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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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Verantwortlichen der öffentlichen Dienste, soweit sie noch in Paris sind (3) , sie mögen sich heute nachmittag um drei Uhr in der Arbeitsbörse einfinden. Halt! Das ist noch nicht alles! Der Präsident hat auch gesagt: ›Ich hoffe, daß von dieser hohen Warte der menschlichen Würde aus mehr Glück für jedermann ausgehen wird (4) . ‹«
    Kommentar des Volkes: Vor allem zum ersten Mal betretenes Schweigen. Das Kind, das sich vor dem Glasschrank auf die Erde warf und heulte, weil es alles zerbrochen hatte, ist nun zufrieden. Kein Glasschrank trennt es mehr vom Objekt seiner Begierde. Es hält nun das schöne Spielzeug in Händen und prüft es auf Herz und Nieren. Es schnuppert und merkt, daß es nichts damit anzufangen weiß. Soll es das Spielzeug auf die Erde werfen und kaputtmachen oder in eine Ecke stellen und abwarten? Das hat keinen Sinn. Und dann kommt auch Zweifel auf. Was fordert man von ihm im Austausch für ein so schönes Spielzeug? Daß es gut arbeitet? Daß es vernünftig sei?
    »Das ist eine Falle!« schrie einer. Es war derselbe, der den Erzbischof bezichtigt hatte, er wolle das religiöse Gefühl wieder erwecken. »Die vielrassische Volksherrschaft ist keine Karnevalsmaske, hinter der sich die alten Privilegierten schamlos verstecken können!« Er sprach lange über dieses Thema und bekam viel Beifall. Bemerkenswert ist, daß dieser kleine untersetzte, rothaarige Mann unbestreitbar der weißen Rasse angehörte. Als er mit seiner Rede fertig war, hörte man eine kräftige sympathische Stimme: »Mein Gott, was bist du für ein Dummkopf! Das sagt dir Mamadou! Ich will kein Bordell. Ich wünsche mir ein Land, wo alles gut läuft. Ich esse gern, du ißt gern. Ich fahre Auto, du fährst Auto. Alle sind zufrieden. Aber damit jeder Auto fahren und essen kann, braucht man Vorgesetzte, Minister und Flics. Sie verstehen etwas. Du verstehst nichts. Was hast du zu bieten, wenn du mal befehlen mußt?« Breit lächelnd setzte er sich wieder hin, und man zollte ihm nicht minder Beifall. »Der Streit ist einfach«, faßte der vietnamesische Student zusammen. »Es handelt sich um die Entscheidung, ob wir eine vielrassische Volksregierung annehmen oder nicht und ob wir für die Zeit eines gemäßigten Übergangs verantwortliche Techniker übernehmen, die einem Regime dienten, das wir beseitigt haben.«
    Wie alle primitiven Debatten, so zog sich auch diese bis zur Erschöpfung der Beteiligten hin. Einerseits unterstützten die Eingeborenen der Dritten Welt nebst einigen Schlaubergern den Vorschlag Mamadous. Andererseits standen alle diejenigen, die man früher Extremisten, Anarchisten und unverantwortliche Fanatiker genannt hat, auf Seiten des Rothaarigen. Die Müdigkeit brachte schließlich die Einigung zustande. Es war fast drei Uhr, und noch war kein Delegierter für die Sitzung beim Polizeipräsidenten bestimmt worden. Da erinnerte man sich an Boris Vilsberg. Schweigend und von allen vergessen, hatte er geduldig alles mit angehört. Jetzt erwachte er wie aus einer Art Betäubung. Im Verlauf der Stunden war er in einen seltsamen Zustand der Bewußtseinsspaltung verfallen. Jeder Redner hatte sich seiner Stimme und seines Gesichts bemächtigt, als ob Dutzende von Vilsbergs sich am Mikrophon ablösen würden. Alles was gesagt worden war, nicht mehr und nicht weniger intelligent, hatte er schon auf den Wellen des Funk und Fernsehens vorgekaut, und er war sich heute im klaren, daß er, wohl berufsbedingt, besser informiert war. Aber das hatte keinen Sinn mehr. So war auch sein Leben verlaufen: eine Flut von Worten! Als man ihn jetzt wieder etwas respektvoll fragte, wie der Schüler den Lehrer, ob er noch etwas hinzufügen möchte, antwortete er sanft: »Nichts, ich danke Ihnen.« Das war wahrscheinlich sein bester Kommentar. Pater Agnellu, der wie ein Meisterschwimmer ausgehalten hatte, wurde an seiner Stelle gewählt, sowie Mamadou und das gesamte Direktorium.
    Von Boris Vilsberg weiß niemand, was aus ihm geworden ist. Manche glauben, er habe sich still auf einen Kollektivbauernhof zurückgezogen. Man kann sein Ausscheiden mit dem des Direktors von »La Grenouille« vergleichen. Dieser fertigte eines Tages eine Zeichnung, auf der man einen höchst verlegenen Weißen und einen fröhlichen Schwarzen vor einem Laufsteg einer Modenschau sah. Als Text dazu ließ er den Schwarzen sagen: »Du nimmst die schwarzen und ich die weißen Mädchen! Klar?« Im letzten Augenblick kam ihm aber der Gedanke, daß wenn er diese

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