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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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inzwischen von der Gewerkschaftsführung bearbeitete Schlächtertrio, »jetzt aber nur neunzig Schweine in der Stunde, nicht wahr? Frankreich hat nur etwas weniger zu essen.« Und sie fügten ruhig, freundlich und lächelnd hinzu: »Es versteht sich, die Hälfte des Profits gehört uns …«
    Fünf Minuten später hatte der Direktor den Inhalt des Panzerschranks geleert und seinen engsten Vertrauten noch ein paar Umschläge zugesteckt. Dann schnappte er sich rasch seine Familie und stürzte sich auf die Autobahn nach Süden in Richtung Schweiz. Unterwegs wurde er durch Verkehrsstaus und Benzinmangel aufgehalten. Im weiteren Verfolg hat man ihn zuletzt zu Fuß in der Nähe von Saint-Claude gesehen. Hier belagerten Nordafrikaner, die mit der bloßen Besetzung des Gemeindeschwimmbads nicht zufrieden waren, in Massen den Gemeinderat und rissen im Namen der herrschenden Minderheit die Mitbestimmung an sich. Von nun an verlor sich die Spur des Direktors … Auf diese Weise ging der Schlachthof Olo in Bicêtre schließlich in Selbstverwaltung über.
    In der dröhnenden Hölle am Quai Javel in Paris, wo am Fließband die Dritte Welt 80% der Arbeiter stellte, nahm die Revolte eine liturgische Form an, wie eine Art Messe oder ein rituelles Opfer. Wenn man weiß, daß die Rentabilität der Autoindustrie von der Zeitnahme beim Arbeitstakt abhängt, wie soll man sich da wundern, wenn einfache ungebildete und rassisch entwurzelte Menschen, die jetzt wieder unter den totalitären Vorstellungen eines wiedergefundenen Rassenbewußtseins standen, diese Zeitnahme und ihre Priester, die Zeitnehmer, für eine ihnen aufgezwungene verdammte Religion ihrer Herren hielten. Ihr Widerstand gegen diese Religion ging aus einem geheimen Einverständnis hervor, verbunden mit katakombenähnlichen Riten.
    Wenn nun diese Menschen am Fließband etwas verschnaufen oder die Nerven beruhigen oder einfach ein wenig von einstigen Palmenhainen träumen wollten oder vom großen braunen Fluß durch Sand und Savanne, so entstand dadurch eine Tempoverminderung und damit eine Verzögerung der Fertigung. Die Leute standen herum, taten aber so, als ob sie arbeiten würden. Während dieser Augenblicke warfen sie einander rasch ein paar brüderliche Blicke zu, mit denen sie andeuteten, daß sie, abgesehen von einem Ruhebedürfnis, in der Ablehnung des Arbeitstaktes einig waren. Die Zeitnehmer paßten jedoch auf. Zwei Riten konnten nicht nebeneinander bestehen. Also wurden die Arbeitstakte erhöht oder man teilte die Aufgaben neu ein, um sie einfacher und schneller zu gestalten. Wenn Autos gebaut werden, darf man nicht von entfernten Palmenhainen träumen oder vom Fußfall am Abend mit der Körperwendung nach Mekka.
    Als der Befreiungsmythos vom Ganges aufkam, wandten sich insgeheim alle Hoffnungen dieser Million Messiasse zu. Das war etwa um die Zeit des Vorfalls von Sao Tomé, als die Armada allgemeiner Gesprächsstoff war und der berüchtigte Slogan »wir sind alle Männer vom Ganges« zum politischen und humanitären Geschwätz gehörte. Es war indessen viel Geschrei von kurzer Dauer. Aber immerhin standen achtzigtausend Arbeiter an den stillstehenden Fließbändern und brüllten zwei Slogans, die scheinbar nichts miteinander zu tun hatten: »Jagt die Zeitnehmer zum Teufel, wir sind alle Männer vom Ganges!« Dann kehrte wieder Ruhe ein, obwohl die über diesen plötzlichen Aufbruch überraschten Gewerkschaften es gern gesehen hätten, wenn er noch länger gedauert hätte, weil sie hofften, dann wieder die Kontrolle über die Massen zu bekommen. Da nichts geschah, begnügten sie sich mit der seltsamen manichäistischen Parole, daß Zeitnehmer und die Männer vom Ganges eben Symbol der ewigen Konfrontation von Gut und Böse seien. Diese These verbreiteten sie fast überall in den Fabriken, um sich eben zu profilieren, obwohl das Tier den sozialen Frieden forderte, natürlich nur, um die öffentliche Meinung einzuschläfern.
    Als eine Art Risikoschutz erhöhte man in der Folge die Anzahl der Zeitnehmer. Darüber verstrich die Zeit. Bis zu jener Nacht, als einer der schlimmsten Antreiber wie eine Wurst gebunden auf ein flaches Blech des laufenden Karosseriefließbandes gelegt wurde. Um den Hals hatte man ihm ein Schild mit der Aufschrift »Denn die Zeit der tausend Jahre erfüllt sich« gehängt. Als der riesige Fallhammer niederfiel, der aus dem Blech Türen, Kotflügel und Fensterrahmen formt, blieb von dem Zeitnehmer nur noch ein Blutfleck übrig, der durch die

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