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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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Regierungen zugleich übernommen, die rund um den Globus alle Stunden den Funk hören. In Rom ist der Papst vor einem brasilianischen Christen, der Sao Ché gleicht, auf die Knie gefallen. In Paris quält sich der Erzbischof der Armen auf seinem Holzschemel. »Wie grün deine Augen sind, Liebling!« flüstert Norman Haller durch eine Wolke von Alkohol. Minister Jean Orelle ist von einem alten Revolver fasziniert, den er streichelt. Es ist ein Modell aus dem Jahre 1937, sowjetischer Herkunft. Gott weiß, wie oft er im Lauf dieses drolligen spanischen Kriegs Ladehemmung gehabt hat. Josiane hebt den Kopf hoch und wiederholt beim Zählen ihrer Möbel: »Das würde nie in die beiden Zimmer der Araber im fünften Stock passen …« Am Küstenrand des Massivs von Esterel irrt der flüchtige Luc Notaras auf der Suche nach der französischen Armee umher. Indessen war von allen Scheinwerferstrahlen, welche die historische Nacht vom Ostersonntag auf Montag erhellten, dieser Lichtkegel der seltsamste, der Herrn Hamadura genau in dem Augenblick traf, als er sein Auto vollpackte, um nach Süden zu fahren. Stahl glänzte im Licht, denn Herr Hamadura legte in den mit Decken gepolsterten Kofferraum vorsichtig vier Scharfschützengewehre. Sie stammten aus der Zeit, als er in Indien auf Tiger– und Elefantenjagd ging. Auf die lang erwartete Rede pfeift er. Er wird sie auch nicht hören. Er lächelt, wodurch die weißen Zähne in seinem schwarzen Gesicht noch deutlicher hervortreten. Man könnte sagen, Herr Hamadura ist glücklich. Er reist zu seiner letzten Jagd …
    Der alte Calguès betrachtete sein leeres Glas. Nach einer Überlegung füllte er es erneut. Das Konzert von Mozart hatte mit einem Schlag aufgehört. Eine kurze Stille trat ein, der gnadenvolle Augenblick, wo die Vollendung wie eine Sternschnuppe glänzt, auf dieser Terrasse unter dem frischen weichen Wind, der sich erhob, in dieser wunderbaren Landschaft mit Mondlicht, mit dem Garten, erfüllt vom Duft der Kiefern, dem Kirchturm, den man von der Terrasse aus sah und der sich hoch mit dem Himmel wie zu einem ewigen Akkord verband, und endlich Gott in der Nähe, der seine Hand liebevoll auf die Schultern des alten Herrn legte. Die Sternschnuppe, erlosch und eine Stimme sagte:
    »Sie werden jetzt eine Rede des Herrn Präsidenten der Republik hören.«

37.
     

    »Französinnen und Franzosen, meine lieben Landsleute …«
    Die Stimme klang ruhig, sehr klar, ernst und gleichzeitig energisch. Man spürte, daß der Präsident nicht aus dem Stegreif sprach. Nach langen schmerzlichen Überlegungen hatte er seine Worte abgewogen, bevor er sie niederschrieb, wobei er niemand hinzugezogen hatte. Unter den Alten, die ihn hörten, dachten viele an die dunklen Jahre 1939/1945. Als damals die Staatsoberhäupter sich an ihr Volk wandten, hatten sie ihm wirklich etwas zu sagen, und das Volk hatte etwas zum Nachdenken. Die Jüngeren hatten nie etwas Ähnliches erlebt, so daß viele eine Leere empfanden, die sie für den mit einem geschichtlichen Anstrich versehenen Lauf des Lebens hielten. Immerhin, wenn Gott, der die Toten erweckt und das ewige Leben schenkt, auch die Weißen wieder auferstehen läßt, so wird am Tag des Jüngsten Gerichts vielleicht doch nicht alles verloren sein …
    »… In fünf Stunden wird unser Land an diesem Ostermontag früh seinen seit mehr als hundert Jahren erhaltenen Bestand entweder verloren oder bewahrt haben. Bei dieser Sachlage haben wir die furchtbare Ehre, als Testfall, Beispiel und Symbol zu dienen, denn andere westliche Länder, die zur gleichen Zeit vom gleichen Phänomen bedroht sind, zögern wie wir, sich dagegen aufzulehnen. In fünf Stunden wird eine Million Einwanderer, die sich nach Rasse, Sprache, Kultur und Tradition von uns unterscheiden, den Fuß auf den Boden unseres Landes setzen. Es sind hauptsächlich Frauen, Kinder und arbeitslose, mittellose Bauern, die von Hungersnot, Elend und Unglück geplagt sind und zudem unter dieser dramatischen Überbevölkerung, der Geißel unseres Jahrhunderts, leiden. Ihr Schicksal ist tragisch, aber, wenn man weiter denkt, das unsrige nicht minder. Wenn die Natur des Menschen schon immer unterschiedlich war und wenn sie durch neue Gedankengänge, zu denen wir uns seit langem mit Worten bekannt haben, hätte verändert werden können, so hätten wir vielleicht die Dritte Welt bei uns aufnehmen können. Wir hätten zunächst großzügig ihre Vorhut empfangen und zusammen eine neue Gesellschaft bilden

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