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Das Haus mit der grünen Tür

Das Haus mit der grünen Tür

Titel: Das Haus mit der grünen Tür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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zu gefährlich?«
    Kvam ließ die Kinnlade hängen wie der berühmte Fisch an Land. Seine Frau sah aus, als wolle sie jeden Moment ohnmächtig werden. Ich fuhr fort: »Wie hast du ihr den Stoff übergeben? In einer zentral gelegenen Wohnung, die du unter dem Namen Stein Wang gemietet hattest? Ein paarmal in der Woche? Hast du ihr im Rausch vielleicht ein bißchen geholfen? Hattest du Spaß an ihr?«
    »Du phantasierst, Veum. Du phantasierst.«
    »Und an jenem Abend sagte sie, daß ihr Mann verreist wäre, und du sagtest dir: Also dann. Und du fuhrst hin und du …«
    Aber irgendwie bekam ich keinen Sinn in das Ganze. Ich hatte etwas zu leichtfertig improvisiert, etwas zu lang. Ich schaffte es nicht, die Beweisführung zu vollenden, noch nicht, nicht völlig. Ich sagte: »Du wolltest sie los sein – und das hast du geschafft. Die Polizei wird mir um den Hals fallen, wenn ich ihnen das erzähle. Sie werden mir die nächsten zehn Wochen jeden Freitag eine Torte schicken, zum Dank für die Hilfe.«
    Frau Kvam wandte das Gesicht ihrem Mann zu: »Er soll aufhören, Henning, ich halt das nicht mehr aus. Der Mann ist wahnsinnig.«
    Kvam sagte mit angestrengt ruhiger Stimme: »Der Mann ist wahnsinnig. Kate. Total ver … Wir werden ihn festhalten, bis der Arzt kommt.« Und er rief sofort nach dem Arzt: »Teddy! Teddy!«
    Die Tür schwang ins Zimmer, und Teddy Lund folgte in gestrecktem Galopp. Das erinnerte mich daran, daß ich noch ein Hühnchen zu rupfen hatte in diesem Haus.
    »Raus mit ihm, Teddy«, sagte Kvam. »Zum –«
    Aber weiter kam er nicht.
    Ich hatte mich ganz umgedreht, als Teddy Lund hereinkam. Wie bei den Schlägereien als Junge hatte ich schnell versucht, die Situation einzuschätzen. Mein einziger Vorteil war, daß ich zehn Jahre jünger und wahrscheinlich sowohl schneller als auch cleverer war als Teddy Lund. Sein Vorteil war, daß er stark wie ein Bär und schwer wie eine Dampfwalze war und einen Haufen Erfahrung aus dem Boxring hatte.
    Meine Schnelligkeit war mein bester Trumpf, und ich setzte sie ein, bevor irgend jemand im Raum überhaupt nachdenken konnte. Ich ging zwei Schritte vor und einen zur Seite, im schönsten Walzertakt und schmetterte meine rechte Faust in Teddy Lunds Wampe.
    Ihm in den Bauch zu boxen war, wie gegen einen in ein Daunenbett eingepackten Zementsack zu schlagen. Meine Faust drang überraschend glatt durch eine wabbelige, unbrauchbare Fettschicht, aber dann traf sie auf eine Wand von alten Bauchmuskeln, die wirkte wie eine Betonmauer. Es war vielleicht nicht viel übrig von dem, was einmal sein Boxer-Ich gewesen war, aber was noch da war, saß im Bauch. Und es war hart.
    Teddy Lund blinzelte überrascht. Dann grinste er häßlich und versuchte, mir einen Schlag zu versetzen. Aber er brauchte zu lange. Ich hatte mich schon zurückgezogen. Meine Hand fühlte sich an, als hätte sie einen Zementmischer von innen besichtigt.
    Teddy Lund kam mir entgegen wie ein Gorilla, der sich aus purer Langeweile auf ein paar Sparringsrunden mit einer Mücke eingelassen hat. Er schlug ein paar solide Haken in die Luft vor meinem Kopf. Keiner davon traf, aber das machte ihm nicht viel. Er wußte, würde er erst einmal treffen, dann reichte einer.
    Ich warf einen Blick zum Ehepaar Kvam, aber keiner von beiden schien sich in die Schlägerei einmischen zu wollen. Ich wich am Tresen entlang zurück, in eine Ecke. Er folgte mir, mit schweren Luftschlägen. Ich rückte weiter, in die nächste Ecke, und danach zur Tür, die immer noch offen stand. Er kam hinterher. Ich ging an der offenen Tür vorbei. Dann blieb ich stehen, einen halben Meter daneben.
    Teddy Lund kam hinterher.
    Kvam begriff, worauf ich hinauswollte. Er sagte: »Die Tür!«
    Im selben Moment stand Teddy Lund mitten in der Türöffnung. Der Ausruf ließ ihn innehalten, und er sah verwirrt Kvam an, während er die Fäuste senkte.
    Ohne sich dessen bewußt zu sein, hatte Kvam mir geholfen. Teddy Lund stand, wo er sollte, und er war unvorbereitet.
    Ich gab der Tür mit aller Kraft einen Tritt. Ich bin sicher kein Cassius Clay, aber für Teddy Lund reichte es.
    Die Tür traf sein Gesicht mit einem scharfen Knall, wie wenn jemand einen Zweig bricht. Die Türkante traf ihn mitten zwischen den Augen. Wenn seine Nase nicht schon vorher kaputt gewesen wäre, dann wäre sie es jetzt. Er würde die kommenden Wochen mit einer senkrechten roten Furche im Gesicht herumlaufen. Ein paar endlose Sekunden lang war der Raum zu einem Foto erstarrt. Dann

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