Das Haus Zeor
sehr behütetes Leben geführt. Er wertet Gehorsam als seinen rechtmäßigen Anspruch. Valleroy beschloß, ihm bei irgendeiner anderen Gelegenheit eine Lektion zu erteilen. Er reagierte seine Wut damit ab, daß er einen Fichtenast zur Höhle hinaufschleifte. Er benutzte ihn, um alle trockenen Blätter in der Ecke auf einen Haufen zu fegen und eine saubere, sichere Felsoberfläche für ihr Feuer zu schaffen. Dann schälte er alle Nadeln von dem Ast und keilte ihn unter einer Mulde in der Höhlendecke fest, was eine sehr ordentliche, improvisierte Wäschestange ergab.
Als Klyd mit seiner ersten Armladung Feuerholz zurückkehrte, begann die winzige Grotte wie ein Lager auszusehen. Während Valleroy die trockensten Holzstücke aussuchte, brachte Klyd eine zweite Armladung. Dann widmeten sie sich der Arbeit, eine Glut zustande zu bringen. Dies kostete sie fünf ihrer verbliebenen Streichhölzer, aber noch in dieser Stunde hatten sie ein heiteres Feuer, das ihren Schlupfwinkel wärmte.
Erst jetzt begann Valleroy zu zittern. Mit aufeinander klappernden Zähnen sagte er: „Ich könnte etwas Heißes vertragen! Meinst du, wir könnten ein paar von diesen Äpfeln braten?“
Klyd lächelte schief und sagte: „Daran hätte ich nie gedacht. Aber es ist eine gute Idee. Ich werde ein paar Blätter holen, damit wir sie einwickeln können. Zieh inzwischen diese Kleider aus, bevor du dir eine Lungenentzündung holst.“
Der Kanal unternahm seinen letzten Streifzug hinaus in die zunehmende Dämmerung, und Valleroy bekämpfte den Instinkt, der ihm einredete, nasse Kleider seien wärmer als gar keine Kleider. Mit aufeinanderklappernden Zähnen schaffte er es, seine Jacke und sein Hemd auszuziehen und sie über die Kleiderstange zu hängen. In seine Decke gewickelt, die nur stellenweise feucht war, schälte er sich dann aus Hose und Socken. Es dauerte nicht lange, bis er zu zittern aufhörte.
„Hugh, rate mal, was ich gefunden habe!“
Valleroy schaute auf. Der Kanal näherte sich dem Feuer, die Arme beladen. Er riet spaßeshalber: „Eine Kanne voll dampfendem Kaffee?“
„Beinahe. Wie wäre es mit etwas Pilzsuppe?“
„Du machst bestimmt Spaß.“
„Nun, ein bißchen durch den Schnee geschädigt, aber immer noch Pilze.“
„Ich hoffe, du weißt, welche Sorten eßbar und welche giftig sind.“
Leicht beleidigt sagte Klyd: „Ich habe eine harte Lehre in Zeors Apotheke hinter mir. Meinst du, ich würde dich vergiften?“
„Vielleicht durch Zufall. Ich will ehrlich sein. Ich könnte einen Champignon nicht von einem Knollenblätterpilz unterscheiden.“
„Vertraust du mir?“
„Wenn du dir traust, ja, ich glaube schon. Was haben wir überhaupt zu verlieren?“
Nachdem Klyd seine nassen Kleider ausgezogen hatte, wickelte er sich in seine Decke und bückte sich, um die Pilze zu sortieren. „Einige von ihnen sind gut für Gens, einige sind gut für Simes. Ich habe genug, um jedem von uns einen Topf Suppe machen zu können. Ich bin gespannt, wie sie mit ein paar Äpfeln schmeckt.“
„Für mich klingt das nicht sehr appetitanregend.“
„Typisch Gen. Keine Phantasie.“
Valleroy wich entrüstet zurück, doch bevor er einen Protest anbringen konnte, lachte Klyd. „Der Sime-Geschmack ist so verschieden vom Gen-Geschmack, wie es der Sime-Metabolismus vom Gen-Metabolismus ist. Die Küchen der Haushalte strengen sich an, beiden gerecht zu werden, und schmecken kaum irgend jemandem. Deshalb ist der Mittwochabend immer ein Feierabend.“
Valleroy überlegte angestrengt. Mittwoch. „Oh, ja!“ Er schnippte mit den Fingern. „Ich erinnere mich. Am Mittwoch essen die Simes in der ersten Schicht und die Gens in der zweiten. Du meinst, die Mahlzeiten sind verschieden?“
„Richtig. Einige meiner Lieblingsgerichte würden dich innerhalb einer Stunde ins Krankenrevier befördern. Nimm dieses kleine Exemplar zum Beispiel.“ Er hielt den Pilz hoch. „Es ist eine Mutation, die ungefähr zur gleichen Zeit aufgekommen ist, in der die ersten Simes geboren worden sind. Ein gutes Drittel der Küchengärten sind in Zeor mit Gemüsen bepflanzt, die in der Sime-Ernährung wichtig, jedoch für Gens pures Gift sind. Ihre Existenz ergibt ein gutes Argument gegen die Theorie, die Simes seien eine künstlich herbeigeführte und außer Kontrolle geratene Mutation.“
„Das wußte ich nicht.“
„Natürlich kann man eine ebenso starke Begründung für die Theorie spontaner Mutation als Reaktion auf die zunehmende Umweltverschmutzung
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