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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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Frankreich an Land gehen. Fünf weitere Flotten aus Afrika, Indien und Asien sind unterwegs auf dem Meer.« Jetzt rennt der kleine Mann und kauft schnell Zucker und Öl, Nudeln und Wurst. Er packt seine »Napoleons« in Socken und versteckt sie unter dem Parkettboden. Er leckt dem Herrn Tankwart die schmierigen Stiefel wegen zwei Kanistern Benzin für seine Flucht. Schließlich betrachtet er mit vor männlicher Rührung feuchten Augen seine Frau, seine Tochter und seine alte Mutter, die schon mit einem Heiligenschein umgeben sind. Nach einem letzten Rülpser beim Abschiedsessen der Stammtischrunde ist er bereit, »dem Ereignis entgegenzusehen«. Sein Blick hat sich schon geändert; er ist jetzt halb verschlagen, halb unterwürfig. Der kleine Mann sucht bereits einen Ausweg für sich. Aber soweit ist es noch nicht. Augenblicklich ist der kleine Mann noch eingeschläfert wie Millionen andere und hört friedlich auf das Gebimmel, das ihm die vorsetzen, die für ihn denken.
    Was für ein Konzert! Welches Talent! Nur Klassisches aus der Tradition der großen menschenfreundlichen Musikwelt. Unmöglich, alle Meister aufzuführen. In den ersten Tagen war es eine Sintflut, eine Lawine engelhafter, zu Tränen rührender Töne. Und was die Meinungsmacher dazu sagten und schrieben, machte einen schon vorzeitig müde, obwohl sie alle eine schwere Verantwortung trugen. Sie wickelten den kleinen Mann ein. Wenige gaben sich freiwillig dazu her. Aber jene Diener der Mißgeburt wußten, was sie taten. Sie machten es gut. Die andern vergeudeten aus herzergreifenden Gründen Worte und Tinte, wobei die Anwendung jeder Härte abgelehnt wurde, wie wenn das am Rand seines duftenden und fruchtbaren Waldes bedrohte Tier sich plötzlich weigern würde, zu brüllen und seine Zähne zu zeigen, wenn dies zu seinem Schutz genügen würde.
    In die epidemische Schlappheit ihrer Kommentare streuten sie auch moralische Bedenken ein – das gemeinste Verhalten – wie etwa, man solle nicht im Konzert der Hyänen mitlachen und nicht im Chor der Heuchler weinen, nicht mit den Einfältigen meckern, unbedacht Unterscheidungsgedanken äußern, und besonders solle das Weltgewissen auf einen deuten, weil man den Verrat ringsum verhindert. Ah! die schönen Federfuchser, die hübschen Phrasendrescher, die wir in diesen Galgenfristtagen hatten.
    An der Spitze der Blütenlese stand der unmögliche Herr Jean Orelle. Als Sprecher der französischen Regierung plapperte er als erster, denn es war sein Amt, das Licht bei der Versteigerung anzuzünden. Jeder hoffte, daß er das Gebot ziemlich hoch ansetzen würde. Daran fehlte es nicht. Das ewige Frankreich war es sich schuldig, bei Beachtung der weltweit anerkannten Sitte ein Solo herrlicher Liebesrufe zu blasen, ohne sich im geringsten zu überlegen, wie es sich dann wieder lösen kann, wenn die Karotten gekocht sind.

15.
     

    »Ohne den Vorgang überbewerten zu wollen«, begann der Minister und legte ein kleines leichtes Aktenstück vor die Mikrophone …
    Die Minister hatten sich überhaupt nicht geäußert.
    »Und wenn sie nach Europa kommen und in Frankreich an Land gehen?« bemerkte einer von ihnen.
    »Sie werden nie bis hierher kommen«, antwortete ein Admiral. »Ich habe mir die Fotos angesehen. Ein Sturm da drüben, und man spricht nicht mehr davon.«
    Eine Million Armer ertrinkt im Erdgeschoß des Elysée-Palastes, während ein Wind sachte die Bäume im Park bewegt, die im zarten und frischen Grün prangen.
    »Summa summarum«, sagt der Präsident und lächelt gewohnheitsgemäß, wie beim Nachtisch zwischen Birne und Käse, »es genügt, sich auf Äolus und Neptun zu verlassen.«
    Einer hüstelt und sucht nach einer einfachen Lösung. »Kann man nicht die Regierungen Indiens auffordern, sie aufzuhalten, solange es noch Zeit ist?«
    Grinsen am Ende des Tisches.
    »Gibt es in Indien überhaupt eine Regierung?« fragt ein kleiner Staatssekretär, der gewöhnlich schweigt.
    Auf den obersten Rangplätzen hört man Seufzen.
    »Ich könnte Ihnen schon jetzt ihre Antwort mitteilen«, antwortet der Minister für Auswärtige Angelegenheiten. »Die Regierungen Indiens, die mit der neuen Lage beschäftigt sind, besonders mit der zunehmenden Verschlechterung der Ernährungslage…«
    Erneutes Grinsen. »Ein Bordell«, sagt der kleine Staatssekretär.
    Der Präsident freut sich über solche Nachtischgeschichten, meint aber, daß es dafür jetzt noch zu früh sei! »Herr Staatssekretär«, sagt er streng, »wahren Sie

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