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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Es ist eben militärischer, eine Nichtigkeit zu grüßen. Der Oberst scheuchte seinen Stab auf. »Sucht mir Trommler und Trompeter, verdammt nochmal!« Man telefonierte die ganze Front entlang. Es stellte sich heraus, daß fünf Minuten nach der Rede des Präsidenten fünf neue Bataillone in aller Stille entweder in der Finsternis untergetaucht oder zu den Banden des Panama Rangers übergelaufen waren. Das Marinekommando rettete die Lage. Es schlich über Strand und Felsen und entdeckte, daß die Pazifisten des Panama Rangers unsichtbar in der Nacht wie Maden im Speck überall eingesickert waren. Auf ihre beleidigenden Zurufe hatten die Männer des Kommandos nur eine Antwort: »Scheiße!« Vier athletische Rohlinge in mit Leoparden bemusterten Hemden, denen ein Kreuz auf der behaarten Brust baumelte und die eine Trommel oder ein Horn umgehängt trugen, gelangten bis zum Hauptquartier in der Villa.
    »Kennen Sie das Totensignal mit der Trompete?« brummte der Oberst.
    »Eine Spezialität des Kommandos, Herr Oberst. Noch besser als die Blutwurst. Tschad! Guayana! Dijbouti! Madagaskar! Tra-raaam traraa, trara-raa-raam … Durchdringender Ton. Ziel: die Gebeinskammer! Der Kapitän entbietet Ihnen seine Hochachtung.«
    »Tadellos. Schicken Sie mir die Bläser, und möglichst keine falschen Töne!«
    Sie stellten sich neben den im Park der Villa unter den Kiefern untergezogenen fünf Panzern des 2. Regiments Chamborant auf. Zwei Trommler und zwei Hornisten waren zwar ein mageres Häuflein, machten aber in der Stille der Nacht einen Riesenlärm. Ein Totensignal mit der Trompete nach Mitternacht im Mondschein unter Freunden war ein Theater.
    »Ohrenbetäubend!« sagte der Staatssekretär Perret. »Das gefällt sicher nicht sehr.« Der Oberst lachte aus vollem Hals. Eine wahre Freude. Echte Freunde einer Tradition sind die, welche sich nicht ernst nehmen und lachend in den Krieg ziehen, weil sie wissen, daß sie für etwas verschwindend Kleines sterben werden, das ihrer Fantasie entsprungen ist. Oder vielleicht feiner ausgedrückt, hinter der Fantasie steckt eine männliche Zurückhaltung aus guter Veranlagung, die nicht lächerlich wirken will, weil sie für eine Idee kämpft. Daher verbirgt sie sich hinter ohrenbetäubenden Trompetenstößen, hohlen Worten und einem unnötigen falschen Schein und bringt ein Opfer aus lauter Spaß an der Freude. Das hat die Linke nie begriffen. Daher äußert sie sich auch nur in gehässigem Spott. So beispielsweise, wenn sie auf eine Fahne spuckt oder auf eine Gedenkflamme pißt oder albern über alte Dummköpfe mit Baskenmützen lacht oder beim Anblick von weißgekleideten Hochzeitspaaren »Frauenbewegung« ruft und sich dabei schrecklich ernst gebärdet. Wenn sie sich selbst beurteilen könnte, müßte sie sich als blöd bezeichnen. Die wahre Rechte dagegen macht sich nicht wichtig. Daher wird sie von der Linken gehaßt, etwa so wie der Henker einen haßt, der hingerichtet werden soll und dabei lacht und sich lustig macht, bevor er stirbt. Die Linke ist ein Brand, der verzehrt und zerstört. Die Rechte ist eine wandelbare Flamme, die fröhlich tanzt, ein Irrlicht in einem düsteren verbrannten Wald.
    »Gut so!« sagte der Oberst. »Gehen Sie zu Ihrem Kommando zurück und richten Sie Ihrem Kapitän meinen Dank aus. Kontrollieren Sie unterwegs den Stacheldrahtverhau und machen Sie mir Meldung, wenn Sie zurück sind.«
    Er hatte den Satz kaum beendet, als Panama Ranger die Antwort auf das Trompetensignal gab. Ein ausgesprochener Mißklang, bestehend aus Popmusik aus Plattenspielern, so die Ballade von den tausend Jahren mit Gitarrenbegleitung und Schlagwörteruntermalung, oder »Es lebe die Entlassung« oder »Die hundshäutige Nini« oder »Der Motorradlausbub«, begleitet von Motorradgeknatter und Gehupe, dazwischen das Gekreische von Mädchen, die gekitzelt wurden. Und sogar ein neuliturgisches Loblied war zu hören. Zu diesem Lärm trugen alle Villen der Umgebung bei, wo sich die unterschiedlichsten Elemente zusammengefunden hatten.
    »Das ist nicht gerade schön«, sagte Oberst Dragasès. »Es erinnert mich an die Neujahrsnächte in Tarbes, als ich dort in Garnison lag. Meine Husaren gerieten vor Zorn außer sich. Auch mir gingen solche Abende immer auf die Nerven. Dennoch konnte ich dem Volk in seiner Freude nicht böse sein. Ein Knopfdruck, und schon ist die Überraschung da.«
    Die Überraschung, die allerdings jetzt eintrat, traf den

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