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Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Titel: Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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und ich, wir leben noch. Vielleicht könnte ich für dich wie ein großer Bruder sein, Alexei. Wie wäre das?«
    Er starrte mich an und runzelte die Stirn. »Aber das ist unmöglich«, sagte er, wobei er sich von dem Stein erhob. »Du bist schließlich nur ein Muschik. Und ich bin der Sohn eines Zaren.«
    »Ja«, sagte ich lächelnd. Er wollte mich nicht verletzen, der arme Junge. Er war einfach so erzogen worden. »Ja, das ist unmöglich.«
    »Aber wir können Freunde sein«, sagte er schnell, wobei er so klang, als wisse und bedauere er, dass er etwas Unpassendes gesagt hatte. »Wir werden immer Freunde sein, Georgi, nicht wahr?«
    »Ja, natürlich«, erwiderte ich. »Und wenn du von hier weggehst, werden wir weiterhin die besten Freunde bleiben. Das verspreche ich dir.«
    Er lächelte mich erneut an, und dann schüttelte er den Kopf. »Aber wir werden nie von hier weggehen, Georgi Daniilowitsch«, sagte er in einem ruhigen, gemessenen Tonfall. »Weißt du das nicht?«
    Ich zögerte, einigermaßen beunruhigt von der Gewissheit in seiner Stimme, und überlegte, was ich ihm sagen könnte, um ihn zu beruhigen, doch als ich den Mund öffnete, sah ich Maria, wie sie eiligen Schrittes auf uns zukam.
    »Alexei«, sagte sie und nahm ihn beim Arm, »hier steckst du also. Ich habe dich gesucht.«
    »Maria, schau, Georgi Daniilowitsch!«
    »Ja, das sehe ich«, sagte sie und sah mir einen Moment lang direkt in die Augen, bevor sie sich wieder ihrem Bruder zuwandte. »Geh rein«, sagte sie. »Vater fragt nach dir. Und erzähl ihm nicht, wen du hier getroffen hast, verstehst du?«
    »Aber warum nicht?«, fragte Alexei. »Er wird es wissen wollen.«
    »Wir können es ihm später erzählen, aber jetzt noch nicht. Wir heben es uns für später auf, als eine besondere Überraschung. Vertrau mir, bitte!«
    »In Ordnung«, sagte er und zuckte mit den Schultern. »Also dann auf Wiedersehen, Georgi«, sagte er, wobei er mir die Hand entgegenstreckte, auf die förmliche Weise, auf die er sie einst Generälen und Fürsten hingehalten hatte; ich ergriff sie und schüttelte sie kräftig, wobei ich ihn anlächelte. »Auf Wiedersehen, Alexei«, sagte ich. »Bis später!«
    Er nickte und lief zurück ins Haus.
    Als er verschwunden war, wandte sich Maria mir zu. »Tut mir leid, Georgi«, sagte sie. »Ich habe ihr Bescheid gesagt. Und sie wollte natürlich kommen. Aber die Soldaten haben die ganze Nacht Karten gespielt, und deshalb konnte sie nicht ins untere Stockwerk gehen.«
    »Und wo ist sie jetzt?«, fragte ich.
    »Sie ist bei Mutter. Sie will dich unbedingt sehen. Ich habe es gestern geschafft, das Haus zu verlassen. Ich bin zu den Zedern gegangen, um dir Bescheid zu sagen. Ich sollte dir von ihr ausrichten, dass sie dich heute Nacht treffen wird. Und zwar sehr spät. Sie verspricht, dass sie heute Nacht kommen wird, egal, was passiert.«
    Ich nickte. Noch einen weiteren halben Tag warten zu müssen, kam mir wie Folter vor, doch andererseits hatte ich schon so lange gewartet, mehr als achtzehn Monate, dass ich auch noch ein bisschen länger warten konnte.
    »In Ordnung«, sagte ich. »Da drüben.« Ich deutete auf die Baumgruppe, wo wir uns am Abend zuvor unterhalten hatten. »Ich werde dort ab Mitternacht warten und …«
    »Nein, das ist zu früh«, sagte sie. »Komm gegen zwei Uhr morgens. Dann werden alle schlafen. Sie wird kommen, das verspreche ich dir.«
    »Danke, Maria«, sagte ich.
    »Du solltest jetzt von hier verschwinden«, sagte sie, wobei sie sich vorsichtig umsah. »Wenn Mutter und Vater dich sehen … also, es ist besser, wenn so wenig Leute wie möglich von deiner Anwesenheit wissen.«
    »Ja, ich werde jetzt verschwinden«, sagte ich, wobei ich darüber hinwegsah, dass ich die Radmuttern an dem neuen Reifen noch nicht festgezogen hatte. »Und noch einmal vielen Dank.«
    Sie beugte sich zu mir herüber und küsste mich auf beide Wangen, bevor sie ins Haus zurückkehrte. Ich schaute ihr nach und war ihr schrecklich dankbar. Als ich noch im Dienst ihrer Familie stand, hatten wir beide kaum etwas miteinander zu tun gehabt, doch sie war immer sehr nett zu mir gewesen, und Sergei Stasjewitsch hatte sie geliebt. Ich blickte mich um und zog kurz in Erwägung, auf die Rückkehr des Soldaten zu warten, um mir meine Rubel auszahlen zu lassen, doch es war weit und breit nichts von ihm zu sehen, und ich verspürte mit einem Mal das starke Bedürfnis, mich von diesem Ort zu entfernen.
    Ich kehrte dem Haus den Rücken und ging die

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