Das Haus Zeor
Angst vor mir hast … daß du mich aus deinem eigenen freien Willen beschützt. Ich werde dich nie anweisen, dies oder jenes zu tun, wenn sie es hören können. Verstehst du?“
„Ich glaube schon.“
„Gut.“ Klyd blinzelte verschwörerisch. „Ich werde etwas zu essen holen.“
„Dann werde ich das auch tun“, sagte Valleroy und folgte ihm wieder nach unten.
Das gewaltige Schweigen, das hereinbrach, als sie durch den Aufenthaltsraum gingen, ließ eine Gänsehaut auf Valleroys Hals entstehen – besonders die schmierige Art, wie sich der Vertreter umdrehte und sie anblickte, als sie vorbeigingen. Aber er spielte seine Rolle, hielt den Kopf hoch und versuchte, der Stolz von Zeor zu sein. Ärmel an Ärmel marschierten sie durch die Doppeltüren, die ins Speisezimmer führten.
Der lange Eßtisch war verlassen, aber der Koch hatte zwei neue Teller für sie aufgedeckt. Dampfende Suppe vertrieb den Rest der Steifheit vom Ritt des Tages. Köstliche Kartoffeln, frischer Salat, Nuß-Fruchtbrot, das Brot stark geröstet und in einer dicken Soße schwimmend, vollendeten das reichlichste Mal, das Valleroy seit der Überquerung des Flusses gegessen hatte. Klyd wies ihn diskret auf die Speisen hin, die nicht für Gens gedacht waren, wobei er kommentierte, der Koch erwarte von ihm, daß er die doppelten Sime-Portionen nehme.
Die Tür zum Gesellschaftszimmer war weit offen gelassen worden. Die Blicke der Simes verdarben Valleroys Verdauung. Er sagte auf Englisch: „Jedesmal, wenn ich mein Messer aufnehme, bekomme ich den deutlichen Eindruck, als würde gleich der ganze Raum über mich herfallen.“
Glucksend erwiderte Klyd auf Englisch: „Sprich Simelisch, das ist eindrucksvoller.“
„Und“, sagte Valleroy und wechselte die Sprache mit einer Leichtigkeit, die ihn selbst überraschte, „werden sie?“
„Sie finden den Anblick eines scharfen Bestecks in den Händen eines Gen … mhhh … verwirrend.“
Valleroy wollte gerade antworten, als ihn ein kalter Windstoß von der Eingangstür her still sein ließ. Zwei Gestalten stolperten in das Gesellschaftszimmer und blinzelten ins helle Licht. Benommen legte Valleroy sein Messer hin.
Die erste Gestalt war ein Sime, in eine einfache Reithose und kurze, unverzierte Jacke gekleidet. Hinter ihm, an einer Kette, die an einen Eisenkragen geschmiedet war, von welchem drei grüne Plaketten herunterhingen, stand der erbärmlichst aussehende Gen, den Valleroy je gesehen hatte. Er war kaum im Jungenalter, dünn und unterentwickelt. Seine Haut wirkte gebräunt, verglichen mit seinem weißen, knielangen Hemd. Unter dem Hemd trug er nichts als seine Gänsehaut.
Der Gen war buchstäblich blau vor Kälte, schien sich der Wärme des Kamins aber nicht bewußt zu sein. Er stand still, die Blicke gesenkt, wie ein dressiertes Tier, ohne den Willen, sich zu bewegen, solange er nicht gezogen wurde.
Als die Tür hinter dem Paar zuknallte, erhob sich Klyd halb von seinem Stuhl, die Blicke auf den Sime geheftet. „Hugh, der Bursche da hat die Not!“
Valleroy riß seine Blicke von dem Gen los und inspizierte dessen Besitzer. „Er zittert. Sieht ziemlich schwach aus.“
In diesem Augenblick begegneten die Blicke des Simes denen Klyds, huschten respektvoll über Valleroy hinweg und tauchten wieder in die des Kanals. Der Sime führte seinen Gen hinter sich her und kam auf Klyd zu. Auf halbem Weg stolperte er … etwas, was Valleroy noch bei keinem Sime erlebt hatte.
Blitzartig war Klyd an seiner Seite und half ihm in einen Sessel, wobei er seinen Körper zwischen den Sime und den Gen schob.
Valleroy eilte an die Seite seines Kanals, ohne zu wissen, was unter diesen Umständen von einem Gefährten erwartet wurde.
Nach einem Moment kam der Junge wieder zu Atem. „Ich habe meiner Mutter auf ihrem Sterbebett versprochen, daß ich dieses Mal nicht mehr töten werde. Aber … kann nicht. Zeor ist zu weit …“ Mit einem plötzlichen Aufwallen von Kraft versuchte der Sime, auf die Füße zu springen. „Muß …“
Klyd bewegte sich mit dieser unglaublichen Sime-Schnelligkeit und riß die Kette aus den Händen des Jungen. Er reichte Valleroy das Ende, als der Sime sich bemühte, den Gen zu erreichen.
Aber Klyds überlegene Kraft hielt ihn zurück. „Ich bin der Sectuib Farris vom Haushalt Zeor. Komm mit mir nach oben. Ich werde dir dienen. Es ist nicht weit. Nur die Treppe hinauf. Du kannst es soweit schaffen, nicht wahr? Du bist einen solch langen Weg gekommen. Er hat dich soviel Pein
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