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Das Haus mit der grünen Tür

Das Haus mit der grünen Tür

Titel: Das Haus mit der grünen Tür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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mußt ihn doch wiedererkannt haben!« Langes Stimme klang irritiert.
    »Natürlich hab ich ihn wiedererkannt. Aber ich war sicher, daß … Ich dachte. Oh, Gott, ich hab solche Kopfschmerzen, Abraham!«
    »So, so. Na ja«, sagte Abraham. Er sah aus, als hätte er Lust, ihr übers Haar zu streichen, aber er erinnerte sich daran, daß ich da war, und ließ es sein. Er sah mich an. »Sie können gehen.«
    »Wer sind Sie übrigens? Wie heißen Sie eigentlich?« fragte er plötzlich, bevor ich die Tür erreicht hatte.
    Ich drehte mich um. »Finder«, sagte ich. »Adam Finder.«
    Er gab einen verächtlichen Laut von sich. Ich schloß die Tür vorsichtig hinter mir.
    Unten auf der Straße blieb ich stehen und dachte nach. Ich sah auf die Uhr. Es war halb zwei. Wenn Rigmor normale Arbeitszeiten hatte, war sie wahrscheinlich gegen drei, vier Uhr fertig. Aber vielleicht durfte sie etwas früher gehen, wegen der Kopfschmerzen. Jedenfalls war ich neugierig darauf, wohin sie ging, wenn sie nicht in Abrahams trautem Atelier war. Schlimmstenfalls würde ich zweieinhalb Stunden warten müssen. Bestenfalls …
    Es wurden zweieinhalb Stunden. Um eine Minute nach vier stand sie auf der Straße, sechzig Meter von mir entfernt. Sie trug eine schwarze Hose und eine flotte rotbraune Lederjacke. Auf dem glatten, blonden Haar trug sie eine Art Baskenmütze. Sie sah sich nicht um und ging mit forschen Bewegungen, wie eine Turnerin auf dem Weg zum wöchentlichen Training. Es war mitten in der Zeit, wo das größte Gedränge herrschte, und die Straßen waren schwarz von Menschen. Zur Nygårdshøyd hinauf wurde es besser. In der Nähe der Universität bog sie plötzlich ab zu einer großen Holzvilla. Ich blieb stehen. Kurz darauf kam sie wieder heraus, aber jetzt hatte sie ein Kind bei sich, ein kleines, hellblondes Mädchen von ungefähr vier, fünf Jahren. Das Mädchen hatte das Gesicht zu Rigmor Moe erhoben und redete und redete und redete. Ich folgte ihnen, mit einer Ahnung vom schlechtem Geschmack im Mund. Das hier war etwas, was ich als Verletzung der Privatsphäre empfand. In solchen Augenblicken konnte ich meine eigene Visage nicht ertragen. Gott sei Dank war kein Spiegel in der Nähe.
    Rigmor Moe und das kleine Mädchen überquerten die Spitze von Nygårdshøyden und gingen eine Treppe hinunter und eine Abkürzung zur Professor Hannstensgate. Sie bogen um die Ecke zu den Wohnblöcken auf der Westseite von Sydneshaugen. Ich kam gerade rechtzeitig, um sie in eine Treppenhaus gehen zu sehen: durch eine blaue Tür, die mit einer grauen Schmutzschicht bedeckt war.
    Ich wartete ein paar Minuten. Dann ging ich schnell den Bürgersteig entlang und durch dieselbe Tür.
    Ich lauschte. Es rauschte irgendwo in einem Rohr, aber das tut es in solchen Treppenhäusern immer.
    Grüne Briefkästen hingen links an der Wand, wie Briefmarken auf einem schweren Brief. Mein Blick wanderte von einem zum anderen. Ganz richtig. Rigmor Moe stand auf einem Namensschild. Beate hatte jemand darunter geschrieben, mit Kugelschreiber.
    Tja. So weit, so gut – und was jetzt? Ich machte schnell einen Plan. Dann überquerte ich wieder Sydneshaugen, ging zu meinem Wagen vor der Polizeiwache und fuhr zu einer Cafeteria am Strandkai. Dort servierte man mir eine Portion Fischpudding, der schmeckte wie Pappstücke in Mehlsoße. Ich kippte eine Tasse Kaffee hinunter, der so heiß war, daß ich ihn gar nicht schmeckte. Dann fuhr ich wieder hinüber nach Møhlenpris, parkte in einer Seitenstraße und ging zu Fuß zu dem Häuserblock hinunter, in dem Rigmor Moe wohnte, offensichtlich allein, mit ihrer Tochter.
    Ein Stück die Straße hinunter lag eine Bushaltestelle. Dort blieb ich stehen. Wenn ein Bus kam, und ich allein dort stand, winkte ich ihn vorbei. Wenn noch andere dort standen, ging ich höflich zur Seite und spazierte ein Stück den Bürgersteig entlang, bis der Bus wieder abgefahren war. Als die Busfahrer des Sandviks-Busses zum dritten Mal an mir vorbeifuhren, sah ich, daß einige von ihnen mich skeptisch beäugten. Dasselbe tat eine Frau mit struppigem, grauem Haar hinter einer Topfpflanze in einem Fenster auf der anderen Straßenseite. Ich hoffte, daß sie kein Telefon hatte.
    Ein paar Stunden vergingen, grau und langweilig wie vergessene Schulstunden. Als es halb acht war und ich begonnen hatte, ans Aufgeben zu denken, kam Rigmor Moe plötzlich heraus. Sie hatte sich umgezogen. Jetzt trug sie einen Mantel und darunter Rock oder Kleid. Ihre Waden waren fest und

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