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Das Hausbuch der Legenden

Das Hausbuch der Legenden

Titel: Das Hausbuch der Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Adolf Narciss
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»Sie sind gemischt.« Daraufhin ließ Antonius alle kommen und setzte sich zu ihnen. Es war ziemlich dunkel im Raum. Da rief der Heilige plötzlich:
    »Eulogius!« Der Mönch mit dem Krüppel fühlte sich nicht betroffen; denn er hatte niemandem im Kloster seinen Namen genannt. Antonius aber rief seinen Namen mehrmals.
    Schließlich sagte er: »Dich meine ich, Eulogius, den Mönch, der aus Alexandrien gekommen ist!« Eulogius erwiderte erstaunt: »Was befiehlst du, ich bitte dich?« Darauf fragte der Große: »Was führt dich her?« Eulogius antwortete: »Der dir meinen Namen offenbarte, hat dich sicher auch über mein Anliegen unterrichtet.« Da sagte Antonius lächelnd: »Ich weiß wohl, weshalb du gekommen bist. Ich möchte aber, daß du es vor allen Brüdern sagst, damit auch sie es erfahren.« Da berichtete Eulogius: »Ich fand den Krüppel auf dem Markt und gelobte Gott, ihn in seinem Elend zu pflegen, damit wir beide das Heil erlangen, er durch mich und ich durch ihn. Jetzt, nach über fünfzehn Jahren, quält er mich aber, er verlangt, daß ich ihn wieder auf den Markt werfe, auf dem ich ihn gefunden habe. So kam ich auf den Gedanken, ihn zu verstoßen. Ich wollte diese schwere Frage aber nicht allein entscheiden, sondern um deinen Rat bitten.«
    Antonius erwiderte streng: »Du hast dich im Grunde deines Herzens schon entschlossen, ihn zu verstoßen. Der ihn erschaffen hat, verstößt ihn nicht. Was willst du nun tun? Gott wird einen Besseren finden als dich. Der wird seine Pflege übernehmen!«
    Diese Worte weckten in Eulogius große Angst. Er schwieg.
    Inzwischen wandte sich der Heilige an den Krüppel und tadelte ihn mit harten Worten: »Armseliger Krüppel! Du bist zu schlecht für den Himmel und für diese Erde! Wie lange willst du dich deinem Gott widersetzen? Weißt du nicht, daß Christus selbst dich bedient? Wie kannst du es wagen, ihn so zu schmähen? Weißt du nicht, daß Eulogius dir um Christi willen wie ein Sklave dient?« Dann wandte er sich wieder an beide und befahl ihnen: »Geht auf dem schnellsten Wege nach Hause und trennt euch nicht voneinander! Gott wird euch in kurzer Zeit holen. Ihr seid versucht worden, weil ihr beide dem Ende nahe seid. Haltet euch an meinen Rat, damit der Engel euch zusammen antrifft.« Vierzig Tage darauf starb Eulogius, drei Tage später folgte ihm der Krüppel.

    Serapion mit dem kurzen Mantel

    SERAPION, DEN seine Zeitgenossen »Serapion mit dem kurzen Mantel« nannten, trieb es aus seiner Zelle. Er wollte das Wort Gottes überall hintragen und allen predigen. Dabei war er für alle ein Vorbild der Demut, des Gehorsams und der
    Selbstentäußerung. Wie manche andere nahm er sich eine Asketin als Gefährtin und verkaufte sich wie einen Sklaven für zwanzig Goldstücke an eine heidnische Schauspielerfamilie.
    Das Geld hob er sorgsam auf. Er diente seinen neuen
    Gebietern so lange, bis es ihm gelungen war, sie zum Christentum und zur Aufgabe ihres Berufes zu bekehren, denn damals konnte kein Schauspieler in die Kirche aufgenommen werden. Als sie getauft waren, sagten sie zu ihm: »Bruder, wir entlassen dich aus der Sklaverei; denn du hast uns schwere Fesseln abgenommen.« Da erst verriet er ihnen sein
    Geheimnis: Er erzählte ihnen, daß er ein frei geborener Mann sei, der sich nur an sie verkauft habe, um Gelegenheit zu finden, ihre Seelen zu retten. Durch seine Demütigung sei er nun durch Gottes Hilfe an sein Ziel gekommen. Als er ihnen die zwanzig Goldstücke zurückgeben wollte, sagten sie: »Wir wollen dich als unseren Vater und Herrn verehren. Geh nicht fort und gib das Gold den Armen. Wir wollen es nicht zurücknehmen, denn es ist für uns ein Angeld für den Himmel geworden.«
    Einmal, in den ersten kalten Herbsttagen, schenkte Serapion einem lumpigen Bettler sein Oberkleid. Bald darauf kam ihm ein Armer in den Weg, der vor Frost zitterte. Da zog er sein Untergewand aus und gab es ihm. Er selbst saß nun völlig nackt am Weg und hielt nur noch das Evangelienbuch in den Händen. Ein Fremder fragte ihn: »Vater, wer hat Euch denn so völlig ausgezogen?« Serapion antwortete nur: »Der da«, und zeigte dabei auf das Evangelienbuch. Ein andermal verkaufte er auch noch das Evangelienbuch und gab den Erlös den Armen. Als ihn der Diakon deswegen zur Rede stellte, sagte er: »Das Evangelium sagt: Verkaufe alles, was du hast, und gib’s den Armen! Weil ich nichts anderes mehr hatte als das Evangelienbuch, mußte ich es verkaufen, um Geld für die Armen zu

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