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Das Haus in Georgetown

Das Haus in Georgetown

Titel: Das Haus in Georgetown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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genug, um ein breites Spektrum an Gästen anzuziehen. Die Hälfte der Leute waren Studenten, aber der Rest stammte aus den unterschiedlichsten Berufen und Schichten. Alle Gegenden der Welt waren vertreten. Am Nebentisch saß eine traditionell gekleidete Sikh-Familie, und die kleine, dunkeläugige Tochter schaute Alex an, als sähe sie zum ersten Mal rotes Haar. Direkt hinter ihnen lachten sechs südostasiatische junge Leute und unterhielten sich in ihrer Muttersprache; wiederum hinter diesen machte sich ein schwarzes Pärchen, das offensichtlich ein Rendezvous hatte, über eine Flasche Wein und einen Teller Calamares her, wobei sie die Köpfe dicht zusammensteckten und die Augen nicht voneinander lassen konnten.
    Alex war fasziniert, aber Remy schien sich unwohl zu fühlen. Sie rutschte auf dem Stuhl hin und her, und ihr Blick schweifte durch den Raum, als hätte sie Angst, irgendjemanden länger anzugucken. Faith erkannte, dass sie offenbar doch nicht völlig erschöpft war: Die Energie für ein leichtes Schamgefühl brachte sie noch auf. Obwohl sie ihr ganzes Leben direkt vor den Toren derHauptstadt verbracht hatten, waren ihre Kinder so durch und durch provinziell, dass sie sich wie Zoobesucher aufführten.
    Und sie und David hatten diese Provinzialität zugelassen, ja, vielleicht sogar gefördert.
    Zum ersten Mal, seit ihr aller Leben auf den Kopf gestellt worden war, glaubte Faith, einen Silberstreif am Horizont erkennen zu können.
    Als sie wieder zu Hause waren, brannten bereits die Straßenlaternen. Remy ging freiwillig duschen, Alex nur unter Protest. Danach verschwanden die Kinder in ihren Zimmern, zu erledigt, um sich darüber zu beklagen, dass das Wasser nicht richtig warm geworden war.
    Faith hatte vor, in der Küche noch mehr Dinge auszupacken, aber schon nach einer halben Kiste merkte sie, dass sie einfach nicht mehr konnte.
    Zumindest die Gläser, die sie bereits auf die Arbeitsplatte gestellt hatte, wollte sie noch wegräumen. Als sie eine Schranktür öffnete, sah sie die Flasche Scotch, die Dottie Lee ihr geschenkt hatte – Dottie Lee, die behauptete, dass guter Scotch einem das Gefühl geben könne, nichts sei unmöglich. Das schien eindeutig die Art von Medizin zu sein, die Faith jetzt brauchte.
    Sie starrte die Flasche an. Vor David, in der Zeit nach ihrem Auszug aus dem Elternhaus und vor ihrer Hochzeit, hatte sie manchmal aus Geselligkeit getrunken. Ein Glas Wein zum Abendessen. Auf Partys einen Cocktail. Ein Budweiser, wenn sie sich ein Spiel der Orioles anschaute. Nachdem David in ihr Leben getreten war, hatte sie dem Alkohol bedenkenlos entsagt.
    Immerhin hatten sie ein Image wahren müssen.
    Jetzt fand sie das komisch. Vielleicht, weil sie sich unendlichmüde fühlte, vielleicht, weil Lachen einfach die angenehmere Alternative war.
    „Ach, David ...“ Sie schüttelte den Kopf und gluckste. Einen Moment lang, nur eine Sekunde, wünschte sie sich, er wäre da, um in ihr Lachen einzustimmen.
    Der Schraubverschluss ließ sich mühelos abdrehen, und sie schenkte sich gut zwei Zentimeter ein. Nach fünfzehn Jahren Enthaltsamkeit hielt sie es für unklug, den Whisky pur zu trinken, also drehte sie den Hahn auf und ließ eine volle Minute das Wasser laufen, bevor sie das Glas in den Strahl hielt, um noch einmal gut zwei Zentimeter hinzuzufügen.
    „Scotch und Wasser. On the rocks bitte erst, wenn wir einen Kühlschrank haben.“ Sie hob das Glas Richtung Decke und überlegte sich einen Trinkspruch: „Auf all die Frauen, die hier gelebt haben, und meine Schwester Hope, die hier hätte leben sollen.“
    Einstweilen mit der Welt versöhnt – auch dank einer Dosis des achtzehn Jahre alten Glenfiddich –, schlief sie sofort ein. Obwohl die Fenster geschlossen waren und die alte Klimaanlage vor sich hin surrte, war sie sich der ungewohnten Straßenklänge vage bewusst: Studenten, die sich unterhielten, während sie zur Wisconsin Avenue oder zurück nach Hause liefen, Reifengeräusche, Gelächter und einmal etwas, das sich wie ein Streit anhörte.
    Obwohl die Geräuschkulisse völlig anders war als in McLean, wirkte sie irgendwie beruhigend. Als die Nacht voranschritt, verstummte der Straßenlärm allmählich, und sie schlief unruhiger. Einmal wachte sie auf und beobachtete, wie das Licht Muster auf die verblichenen Rosen ihrer Tapete zeichnete.
    Kaum dass sie wieder eingeschlafen war, spürte sie die Wärmeeines Körpers in ihrem Bett. Im Halbschlaf glaubte sie, es sei David, der sie da

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