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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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weitergehen? Seid mißtrauisch und wachsam.«
    Chor der Wachsamen, der sich nach Herzenslust austobt, bis er von einem neuen Motorradfahrer unterbrochen wird.
    »Und du, woher kommst du?« – »Von der Goutte-d‘Or-Straße.« -»Und?« – »Es ging hart zu! Sie haben mit den Helfershelfern des Pförtners abgerechnet!« Plötzlich wird das Volk wieder aufmerksam und bereitet seinen Kommentar vor. Der Fall Ben Jalli. Ein trauriger Fall, an den sich jeder erinnert. Die Mordtat eines Pförtners in der Goutte-d‘Or-Straße, begangen an einem algerischen Jungen, der ein wenig streitsüchtig und auch ein dreckiger Kerl war. Aber immerhin! Das Leben dieses jungen, nach Paris verpflanzten Algeriers war nicht rosig … »Waren es viele Helfershelfer?« – »Gut fünfzig, wie sie sagen. Man hat sie der Regel nach abgeurteilt. Es war sogar eine Französin, namens Elise, welche den Vorsitz des Gerichts führte. Der Rechtsanwalt war ein Araber namens Mohammed, der heimliche Kadi genannt. Vierzig Todesurteile. Zehn Freisprüche. Ein Pfarrer für die Absolution …« Kommentar des Volkes: Wenn die Helfershelfer nicht alle das Gewehr des Pförtners festhielten, weil er allein war, so hatte er den Schuß doch abgegeben, und daß er allein in seiner Loge war, hat zur Folge, daß man es mit einer anderen Form der Mittäterschaft zu tun hatte. Viel bösartiger. Viel hassenswerter. Einer moralischen Mittäterschaft. Die Billigung eines rassischen Verbrechens. Übrigens, hatten sie nicht alle am Abend der Tat ein Gesuch eingereicht, daß der Mörder vorläufig auf freien Fuß gesetzt wird? Nun, an diesem Tag hatten sie ihr Todesurteil unterschrieben. Durch die vielrassische Gesellschaft nicht mehr revidierbar …
    Zur gleichen Zeit sitzen am andern Ende von Paris Marcel und Josiane vor ihrem Radio. Sie sehen sich stillschweigend an. Beide haben verstanden. Josiane sagt: »Geh‘ sofort zu ihnen. Es wird besser für uns sein.« Schwerfällig steht Marcel auf und betrachtet seufzend seine auf vierundzwanzig Wechselraten laufende hübsche Wohnungseinrichtung. Dann öffnet er die Tür und sagt zu dem schwarzen Kind, das im Treppenflur lauert: »Führe mich zu deinem Papa.« Im fünften Stockwerk, wo in zwei Zimmern die Familie des Herrn Ali mit acht Personen wohnt, darunter eine alte Mutter und fünf Kinder, bringt er es fertig, auf die ehrlichste Art der Welt mit ausgestreckten Händen diese unglaublichen Worte zu sagen: »Da bin ich, Herr Ali. Meine Frau und ich haben gedacht, es ist nicht recht. Sie können nicht dauernd so beengt in dieser kleinen Wohnung leben. Wir sind nur zu zweit. Diese Wohnung würde uns genügen. Wenn Sie in meine Wohnung ziehen, hätten Sie mehr Platz. Nein, das ist nichts Besonderes. Das ist sogar ganz natürlich. Man muß sich heutzutage gegenseitig helfen. Sie sind lieb, Ihre Kleinen und sehr höflich.« Alle Achtung! Ohne persönlichen oder gesetzlichen Druck diesmal. Wer wagte es, zu sagen, daß der Mensch zum Menschen wie ein Wolf sei …?
    Und es ging weiter: »Grüß Dich! Woher kommst Du?« – »Vom Polizeipräsidium.« – »Ah, die Flics (höhnisches Grinsen im Studio).« -»Ja, die Flics. Aber ich bringe fantastische Nachrichten. Zunächst, dort machen nur noch zehn Prozent Dienst. Sodann, alle sind in ihre Kasernen und Kommissariate bestellt worden! Der Polizeipräsident hat eine Erklärung abgegeben (Der motorisierte Reporter zieht ein zerknittertes Papier aus der Tasche). Ich bin keine Stenotypistin, Jungs! (Schallendes Gelächter). Aber ich glaube, ich habe die Hauptsache. Hört her: Der Polizeipräsident hat Vollmacht (Erneutes Gelächter. ›Das würde ihm so passen!‹), lehnt aber den Gebrauch von Waffen ab (›Fehlt ihm sonst nichts?‹). Es gibt keine Strafverfolgung mehr (›Sicher, es gibt ja auch keine Polizei mehr!‹). Der Präsident vertraut dem guten Sinn der Bevölkerung, welcher Rasse oder sozialen Klasse sie auch angehören mag (›Zensiert! Zensiert! Text reaktionär!‹), damit rasch Ordnung wieder einkehrt und die für das Leben des Landes notwendigen öffentlichen Dienste funktionieren, so daß in Ruhe die Grundlagen einer für alle annehmbaren Regierung besprochen werden können (1)  (Triumphgeschrei. Beifall, Pfeifen. ›Der Präsident mit uns! Ins Scheißhaus mit dem Polizeipräsidenten! Volksherrschaft! Konzertierte Aktion!‹). Der Polizeipräsident lädt die führenden Persönlichkeiten aller Richtungen ein, die an den Umtrieben (2)  beteiligt waren, sowie die

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