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Das Haus mit der grünen Tür

Das Haus mit der grünen Tür

Titel: Das Haus mit der grünen Tür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Hjemmehjelp.
    Ich schüttelte den Kopf.
    Er sah mich schief an. »Sind Sie das erste Mal hier?«
    Ich nickte.
    Er grunzte: »Also, Sie müssen erst mit Kvam reden.«
    »Kvam?«
    »Ja, Sie haben sich doch telefonisch angemeldet, oder nicht?«
    »Doch, ich …«
    »Also.« Er machte eine erneute Kopfbewegung zur Tür hinter sich. Seine Hand ließ meinen Nacken los. Ich rieb mir die Haut, wo sie zugepackt hatte. Der Schatten eines Lächelns flackerte über seine vernarbten Lippen.
    Ich schwitzte. Es war kalt im Treppenhaus, und es zog um meine Beine, aber ich schwitzte. Ohne B. Lund, den Hausmeister, noch einmal anzusehen, ging ich auf die Tür zu, die er mir angewiesen hatte, öffnete sie, ging hinein und schloß sie vorsichtig hinter mir.
    Ich sah mich um. Es war ein hell erleuchteter Raum, mit vier breiten Leuchtröhren unter der Decke. Mitten im Raum stand ein hoher Tresen. Er war von außen mit rotem Kunstleder bespannt, und der Teppich auf dem Boden war rostrot, als hätte jemand darauf geblutet, viel zu lange. Zu beiden Seiten der Tür standen Sessel und zwei kleine Tische. Auf den Tischen lagen Zeitschriften und Zeitungen, wie in einer Zahnarztpraxis.
    Auf der anderen Seite des Tresens standen diverse Bürogeräte: eine elektrische Schreibmaschine, eine Rechenmaschine, ein Kopiergerät und eine Platinblondine. Sie hatte ein hübsches Gesicht, das aussah wie aus einem Stück Butterbrotpapier geschnitten. So lebendig war es. Sie lächelte wie eine müde Maschine und strich sich eine platinblonde Strähne von einem Auge. Es war blau. Das andere auch.
    Ich lächelte zurück und ließ meinen Blick von ihr zu der zweiten Person wandern. Sie befand sich hinter einer Glaswand, an einem großen Schreibtisch und hatte beide Hände vor sich auf einem aufgeschlagenen Rechnungsbuch liegen. Als ich hereinkam, sah sie auf. Es war ein Mann. Er trug eine große Brille und einen Pony, und viel mehr war über sein Äußeres nicht zu sagen. Sein Gesicht war länglich und säuerlich. Es sah aus wie eine negative Bilanz.
    Wir sahen einander an. Ich nickte ihm zu. Er beugte sich wieder über das Rechnungsbuch, aber ich spürte, daß sein Blick über den oberen Rand seiner Brille hinweg auf mich gerichtet war.
    Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder der Blondine zu. Ihr Lächeln war welk. Jetzt sah sie nur noch müde aus. Von nahem sah ich, daß sie hart auf die Vierzig zuging. Ein bitterer Zug um den Mund und einige Furchen über den Augenbrauen erzählten mir das. Ihre Stimme war kalt und metallisch. Sie sagte: »Bitte, womit können wir dienen?«
    Mir lag eine gute Antwort auf der Zunge, aber sie war zu gut. Ich sagte: »Kvam?«
    Sie sagte: » Frau Kvam.«
    »Gratuliere. Und ist das …« Ich nickte zu dem Mann in dem Glaskäfig hinüber. »Ist das vielleicht Kvam?«
    Sie starrte mich an, und ihre Pupillen waren wie Stecknadelköpfe in dem grellen Licht. Die Lippen formten sich zu einer kleinen Tulpenknospe. Ein goldener Kugelschreiber bewegte sich zum Kinn und hielt dort inne. Die Augenbrauen hoben sich vorsichtig, als hätten sie schwer zu tragen, und sie sagte: »Ja-a.«
    »Ich würde gern Kvam sprechen«, sagte ich.
    »Worum geht es? Kvam ist beschäftigt.«
    Ich blickte zu Kvam hinüber. Er senkte den Blick schnell wieder auf das Buch, aber nicht schnell genug, um ernsthaft beschäftigt auszusehen.
    Ich drehte mich halb herum, stützte den einen Ellenbogen auf die Kante des Tresens und sah mich um. »Sie vermitteln Babysitter?«
    Sie nickte und sagte trocken, als würde sie eine Annonce vorlesen: »Babysitter, Haushaltshilfen, Putzhilfen, diverse andere Dienste. Woran sind Sie interessiert?«
    »Am besten gefallen mir die diversen«, sagte ich. »Welche sind das?«
    Ihr Gesichtsausdruck wurde verkrampfter. Der Mann in dem Glaskäfig hatte sich erhoben. Er warf einen letzten Blick auf sein Rechnungsbuch, als sähe er in das Grab eines lieben Freundes hinunter. Dann kam er heraus und trat an den Tresen. Er sagte: »Worum geht es, Kate?« Zu mir sagte er: »Was wünschen Sie?«
    Aus der Nähe sah ich, daß seine Brillengläser außergewöhnlich dick waren. Sie vergrößerten die Augen so, daß es fast grotesk wirkte. Als bestünde das Gesicht nur aus Augen: großen, grauen Augen hinter dicken Gläsern in breiter, schwarzer Fassung.
    Aber sein Gesicht bestand nicht nur aus Augen. Über den Augen war ein bißchen Haar, in die Stirn und etwas zur Seite gekämmt. Das Haar war dunkel und fettig und lag dicht an der Kopfhaut an, als

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