Das Heerlager der Heiligen
Desertion, verfehlten. Im Innern geplünderter Villen empfing Panama Ranger die Deserteure. Man hörte Musik und jugendliche Freudenschreie. Die Sirenentöne stammten offensichtlich von Schallplatten, der duftende Hauch vom besten Scotch des Hausherrn. Dagegen konnte der Oberst nichts tun. Panama Ranger beklagte jedoch fünf Tote, die ohne Warnung erschossen worden waren, als sie den Mund auftaten. Manche Einheiten lehnten jedes Gespräch unnachgiebig ab, besonders ein verspätet eingetroffenes Marinekommdando, das sich mit Gewalt einen Weg durch die friedliche Meute des Panama Ranger gebahnt hatte. Der Kapitän des Kommandos meinte, daß jede Erneuerung mit einem guten Bürgerkrieg beginnen müsse, und wenn die Sache nicht voranginge, ein Grund mehr bestehen würde, nicht zimperlich zu sein. In einem Bürgerkrieg wisse man wenigstens, wen man tötet und warum. Damit war der Kapitän des Kommandos voll zufrieden.
Auf der Autostraße nach Norden hielt die Fluchtwelle im gemütlichen Zentrum von Frankreich zu einer Verschnaufpause an. Von Valence bis Mâcon waren die Hotels, Schulen, Scheunen und Gymnasien voll, wie auch die Säle der Restaurants, der Kinos, Rathäuser und Kulturhäuser. Die Präfekten, die durch den Auszug überlastet waren, hatten an die Bürger einen Aufruf zur gemeinsamen Hilfe erlassen. Die Einwanderer vom Ganges mit Worten empfangen war schön, aber nun die Flüchtlinge aufnehmen, das war nicht vorgesehen! Die einheimische Bevölkerung wurde zahlreicher. Dies bedeutet, daß die Preise steigen. Alles Eßbare wird zehnfach teurer. Ein Bad kostet zweihundert Francs, eine Flasche Milch für ein Kind hundert Francs. Der Liter Benzin ist so teuer wie ein Liter Beaujolais, den man nach neuester Gewohnheit in den Kneipen nur noch auf inständiges Bitten bekommt. Demgegenüber scheint das Kriechen eines Drogensüchtigen, dem der Stoff fehlt, der reinste Spaß zu sein. Die Schwarzhändler, die auf ihrem Mist schliefen, tummeln sich wieder und blähen sich wie gefräßige Frösche auf. Jetzt ist endlich die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen da, die echte, klare Ausbeutung unter Gleichgestellten, die alle von der weißen Rasse abstammen, und man erkennt, daß alles bisher Dagewesene nur schwache Worte waren. Und das alles in diesem schönen Land des Westens, wo man so oft in allen Tönen schrie, was Ausbeutung bedeutet. Doch diesmal ist man gewitzt. Der Ausgebeutete sagt nichts, er bezahlt. Der Präfekt beschlagnahmt die Bäckereien. Das macht nichts. Die schöne Zeit ist wieder da! Nichts mehr auf dem Ladentisch, aber alles, was Sie wünschen, erhalten Sie verschwiegen hintenherum. Frankreich hat sich wiedergefunden und sogar seine Höflichkeit. Besser gesagt, das dringende Bedürfnis nach Höflichkeit. Heilige Kolik in der Tradition der Ängste! Auf der Straße haben sich viele erpressen lassen. Ich habe die Tochter verloren. Sie wurde entführt, Herr Gendarm, dem ich die Stiefel lecke. Ich habe die junge Frau verloren, für die ich immer noch zahlte, Herr Gendarmeriemeister, dem ich den Hintern lecke. Wie in einem Pornofilm, den man in jedem Sexladen kaufen kann, wurde sie von bewaffneten Terrorbanden entführt, die so schön waren wie die schwarzen Engel auf der Filmleinwand. Man hat ihr das Geld und alle Papiere gestohlen, Herr Wachtmeister, dem ich zerknirscht beide haarigen Hände küsse! Man stürzt sich auf die Kasernen der Mobilgarde, auf die Gendarmerie und Polizeikommissariate. Das Land ist nicht sicher, Herr Schutzmann, dessen Intelligenz, Kraft und Hingabe ich zutiefst begrüße. Ich bitte um Asylrecht, und wenn Sie eine Zigarre wollen, ich habe sehr gute!
Die ehemaligen Polizeiunterkünfte erscheinen den armen Leuten so kahl wie die Klöster im Mittelalter. Früher suchte man in den Kirchen Zuflucht, wenn die bewaffneten Mannen des bösen Herrn gegen die hohen Mauern wie eine Flut anrannten. Heute stehen die bewaffneten Mannen vor den Schießscharten der Asyle Wache, während sich im Innern die Pfarrer und Heiligenanwärter zu Tod heulen, wie eine Meute Wölfe. Aber die bewaffneten Mannen haben sich geändert. Ihre Tatkraft ist gebrochen. Und selbst mit einer Zauberrute kann man aus lahmen Marionetten in diesen turbulenten Stunden keine Polizei aufstellen. Kasperle hat gewonnen. Die kleinen Kinder jubeln. Aber wenn sie nach der Vorstellung sich gegenseitig die Lutschbonbons stibitzen, so haben sie doch nicht gestohlen! Man kann nicht gleichzeitig Beifall klatschen und sich
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