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Das Hausbuch der Legenden

Das Hausbuch der Legenden

Titel: Das Hausbuch der Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Adolf Narciss
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übernachten und etwas essen. Du mußt dich nur ein wenig gedulden, denn ich muß erst einen Fisch für dich kochen.«
    Salih war nach dem langen Tag und dem mühsamen Marsch hungrig. Die Frau brauchte aber über Gebühr lang, und ihm wurde immer elender zumute. Als sie endlich den gekochten Fisch auf tischte, warf er ihr deshalb einen zornigen Blick zu.
    Die Frau merkte es und sagte erregt: »O Salih, glaubst du, du könntest mich umbringen, wie du den armen Vogel auf dem Baum mit deinem zornigen Blick umgebracht hast? Glaubst du etwa, dein Blick habe auf Menschen dieselbe Wirkung wie auf Vögel? Und angenommen, du hättest tatsächlich diese
    vernichtende Kraft, glaubst du denn, daß du damit einen heilsamen Einfluß ausübst? Du solltest dich bemühen, aufzubauen! Es ist kein gutes Werk, zu zerstören!«
    Als Salih diese merkwürdigen Worte vernahm, fiel er der Frau zu Füßen, bat sie um Verzeihung und fragte sie, woher sie denn diese tiefen Einsichten habe. Sie aber antwortete: »Ich habe immer danach getrachtet, meiner Mutter wohlzugefallen.
    Dadurch bin ich zu dieser Erkenntnis gekommen. Hat nicht der Prophet gesagt: ›Das Paradies ist unter den Schritten der Mütter‹? Nach diesem Spruch hab’ ich gehandelt. Darum hat der Allmächtige, der Allerbarmer, mich so hoch steigen lassen.
    Hättest auch du nur das Wohlgefallen deiner Mutter im Auge gehabt, dann wäre es dir nie eingefallen, eine Reise zu machen, um neue Erkenntnisse zu finden. Das wäre dir viel heilsamer gewesen!«
    Salih hörte betreten diese von Gott eingegebene Rede. Er nahm keinen Bissen zu sich, sondern kehrte sofort nach Balch zurück und diente seiner Mutter. Auf ihre fromme Fürbitte wurde er von Erkenntnis und Gelehrsamkeit erfüllt. Ja, ihm wurden höhere Offenbarungen zuteil. Er wurde weit und breit berühmt, und von allen Seiten strömten die Leute herbei und baten um seinen Segen.

    Die Himmelfahrt des Propheten

    »PREIS DEM, der seinen Diener des Nachts entführte von der heiligen Moschee (in Mekka) zur fernsten Moschee (in Jerusalem), deren Umgebung wir gesegnet haben, um ihm unsre Zeichen zu zeigen.« So beginnt die siebzehnte Sure des Koran. Muhammed erzählt von der Nacht, in welcher er entrückt wurde: »Ich lag in dem Hatim, einem Raum, der an die Kaaba grenzt. Da kam jemand über mich und machte einen großen Schnitt von meiner Halsgrube bis zum Nabel und nahm mein Herz heraus. Dann brachte man einen goldenen Topf, der mit Glauben gefüllt war. In ihm wurde mein Herz gewaschen.
    Man füllte es mit Glauben und setzte es mir wieder ein. Dann führte man mir ein weißes Reittier zu, das kleiner war als ein Maultier und größer als ein Esel, das geflügelte Wunderpferd El-Burak (der Blitz). Es setzte seine Schritte, so weit es sehen konnte. Es trug mich bis zum untersten Himmel. Der Erzengel Gabriel aber führte mich.« Andere erzählen, El-Burak habe den Propheten nur nach Jerusalem gebracht, wo die alten Propheten schon auf ihn warteten; denn Muhammed sollte ja ihre Zahl erfüllen und vollenden. Er habe mit ihnen zusammen sein Gebet verrichtet und sei dann mit Gabriel auf einer großen Lichttreppe zum Himmel aufgestiegen und durch die sieben Himmel gewandert, bis er vor dem Angesicht Allahs stand, der ihm seine Weisungen für den Gebetsdienst gab. Noch heute wird die Fußspur des Propheten in dem heiligen Felsen Essachra gezeigt, der dem Himmel achtzehn Meilen näher ist als irgendein anderer Platz auf Erden. Muhammed aber erzählte seinen Jüngern: »Der Erzengel Gabriel bat um Einlaß in den untersten Himmel. Die Stimme eines Unsichtbaren fragte: ›Wer ist da?‹ Der Engel antwortete: ›Gabriel.‹ Man fragte weiter: ›Und wer ist bei dir?‹ Und Gabriel erwiderte:
    ›Muhammed.‹ Daraufhin fragte die Stimme wieder: ›Hat man ihn zur Himmelfahrt entboten?‹ und Gabriel antwortete mit
    ›Ja‹. Da grüßte die Stimme: ›Er sei willkommen! Allah segne seinen Eingang!‹ Der Engel öffnete die Tür, und als ich eintrat, war da Adam. Gabriel sagte zu mir: ›Das ist dein Vater Adam, grüße ihn!‹ Da grüßte ich ihn, und er erwiderte den Gruß und sprach: ›Willkommen sei der rechtschaffene Sohn und der rechtschaffene Prophet!‹«
    Darauf stieg Gabriel mit Muhammed weiter auf bis zum zweiten Himmel. Dort wiederholten sich Fragen und
    Gegenreden wie am Eingang zum untersten Himmel und wie späterhin an den Pforten zu den fünf Himmeln, die noch durchstiegen werden mußten. »Im zweiten Himmel begrüßten uns Johannes

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