Das Hausbuch der Legenden
stechen wollte. Er nahm sich nicht die Zeit, den für die Fahrt notwendigen Proviant einzukaufen. Aber der Steuermann Theon empfing ihn freundlich und war bereit, alles mit ihm zu teilen. Der Apostel dankte ihm und fastete. Nach einigen Tagen lud Theon den Petrus zu einem Imbiß und erzählte ihm, eine Himmelsstimme habe im Traum zweimal seinen Namen gerufen und ihm befohlen, keinen der Schiffsgenossen so hoch zu ehren wie Petrus; denn nur um seinetwillen werde das Schiff die Fahrt ohne jede Gefährdung beenden. Der Apostel verbrachte nun jeden Tag mit dem Steuermann und verkündete ihm Gottes Wort. In der Adria hielt Windstille das Schiff auf.
Theon bat Petrus, ihn in der ruhigen See zu taufen. Während die übrigen Schiffsgenossen in tiefem Schlaf lagen und ihre Trunkenheit verrauchen ließen, nahm Petrus ein Seil, ließ sich an ihm mit Theon ins Meer hinab und taufte ihn. In diesem Augenblick erschien ihnen ein strahlender Jüngling und rief ihnen zu: »Friede sei mit euch!« Die beiden kletterten wieder an Bord, Petrus sprach ein Dankgebet und reichte dem jungen Christen das verwandelte Brot. Plötzlich kam guter Wind auf und brachte das Schiff in sechs Tagen und sechs Nächten nach Puteoli. Dort erwartete sie Ariston, ein gläubiger Christ, dem Paulus in einem Traumgesicht befohlen hatte, Petrus
entgegenzugehen. Er berichtete dem Apostel über die Erfolge des gottlosen Simon und bat ihn, ohne Aufenthalt mit ihm nach Rom zu kommen. Sie wanderten zu dritt über einen steinigen Weg in die Hauptstadt der Welt und wurden dort von dem Presbyter Narcissus herzlich aufgenommen. Die Nachricht von ihrer Ankunft verbreitete sich wie im Fluge in der Stadt und weckte das Gewissen der abgefallenen Brüder, die sich in den langen Monaten der Führerlosigkeit wieder zerstreut hatten.
Sie sammelten sich um den Apostel, der sie zur Umkehr aufrief und sie ermahnte, zu büßen und reumütig zum Glauben an Jesus Christus zurückzukehren. Die römischen Brüder baten Petrus, den Magier Simon als Verführer und Verfolger des Guten zu entlarven. Er sei jetzt Gast im Hause des Senators Marcellus, im Hause eines Mannes, der einst die Zuflucht aller Armen und Bedrängten gewesen sei und den der Kaiser
abgesetzt habe, damit er nicht alle Provinzen zum Christentum führen könne.
Petrus begab sich daraufhin aus der Synagoge, in der er gepredigt hatte, vor das Haus des Marcellus und bat den Pförtner, dem Simon seine Ankunft zu melden. Simon ließ ihm aber sagen, daß er für den Apostel nicht zu Hause sei. Da band Petrus einen großen Hund los, der an einer schweren Kette hing, und befahl ihm, den Simon aus der Versammlung zu holen. Der Hund lief in die Halle, legte seine Vorderpfoten auf die Schultern des Zauberers und sagte mit lauter Stimme:
»Simon, Petrus, der Knecht Christi, steht vor der Tür. Er ruft dich zu sich; denn um deinetwillen ist er nach Rom
gekommen, du Gottloser, du Verführer der einfachen Seelen!«
Simon verstummte vor Schreck. Erst nach einiger Zeit forderte er den Hund auf, seine Anwesenheit gegenüber dem Apostel zu leugnen. Der Hund lehnte das Ansinnen mit heftigen Worten ab, kündigte dem Magier die ewige Strafe Gottes an und kehrte wieder zu Petrus zurück. Die Menge begleitete ihn vor das Haus. Simon blieb allein zurück. Der Hund
prophezeite dem Apostel, daß er einen schweren Kampf mit Simon bestehen müsse; er werde aber viele bekehren und dafür den Lohn Gottes empfangen. Dann brach er vor den Füßen des Petrus tot zusammen. Das Volk, das sich um Petrus drängte, wunderte sich sehr über den redenden Hund. Viele warfen sich Petrus zu Füßen und glaubten; viele aber verlangten noch weitere Zeichen von ihm, wenn sie glauben sollten. Petrus sah sich um. Da hing ein gesalzener Hering. Er nahm ihn vom Fenster, warf ihn in einen nahen Teich und befahl ihm, im Namen Christi wieder lebendig zu werden und zu schwimmen.
Und der Fisch schwamm und schnappte nach Brotkrumen, die ihm zugeworfen wurden. Da wurde die Mehrzahl der
Anwesenden gläubig. Tag und Nacht versammelten sich
Christen und Heiden im Hause des Presbyters Narcissus, Tag und Nacht verkündete Petrus dort das Wort Gottes, legte die Schriften aus und beantwortete Fragen. Der Senator Marcellus kehrte reumütig zum christlichen Glauben zurück. Er
beschimpfte den Magier Simon und ließ ihn aus seinem Hause werfen. Seine Sklaven aber freuten sich, daß sie den Magier jetzt schlagen und quälen durften; denn er hatte vielen von ihnen schwere
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