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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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den erträumten Feind hielten, mit dem man ein letztes Mal Krieg führen konnte, hatten einen passenderen gefunden. Was konnte man mehr wünschen?
    Indessen … Seit es der Traum junger Schwachköpfe ist, ohne großes Risiko Warschau zu spielen, unter der Voraussetzung, daß die Großen sich nur verhalten einmischen, sind fünf alte Panzer ohne Infanterieunterstützung kein Problem für die zehntausend betrunkenen und drogensüchtigen Helden, die die ganze Nacht bei Whisky und Wein Molotow-Cocktails hergestellt haben. Sie befanden sich in einer derartigen Stimmung, daß daneben die verrückten Debattierklubs der Pariser Kommune kleine Fische waren. Besonders die gebildeten Mädchen hatten es verstanden, in den besetzten Villen ein Massentheater zu organisieren. Sie widmeten sich dem Geschlechtsverkehr unter der Parole: Das Vaterland den Vaterlandslosen. Für einen fertigen Molotowcocktail gab es einen Beischlaf, für zwei eine Serie, für einen ausgehobenen Panzergraben eine Orgie mit allen Erdarbeitern. Da sich dies in den Unterkünften drei Tage lang abspielte, gab es bei den Banden des Panama Rangers eine große Anzahl Tripperkranke, ohne die keine revolutionäre Armee auskommt, die dieses Namens würdig ist. Wenn man andererseits bedenkt, daß bei den Einwanderern, die zwei Monate lang auf ihren Schiffen Hintern an Hintern zu liegen gezwungen waren, die gleiche Sorte Angesteckter in noch viel größerem Umfang vorhanden war, dazu noch Schanker- und Syphiliskranke, so kann man sagen, daß die geschlechtliche Vereinigung der beiden Rassen – ohne die andern zu zählen – eine immerhin interessante Folge ergeben mußte. Wird endlich die Kardinalfrage verschwinden: »Würden Sie Ihre Tochter einem geben …?« Nun, man wird schon sehen! Nach Jahrhunderten des biologischen Widerstands hatte die weißrassische Vererbung endlich über die Syphilisseuche der Vergangenheit gesiegt, ebenso über ihre Nachwehen, die zwar weiter übertragen wurden, sich aber von Generation zu Generation abschwächten. Jetzt wird wieder alles von vorne beginnen. An Zeit wird es nicht fehlen …
    Wenden wir uns wieder den Kämpfenden zu. Panama Ranger hatte keine Angst. Als von den fünf Panzern vier in der menschlichen Flut von Hunderten von Molotowcocktails getroffen und explodiert waren, schrie er in die Nacht hinaus. »Laßt mir den letzten!« Hinter ihm stürzte seine Villa zusammen und verschüttete einige seiner schlafenden jungen Krieger. Fregattenkapitän de Poudis hatte das Feuer eröffnet. Nun spielte Panama Ranger Wildwest. Mit einer Flasche Benzin in jeder Hand ging er im Schein des Brandes langsam auf seinen Gegner zu. Man hätte glauben können, er hätte mit einem Blick das Stahlungeheuer gezähmt, denn der Panzer blieb stehen.
    Es ist nicht verständlich, was jetzt den Kommandanten de Poudis veranlaßte, die Turmlucke zu öffnen und mit dem Oberkörper aufzutauchen. Wahrscheinlich wollte er sehen, gegen wen er kämpft. Vergleiche ziehen. Das physische Bedürfnis des echten Soldaten, der den ewigen Sinn des Kampfes endlich wiedergefunden hat, nachdem er an der nur auf Druck reagierenden Armee irre geworden war. Was er jetzt sah, setzte ihn in Erstaunen. Mitten auf dem Weg stand mit gespreizten Beinen in aller Ruhe ein großer, schlanker Junge mit lächelndem Gesicht und blauen, unbeweglichen Augen. Obwohl er ganz allein war, erweckte er den Eindruck eines zwar freundlichen, aber auch entschlossenen Menschen.
    »Das macht Ihnen wohl Spaß?« brüllte der Kommandant.
    »Ganz toll!« antwortete der junge Mann. »Na so was«, dachten die zwei.
    »Wir lachen ja beide.«
    »Ich zähle bis drei«, sagte sodann Fregattenkapitän de Poudis.
    »Ich auch«, antwortete der Junge.
    »Seltsame Zeit«, dachte der Offizier. »Mit solchen zwanzigjährigen Erzengeln hatte man einst Reiche geschaffen und die Welt in Erstaunen versetzt, aber heute zerstört man mit den gleichen nur noch und zerstört zur eigenen Verwunderung sich selbst.«
    Dann dachte er an seinen Sohn Marc de Poudis, der kampflos, ohne zu lächeln, an der Küste von Mauretanien gestorben war. Hat sich der Junge vor ihm wegen der tausend Jahre, die kommen sollen, nicht etwa im Lager getäuscht?
    »Drei«, brüllte Panama Ranger. Zwei genau gezielte Benzinflaschen trafen ins Ziel. Die eine setzte den Offizier in Flammen, so daß er wie eine Pechfackel brannte. Die andere schlug am Rand des Panzerturms auf. Der Inhalt ergoß sich in das Innere des Panzers, der gleich darauf

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