Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus mit der grünen Tür

Das Haus mit der grünen Tür

Titel: Das Haus mit der grünen Tür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
Vom Netzwerk:
schwang die Tür langsam zurück, auf mich zu, und Teddy Lund kam trippelnd um die Tür herum wie ein achtjähriges Mädchen auf dem Weg zu seinem ersten Tanzschulabend. Er sah vollkommen bedeppert aus, und seine Blicke sausten im Raum herum wie wildgewordene Suchscheinwerfer. Er trippelte ein paar Schritte weiter, dann ging er zu Boden mit einem Getöse, das man am anderen Ende der Sotra-Brücke noch hören mußte. Und er blieb liegen.
    »Das war für gestern nacht, Teddy«, sagte ich und fuhr mir über die Kugel am Kopf. Ich drehte mich wieder dem Ehepaar Kvam zu und sagte: »Ich brauche noch ein paar Stunden, um die Situation zu überdenken. Aber freut euch nicht zu früh. Ihr beide seid in jedem Fall fertig, ihr könnt den Laden ruhig gleich zumachen.«
    »Sei dir da nicht so sicher, Veum«, knurrte Kvam, aber er war zu leichenblaß, um gefährlich auszusehen. Seine Frau starrte mich mit großen, ungläubig blickenden Augen an. So groß, daß man darin Wasserlilien hätte pflanzen können.
    Kvam sagte: »Hast du ein Hühnerauge, Veum? Gib mir die Chance, und ich werd drauf treten.«
    »Das hast du schon getan«, sagte ich. Ich blickte auf Teddy Lund, der unbeweglich vor der Tür am Boden lag. Ich sagte: »Ihr solltet einen Hebekran bestellen, um das da wegzuräumen.« Dann stieg ich über ihn hinweg und ging.

33
    Ich fuhr nach Hause, stellte den Wecker und stahl mir noch ein paar Stunden Schlaf. Aber es war kein erholsamer Schlaf. Ich träumte, daß ich in Mobergs dunkler Garage stand und seine Frau den Schotterweg vom Haus herunterkommen sah. Es war … Frau Moberg – nein, es war … Rebecca – nein, es war … Beate?
    Als ich aufwachte, waren die Kopfschmerzen wieder da.
    Ich nahm zwei Aspirin und ging unter die heiße Dusche. Dann zog ich mich an, langsam. Ich wählte ein weißes Hemd und einen schwarzen Schlips mit dunkelroten Querstreifen. Er glich einem Sammlerobjekt aus dem letzten Weltkrieg, aber es war der einzige, den ich hatte.
    Ich besaß zwei feine Anzüge. Den einen trug ich bei Begräbnissen, den anderen nie. Das war der für festliche Gelegenheiten, und den zog ich jetzt an.
    Die ganze Zeit stellte ich mir wieder und wieder die gleiche Frage: Warum rief ich nicht Muus an und erzählte ihm, was ich über Kvam und das Haus mit der grünen Tür herausbekommen hatte?
    Und wieder und wieder gab ich mir selbst die gleiche Antwort: Weil ich das unangenehme Gefühl hatte, daß es tatsächlich eine Verbindung gab von dort zum Mord an Margrete Moberg – und weil ich befürchtete, daß diese Verbindung unterbrochen würde, wenn jemand Kvam einsperrte und ihn durch die Mangel drehte.
    Ich sah auf die Uhr. Es war fast halb sieben. Ich sollte mich erst um halb acht mit Hilde Varde treffen, aber vorher hatte ich noch etwas zu erledigen. Also fuhr ich los.
     
    Ich ging ins Treppenhaus. Es rauschte immer noch in einem Rohr irgendwo, aber solche Rohre rauschen ständig. In solchen Häusern gibt es immer irgendwo irgendwelche Rohre, die rauschen.
    Die Wände im Treppenhaus waren blau und eiskalt und porentief sauber. Nicht ein einziges häßliches Wort, nicht eine einzige vulgäre Zeichnung. Irgend jemand in diesem Haus hatte einen fleißigen Wischlappen.
    Oben hing das gleiche Namensschild wie am Briefkasten unten. Rigmor Moe, mit Druckbuchstaben – und Beate, mit Kugelschreiber.
    Ich klingelte, und Rigmor Moe öffnete die Tür. Sie sah hier häuslicher aus: ihre Wangen etwas gerötet, ihr Haar unordentlich, und um die breiten Hüften trug sie eine kleine Schürze. Die Hände sahen nicht so gefährlich aus in roten Gummihandschuhen, von denen Seifenschaum tropfte.
    Sie wirkte erstaunt, als sie mich sah. Vielleicht weil ich es war, vielleicht auch weil ich mich so fein gemacht hatte. Ich sagte: »Kann ich reinkommen? Es wird nicht lange dauern.« Ich gab meiner Stimme einen freundlichen Klang.
    Sie sah mich mißtrauisch an. »Worum geht es?«
    Ich sagte: »Das ist eine lange Geschichte, aber ich werde es kurz machen. Nur nicht so kurz, daß ich sie hier draußen erzählen möchte – für alle anderen Mieter gleich mit.«
    Sie nickte kurz und ließ mich hinein. Ich kam in einen dunklen, gemütlichen Vorflur, mit langen Flickenteppichen auf dem Boden und einem großen Spiegel in einem dunkelgrünen Rahmen. Mir gefiel dieser Spiegel besser als der, den ich in dem schwarzen Zimmer im Haus mit der grünen Tür gesehen hatte.
    Sie führte mich in die Küche. Das kleine blonde Mädchen saß am Tisch und aß zwei

Weitere Kostenlose Bücher