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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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hervorgetan hatte. Als der Papst allein ins Niemandsland am Rand der Stadt vorgedrungen war, hatte er absichtlich den belagerten weißen Minderheiten den Rücken zugekehrt und die riesige schwarze Menge der Belagerer gesegnet. Gerechterweise muß man erwähnen, daß seine Anwesenheit die völlige Vernichtung der Besiegten verhindert hat.
    Als er das letzte Mal anläßlich des Generalstreiks der rebellierenden Bantus nach Südafrika gereist war, wäre die Sache beinahe schief gegangen. Erbitterte Bantus und progressive burische Studenten hatten ihn mit einem begeisterten Gefolge umringt, denn sie verehrten ihn. Ein wahrscheinlich strohdummer Polizist hatte der Begegnung ein Ende gemacht, war aber zu weit gegangen. Er hatte den Papst bei den Schultern ergriffen, ihn als Schild vor sich hergeschoben und rücksichtslos zu seinem Auto und dann zum Flugplatz gebracht. Den Kundgebungsteilnehmern hatte er zugeschrien: »Wenn ihr mir den Weg versperrt, lege ich ihn um!« Die ganze Welt hat vor Empörung gezittert. Wenn jetzt der gleiche Papst zur Armada vom Ganges geflogen sein soll und in seinem Flugzeug verbrannt war, überrascht mich die Hypothese nicht sehr. Um es richtig zu sagen und auch im Hinblick auf vieles, ich finde sie äußerst erfreulich.

45.
     

    »Wollen wir singen?« sagte der Oberst. Er hatte seine Maske entfernt und atmete mit der Miene eines zufriedenen Gastronomen die frische Luft ein, die zur Wagentür hereinkam. Der Lastwagen fuhr auf der kleinen, kurvenreichen Landstraße munter durch die Weinberge. Nach jeder Kehre kam das braune Dorf auf der Höhe näher.
    »Mein Gott, wie riecht das gut!« fuhr er fort. »Wir sind wieder unter uns, es ist nichts passiert. Also, was singen wir?«
    »Vielleicht die Marseillaise …«, schlug der Staatssekretär witzig vor.
    Im Inneren des Fahrzeugs wurde die Armee von einem heftigen Husten und Schluckauf befallen. Unter den Husaren und dem Marinekommando war ein Wettkampf im Gang, wer am lautesten lachen konnte. Jetzt, nachdem sie von allem frei waren, wurden sie urfröhlich.
    »Wenn ich dies vorschlug«, warf der Minister ein, »dann nur, um Volksmoral abzutasten …«
    Sie schauten sich beide an und lachten dann auch aus vollem Herzen.
    »Gut! Die Marseillaise als Zugabe«, schloß Dragasès. »Herr Kapitän, haben Sie etwas Besseres?«
    »Die Blutwurst«, erwiderte der Offizier. »Blöd wie alles. Aber es wäre etwas. Und mindestens kennt jeder den Text.«
    »Die Blutwurst«, meinte der Oberst, »die Blutwurst … Wir sind die fremdeste der Fremdenlegionen, fremd allem gegenüber. Also, dann die Blutwurst. Aber es fragt sich, ob sie heute hierher paßt, und was Camerone betrifft, erst recht nicht. Vielleicht morgen, da oben … Ich glaube, ich habe eine bessere Idee.«
    Er schaute mit listigen Augen herum, ob man ihm auch zuhören würde, präparierte seine Stimme wie ein Tischsänger und stimmte an:
    »Nein, nichts von nichts
    Nein, ich bedaure nichts.
    Nicht das Gute, das man mir tat.
    Nicht das Schlechte, alles ist mir egal.
    Nein, nichts von nichts
    Nein, ich bedaure nichts.
    Tralala, Tralala,
    Heute pfeife ich auf die Vergangenheit.«
    »Was halten Sie davon?« sagte er am Schluß. »Nicht schlecht, wie? Es ist ein altes Ding. Ich weiß nur nicht mehr genau die Worte, aber so geht‘s etwa. Kennen Sie das Lied nicht?«
    »Nein«, sagte der Kapitän. »Was ist das für ein Lied?«
    »Zaralda«, erwiderte Dragasès. »Das Lager von Zaralda in Algerien. Der mißlungene Putsch der Generale. General Challe, erinnern Sie sich? Ein General, der aus dem Vorfall die Lehre gezogen hatte, daß man mit einem Federbett keinen Krieg führen kann. Er sprach dabei von der französischen Armee. Ich war damals 19 Jahre alt und Freiwilliger im I. Regiment. Als dieses aufgelöst war und wir das Lager verließen, hat man das auf allen Lastwagen gesungen. Eine schreckliche Wende! Noch hinterher eine Herausforderung. Wenn man mir damals gesagt hätte, als wir die Schnauze vollhatten, daß ich dies dreißig Jahre später nochmals erleben würde, hätte ich es nicht geglaubt. Vermutlich gibt es immer wieder Widerspenstigkeiten. Man muß eben abwarten, bis alles sich abgeklärt hat.«
    »Hier hat sich schwerlich etwas abgeklärt«, sagte der Staatssekretär »Ein Chor mit zwölf Stimmen!«
    »Was wollen Sie wetten, daß wir mit zwölf Stimmen einen Höllenlärm machen?«
    »Oh, ich bin bereit. Sie können auf die Stimme der Regierung zählen, Herr Oberst. Sie singt wie üblich

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