dieser Richtung ist sie gekommen, als ich sie zum ersten Mal gesehen habe.“
„Warum haben uns die Männer nicht gesagt, dass hier eine Katze herumläuft?“
„Wahrscheinlich hat sie sich versteckt. Halt mal.“ Faith reichte Remy die Taschenlampe. „Wir verschieben die Kartons und gucken nach, ob da ein Durchschlupf ist.“
„Vielleicht ist das keine so gute Idee.“ Remy verspürte offenbar das Bedürfnis, den Lichtstrahl über alles im Umkreis von sechs Metern gleiten zu lassen. „Dann kann auch alles Mögliche reinkommen, oder?“
„Im Augenblick will ich nur, dass das Tier hinauskommt.“
Remy zuckte mit den Schultern; der Strahl wackelte. „Du bist hier die Mutter.“
„Sehr witzig.“ Faith nahm den obersten Karton, der mit der Aufschrift „Remys Winterklamotten“ versehen war, vom Stapel. Er war zum Glück leicht. Als sie ihn an anderer Stelle abgesetzt hatte, kam Alex bereits mit dem nächsten. Sie arbeiteten schweigend und zerrten den untersten Karton, in dem sich „div. Küchenzeug“ befand, gemeinsam zur Seite.
Das Brett fehlte tatsächlich, wie Faith vermutet hatte. Parallelzum Giebel klaffte dort, wo das Dach in den Boden überging, eine Lücke. „Leuchte bitte mal in diese Richtung“, bat sie Remy. „Bin gespannt, ob wir nach draußen schauen können.“
„Mom!“ Alex war bereits auf den Knien und lugte in das Loch. „Hör mal ...“
Faith hockte sich neben ihn und wartete. Hauchzartes Gewimmer drang an ihr Ohr und löste sofort eine Gänsehaut aus.
„Mom!“
Faith blickte gerade rechtzeitig nach hinten, um einen grauen Schatten an Remy vorbei in Richtung des Loches flitzen zu sehen. Dann war die Katze verschwunden.
„Es ist eine Mutter. Mit Jungen“, sagte Faith. „Gib mir die Lampe. Alex, geh zurück.“
Sie ging auf
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