Das Haus Zeor
herauszukommen, diejenige war, die Menschenjäger dazu zu veranlassen, ihn herauszuholen. Dies schien ihm in dem Augenblick, in dem sie ihm in den Sinn kam, eine sehr kluge Idee zu sein, aber als er versuchte, eine Möglichkeit zu ersinnen, um sie auszuführen, merkte er, daß es einfach kein Argument gab, das er verwenden könnte und sie überzeugen würde.
Falls er krank wurde, würden sie ihn vermutlich einfach sterben lassen. Gefährten waren für die Tötung nicht zu gebrauchen, und sein Tod würde in Klyds Käfig voraussichtlich ein ziemliches Drama verursachen – also hatten sie nichts zu verlieren, wenn sie ihn sterben ließen. Mit den Wachen konnte er nicht sprechen, weil er nur ein Tier oder ein Perverser war.
Er hakte seine Liste von Gefangenentricks gerade zum viertenmal ab, als ein durchdringender Schrei die Stille zerfetzte und ihn hastig in die Ecke schickte, die er mit Aishas Käfig gemeinsam hatte. Obwohl Klyd den ganzen Nachmittag über in einer Halbtrance gewesen war, war er zuerst da, umklammerte die Stangen und starrte mit geweiteten Augen in den Nachbarkäfig.
Valleroy sah mit entsetzlicher Faszination zu, wie das willensstarke, mutige Mädchen, das er so sehr geliebt hatte, gleich einem kranken Tier in der hintersten Ecke ihres Käfigs kauerte. Sie zitterte in psychotischer Furcht, Speichel troff aus ihrem aufklaffendem Mund, die Augen quollen hervor. Und sie schrie ihr Grauen mit jedem Atemzug hinaus, bis ihre schöne Stimme nur mehr ein rauhes Krächzen war. Aber auch dann fuhr sie noch fort zu schreien, wie aus Gewohnheit … unbeseelt.
„Aisha!“ brüllte Valleroy immer wieder, aber es zeigte keine Wirkung, außer möglicherweise ihre Angst noch zu vermehren. Unfähig zu begreifen, was mit ihr geschehen war, wandte sich Valleroy an den Kanal.
Er fand Klyd ebenfalls zitternd, während Schweißperlen Rinnsale über sein tief gefurchtes Gesicht herunterzogen. Aber der Kanal schaffte es irgendwie, sich energisch genug zusammenzureißen und auf Valleroy zuzugehen. „Komm … hier herüber.“ Er ging voraus, an ihrer gemeinsamen Wand entlang, dann hockten sie sich an den Außenstangen nieder. Klyd sackte zu Boden, noch immer quälte ihn sichtbares Zittern. „Diese Angst! Hilf mir, Naztehr. Hilf mir.“
Valleroy versuchte, die Hand zwischen den Stangen hindurchzudrücken, aber sie blieb am Handgelenk stecken, so daß sie die mittlere Reihe von Stangen nicht mehr berühren konnte. „Das will ich, Sectuib. Aber ich kann dich nicht erreichen. Ich verstehe nicht, was sie bewegt. Ich weiß nicht, wie ich es beenden soll.“
Klyds Zittern legte sich unter dem Einfluß von Valleroys emotioneller Nager, aber das Feld des Gen war eine Folter anderer Art. Mit geschlossenen Augen legte Klyd den Kopf auf die Knie und sagte: „Man hat sie unter Drogen gesetzt. Ich habe davon gehört, aber nie wirklich geglaubt, daß es jemand tun würde. Eine von Drogen herbeigeführte Angst, benutzt, um das Töten zu würzen. Paßt zu Andles Charakter.“
Valleroy schüttelte benommen den Kopf. „Beinahe jedesmal, wenn ich feststellte, daß Simes auch nur Menschen sind, entdecke ich einen neuen Schrecken, schlimmer als jeder Aberglaube.“
„Dies hier ist neu, sogar für mich. Ich glaube, sie haben ihr eine Überdosis gegeben und müssen sie jetzt ruhigstellen, solange sie darunter leidet.“
„Muß immer noch überdosiert sein. Sie hat vor ihrem eigenen Schatten Angst. Sie wird an Herzversagen sterben.“
Wie auf ein Stichwort marschierte ein Trupp Wachen an die rückwärtige Seite des Käfigs heran. Drei von ihnen kletterten auf das Dach. Einen Moment später waren zwei davon in Aishas Käfig hinunter gesprungen und preßten eine Atemmaske auf ihr Gesicht. Ein purpurgeränderter Zylinder war an der Maske befestigt. Valleroy hörte das Zischen entweichenden Gases. Augenblicke später verfiel Aisha wieder in Bewußtlosigkeit.
Beide Wächter drehten sich um, sprangen zur Decke hoch und ergriffen den Rand der Öffnung. Jeder hievte sich so mühelos heraus, als ersteige er eine Treppe. Dann knallte die Falltür zu. Die Männer der Abteilung marschierten mit vielen Rückwärtsblicken auf Klyd davon. Die einzigen Worte, die Valleroy finden konnte, um den Ausdruck auf ihren Gesichtern in diesem Moment zu beschreiben, waren »erwartungsvoll lüsterne Mienen«. Sie waren Sadisten, die sich auf einen Festschmaus vorbereiteten.
Als sie gegangen waren, wischte sich Klyd mit seinem Mantel das Gesicht ab und atmete
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